Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
erkennen, dass er dein Mitleid nicht verdient. Er ist ein Ungeheuer und seine Strafe gerecht. Das sollst du sehen.«
»Ich werde heute Nacht über die Stadtmauer gehen. Willst du mich bis dahin begleiten?«
»Selbstverständlich. Ich werde mich dort von dir verabschieden.«
»Dann gehen wir vorher zum Kerker. Dein Gedanke ist gut. Ich werde mich auch von ihm verabschieden.«
Kapitel 13 - Abschied
Luzia zitterte, als sie die Eingangshalle betraten. Lukas legte beschützend seinen Arm um sie. »Wir können jederzeit weggehen«, sagte er. Seine Stimme war zu einem Flüstern geworden, auch er spürte die unheilvolle Atmosphäre. Sie waren durch einen Seiteneingang hereingekommen. Kein Lichtstrahl drang von außen in die Halle, ohne die Laterne hätten sie im Dunkeln gestanden. Überall lagen Glasscherben und zerfetzte Wandbehänge herum, die Möbel waren verrückt oder zerschlagen, viele fehlten. Lachen aus undefinierbarem Schmutz verbreiteten unangenehmen Geruch. Sie hatte nicht geahnt, dass der Mob so fürchterlich wüten konnte. Beileibe nicht wegen ihr hatte sich das Volk empört, nicht einmal wegen Magdalene, aber es waren vier angesehene Frauen aus der Stadt gefoltert worden, eine davon verbrannt von einem Richter, der aus Habgier, Wollust und Boshaftigkeit handelte. Der Schultheiß war es, der den ersten Stein auf das Rathaus geworfen hatte.
Aus den oberen Stockwerken klang Hämmern. Luzia hielt sich nicht auf und zog Lukas zur Treppe. Er holte einen Schlüssel hervor und öffnete die Kellertür. Luzia grinste. »Dafür hätte ich damals meine rechte Hand gegeben!«
Er nahm ihre rechte Hand und küsste die Fingerspitzen. »Zum Glück musste es dazu nicht kommen! Der Büttel fürchtet um seinen Posten und nimmt, was er kriegen kann, zu Ausverkaufspreisen. Mich kostete der Schlüssel einen Gulden.«
Luzia zögerte, den dunklen Korridor zu betreten. Zu sehr wurde sie an den Kerker unter der Kirche erinnert. Es kam nur etwas Licht aus dem Spalt der Tür zu einem Raum und kein Laut war zu hören. Sie holte tief Luft und ging dann festen Schrittes auf die Gangseite mit den Zellen. Unter einer Tür schien Licht hindurch, eindeutig sollten sie zu dieser Zelle. Lukas wies hinter sich. »Der Schlüssel liegt auf dem Tisch im Wachzimmer.«
»Nicht nötig«, meinte Luzia und brauchte nicht einmal eine Sekunde, um das Schloss mit ihrem Haken zu öffnen. Das war eigentlich unnötige Angabe vor Lukas, aber sie wollte unbedingt ihre Hände beschäftigen.
Es kam noch viel schlimmer, als sie es sich vorgestellt hatte. Als erstes überfiel sie ein Geruch nach Kampfer und Abtritt, davon überdeckt erreichten sie andere, unsägliche Nuancen, von denen sie gar nicht wissen wollte, woher sie stammten. Der Raum war völlig leer bis auf das besagte Gestell. Es handelte sich um einen roh aus Eisenstäben zusammengefügten Quader, in dessen Mitte sich Balthasar Noß befand. Hände und Füße hingen in Fesseln an den langen, oberen Streben des Quaders, der Rücken lag auf Stroh auf dem Boden. Unter ihm breitete sich eine Pfütze aus Urin und Kot aus. Außer Gesicht und Brust war wohl jedes Stück Haut mit blutigen, tiefen Striemen bedeckt. Der Mann sah entsetzlich aus. Luzia hatte sich fest vorgenommen, es sich nicht anzusehen, aber als ihr Blick einmal die Wundfläche zwischen seinen Beinen berührt hatte, konnte sie nicht mehr loslassen. Schwarz verbrannt und blutig verkrustet gab es dort kaum noch etwas. Tropfen Urin lösten sich aus dem Stumpf und fielen in die Pfütze im Stroh.
»Der Verschluss wird nach der Wundheilung wieder funktionieren«, sagte er. Luzia hatte nicht gemerkt, dass er wach war und sie beobachtete. Die Stimme kannte sie, oft genug hatte sie diese Stimme in ihren Alpträumen gehört, aber der Tonfall passte überhaupt nicht zu Zentgraf Balthasar Noß. Ihr Blick zuckte zu seinem Gesicht. Man hatte seinen Kopf geschoren, sogar die Augenbrauen abrasiert, aber die Augen sahen sie wach und lebendig an. »Zufrieden, Luz?«, fragte er. »Oder bist du hier, mir noch etwas Spezielles anzutun?«
»Nein«, sagte sie und hörte ihre Stimme, als ob sie von jemand ganz anderem käme. »Nein, Ihr braucht keine Angst vor mir zu haben.«
»Angst?« Er lachte. »Angst vor dir, Kindchen? Du weißt ja gar nicht, was Angst ist! Angst werde ich haben, wenn das Feuer meine Eingeweide röstet und der Tod an meinem Herzen nagt. Dann werde ich Angst haben vor dem, was Satan meiner Seele antut. Dieser Körper ist nur wie das
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