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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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ein: »Lassen wir das zunächst einmal. Was ist mit der Eckhin, über die der Auer ebenfalls klagte? Das ist doch dieses Buckelweib, nicht?«
    »Die Elisabeth Eckhin«, Felß lachte, fast befreit. »Die tratscht seit dreißig Jahren im Dorf herum. Sieht Gespenster, wo es wahrhaftig keine gibt. Ist auch inbrünstig im Glauben. Einmal habe ich sie aus der Kirche weisen müssen. Sie hatte den Kreuzweg kniend heruntergebetet, wieder und wieder, bis sie blutete. Die Eckhin ist ein harmloses, armes Mensch. Hat stets unter ihrem Buckel zu leiden gehabt, wurde verlacht und verspottet, mußte den häßlichsten Kerl im Dorf zum Gemahl nehmen, den gelbäugigen Benedikt. Aber daß der ihr jemals bene getan hätte …«
    Der Pfarrer lachte dünn über seinen schwachen Witz. Korbinian verzog den einen Mundwinkel. Frater Franz lauerte und wirkte unwillig, als sein Vorgesetzter sagte: »Gut, daß die Buckel oftmals nicht ganz richtig im Kopf sind, wissen wir alle. Lassen wir also die Elisabeth Eckhin. Wir wollen die Sache nicht mehr aufbauschen als nötig. Die Gruebersche Dirn aber behauptet wirklich, daß sie mit der Verstorbenen in Verbindung sei? Bestätigt es mir noch einmal, Hochwürden!«
    »Das sagt sie selbst, und viele im Dorf wissen es auch«, antwortete Felß nickend.
    »Ihr ratet also zum Exorzismus?« Den Oberkörper vorgebeugt, sprungbereit, stellte Frater Franz erneut die Frage. Der Dorfpfarrer spielte mit seinem Becher, drehte ihn, umspannte ihn mit derben Fingern. Das Zinn knackte scharf. »Ich rate dazu«, sagte er dann.
    »So schickt heute noch Euren Knecht nach Pfatter zum Pfleger«, befahl Pater Korbinian. »Er soll sich morgen früh hier einfinden. Ich möchte den Vertreter des Kurfürsten als Zeugen beim Exorzismus haben.«
    ***
    Kaspar Michel, der Pflegeamtsverwalter von Pfatter, fühlte sich an diesem Morgen unbehaglich. Seit er vor vier Jahren die Stelle in dem Marktflecken an der Donau, wenige Meilen östlich von Geisling, angetreten hatte, war es ihm vergönnt gewesen, ein vergleichsweise ruhiges Leben zu führen. Seine Arbeit hatte sich meistens im Anlegen und Vervollständigen der Steuerlisten erschöpft. Regelmäßig hatte er die Markttage genehmigt und nur sehr selten einmal das niedrige Gericht einberufen. Dort hatte er aber härtere Strafen als Geldbußen oder Stäupen niemals verhängen müssen. Es hatte keinen einzigen schweren Fall in seinem Amtsbereich gegeben, und wenn doch, dann wären solche Delikte ohnehin in der Stadt Straubing geahndet worden. Vor allen Dingen aber hatte der Pfleger noch nie mit einer Besessenen oder gar einer Hexe zu tun gehabt, und deswegen bedrückte ihn die Botschaft, die am gestrigen Abend der Knecht des Geislinger Pfarrherrn gebracht hatte.
    Noch immer hatte Kaspar Michel die Worte des Dienstboten im Ohr: »Zwei Kapuziner aus Regensburg. Im Sack am Maultiersattel die Werkzeuge für die Teufelsaustreibung. Und stechende Augen unter den Kapuzen. Der Pfarrherr selbst hat Furcht. Ich hab's ihm deutlich angesehen. Und Ihr, Herr, sollt gewappnet und gewaffnet zur Austreibung erscheinen!« Kaspar Michel fühlte sich unbehaglich, aber nicht nur, weil man ihn in seiner amtlichen Eigenschaft nach Geisling gerufen hatte. Es gab noch einen weiteren Grund, und dieser quälte ihn weitaus mehr als der erste.
    Anne, seine junge Frau, stammte aus Franken, aus der Coburger Gegend. Als er sie dort kennengelernt hatte, war sie verschüchtert und verängstigt gewesen. Erst viel später, als er Anne als sein Weib nach Pfatter gebracht hatte, war sie aufgeblüht. Denn sie mußte nicht länger in jenem Markt leben, in dem eine ihrer Tanten als Hexe gebrannt hatte. Angeklagt von einem Nachbarn, vom Pfarrer in die Fänge der Inquisition geschleudert, verkommen in der Hexenkaue am Fuß der Burgmauer, gefoltert und als ein zerschlagenes Bündel zum Scheiterhaufen gezerrt. Dann der Brechreiz erzeugende Geruch nach verbranntem, geröstetem Menschenfleisch.
    Im ersten Jahr ihrer Ehe war Anne noch oft nachts hochgefahren, schweißgebadet, verängstigt wie ein geschlagenes Kind. Und dann hatte sie dem verstörten Gatten weinend erzählt, was sie als Zehnjährige mitbekommen hatte: den Feuertod der Hexe und später dann die Verachtung, war sie doch eine Verwandte der Verbrannten, sie und ihre ganze Familie. Anne war hübsch, doch in ihrer Heimat hatte sie keinen Mann finden können. Es war wie eine Befreiung und ein neues Leben gewesen, als Kaspar Michel gekommen war, sie gesehen, sich in sie

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