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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Teufels-Gaisln , Weychbrunn , so anderem, beim Tag gebraucht, hat sich gar nichts gemeldt . Auf befragen der HH. Capuciner , was für ein Geist das seye , das Dientl vermelt : Die Hannß Aurin . Die HH. Capuciner : wie khanst du es wissen? Das Dientl : Sye hats gesagt, es seys .
    Die HH. Capuciner : das Dientl sey gar zu schlecht, und hat khain ansehen zu einer Geist erlesung .«
    (Aus den Protokollen des Geistinger Hexenprozesses)
    Der Kapuzinerpater ritt auf einem schmutzfarbenen Maultier; Frater Franz folgte ihm, so gut es in strohgestopften Sandalen ging, zu Fuß. Als sie Geisling erreichten, zitterte Pater Korbinian vor Kälte, während eine Blase an der rechten Ferse des untergeordneten Fraters übel zu bluten begonnen hatte.
    Den schlammigen Weg vom Pfarrhof her lief ihnen Hochwürden Raimund Felß entgegen. Es war später Nachmittag, und über der Donau trieben dunkelgeränderte Regenwolken. Der Dorfpfarrer buckelte vor dem Kapuzinerpater, nickte dem Frater zu. »Kommt schnell in den Pfarrhof«, forderte er dann die beiden Regensburger auf. »Es kann jeden Augenblick zu schütten beginnen.«
    Die Kapuziner, bärtig unter spitzen Kapuzen, schlugen das Kreuzzeichen gegen den Dorfgeistlichen und der Pater murmelte einen Dank. Felß griff nach dem Zügel des Maultiers, zerrte es der Kirche, dem danebenliegenden, geduckten Pfarrhof zu. Der Knecht kam heraus und war Pater Korbinian beim Absitzen behilflich, verschränkte die Unterarme zum Steigbügel, kroch vor dem Geweihten. »Nicht mir, sondern dem heiligen Franziskus dienst du«, murmelte Korbinian und ließ das Knie schwer in die Armschranke fallen.
    »Ins Haus!« drängte der Pfarrer, während der Knecht das Maultier wegführte.
    Als die drei Gottesmänner durch die niedriggewölbte Tür traten, peitschte ein jäher Regenschauer los. Die Donaumarsch, das Dorf wurden dunstig, waren nur noch in vagen Umrissen schemenhaft zu erkennen. Die Nüstern des Paters und seines Begleiters blähten sich, als sie in der Diele den Duft des Glühweins rochen.
    Im Dämmer der Pfarrstube lastete schwer ein halbmannshohes Kruzifix über der Szene. Unterhalb des Gekreuzigten saßen die geistlichen Herren und der Frater vor dampfenden Zinnbechern. Der Laienbruder hatte die rechte Sandale abgestreift und dehnte den schmerzenden Fuß vorsichtig in der Wärme.
    »Der Auer hat Euch also meinen Brief gebracht«, wandte sich Korbinian an den Dorfpfarrer.
    »Wie Ihr es ihm befohlen habt«, erwiderte Felß. »Er gab das Schreiben noch denselben Tag hier ab, da er bei Euch im Kloster bittstellte.«
    »Und was haltet Ihr von der ganzen Angelegenheit?« wollte der Kapuziner wissen.
    »Die Grueberschen sind einfache Leute, zählen zu den Ärmsten in Geisling«, antwortete vorsichtig der Pfarrer. »Und die Katharina ist noch niemals unliebsam aufgefallen. Eine zwölfjährige Dirn.« Er wurde mutiger. »Ich habe sie selbst getauft. Am Namenstag der Heiligen. Und ich weiß nicht, ob …«
    Der Pfarrer brach ab und widmete sich seinem Becher. Der Laienbruder warf einen scharfen Blick auf den Pater. Der wiederum nickte, fast unmerklich. Eine Falte vom Nasenflügel zum Mundwinkel vertiefte sich.
    »Ihr glaubt also nicht daran, daß die Katharina Grueber verhext ist?« fragte er den Pfarrer herausfordernd.
    »Das habe ich nicht gesagt«, erwiderte Felß schnell. »Wahr ist's schon, daß seltsame Dinge in der Grueberschen Kate vorgehen. Zusammenrottungen jede Nacht. Schreie, Winseln, Klopfen, das man im ganzen Dorf hört.« Wieder trank er. »Es heißt, daß ihnen die Seele der verstorbenen Auer-Bäuerin erscheinen soll …«
    »Und Ihr habt da nicht eingegriffen?« wollte nun der Frater wissen, stellte die Frage wütend noch vor seinem Vorgesetzten.
    »Ich hätte Euch selbst nach Regensburg geschrieben, wenn der Auer nicht bei Euch vorgesprochen hätte«, verteidigte sich Felß. »Aber ich wollte zunächst beobachten, beten, beim Herrgott einen Rat suchen. – Was weiß ich denn schon von Hexenzauber und Teufelswerk? Und Ihr werdet zugestehen, daß man als Dorfpfarrer ohne Kaplan viele Pflichten hat. Mehr Pflichten manchmal, als man packen kann, gerade jetzt im Spätwinter: die vielen Sterbefälle, die Aussegnungen, und die Hinterbliebenen wollen getröstet werden. Freilich, jetzt, wo Ihr hier seid, begreife ich schon, daß man etwas tun soll.«
    »Dann wäret Ihr also einverstanden mit dem Exorzismus?« fragte wiederum der Frater.
    Ehe Felß antworten konnte, mischte sich aber Pater Korbinian

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