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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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stehend, ungefähr gehört, was drinnen gesprochen worden war, und jetzt lief sie, um es in Geisling herumzutragen, daß die Katharina Grueber zuletzt doch stärker sein würde als die Regensburger Kutten.
    ***
    Pfarrer Felß hatte seine eigenen Vorbehalte beinahe vergessen, solche Mühe hatte er sich mit Johann Auer geben müssen, um ihn zur Kate zu schleppen. Der Bauer hatte sich mit seiner Küchenmagd getröstet und wollte absolut nichts mehr von der brennenden Seele seiner verstorbenen Frau hören. Nur äußerst widerwillig hatte er sich zuletzt mit Felß zusammen auf den Weg gemacht, und nur die Hoffnung, der verfluchten Grueberschen endlich das Handwerk legen zu können, hatte ihn dazu bewogen. Jetzt betrat er, grimmig wie ein Stier, hinter dem Dorfpfarrer die Kate.
    Die anderen, die Felß geladen hatte, warteten bereits drinnen: ein halbes Dutzend Bauern, die in der Vergangenheit nichts mit den Beschwörungen zu tun gehabt hatten und die der Pfarrer deswegen als seine Zeugen hergebeten hatte. Als Felß und Johann Auer eintraten, bildeten sie eine stumme Menschentraube nahe der Tür, während sich die Gruebersche Familie im Hintergrund des Raumes aufhielt. Allerdings waren nicht alle da. Gertrud Grueber hatte die vier jüngeren Kinder für diese Nacht zu einer Nachbarin gegeben. Nur Balthasar und natürlich Katharina waren geblieben.
    Als Felß seinen Umhang ablegte, buckelten die Grueberschen. Die Frau warf einen ängstlichen Blick auf Johann Auer. Die anderen murmelten, streiften den Witwer mit fragenden, scheuen Blicken, nahmen ihn aber in ihre Mitte auf. Felß stand allein zwischen den beiden Gruppen.
    »Es ist Zeit. Eine Stunde vor Mitternacht, wie du es gewollt hast, Katharina.« Der Pfarrer trat näher an das magere Mädchen heran. »Du willst nicht zurücktreten von deinem Vorhaben und bekennen, daß du uns wiederum am Narrenseil geführt hast?«
    »Mein Kind beschwindelt keinen«, erwiderte, sich aufrichtend, die Grueberin.
    »Ich werd' heut' nacht die Hannß Auerin erlösen«, murmelte das Mädchen abweisend.
    Der Witwer im Hintergrund schnaufte schwer, schüttelte ungläubig den klobigen Schädel. Aber er sagte nichts.
    »Dann beginne mit deinem Werk – und Gott sei mit dir.«
    Felß hob, wie segnend, beide Hände über Katharinas Kopf. Als er die Arme wieder senkte, flackerte die Kerze auf der nackten Tischplatte. Menschenschatten tanzten schaurig an den Wänden der Kate.
    »Fang an«, forderte der Pfarrer noch einmal.
    Während ihre Eltern und Balthasar auf die Knie sanken, während dies widerwillig auch die Zeugen taten und nur Felß allein stehenblieb, ging das Mädchen zu dem Kruzifix in der Ecke des Raumes und kniete ebenfalls nieder. Eine Weile blieb Katharina stumm, dann begann sie sich zu wiegen. Wie einst vor dem Grab der Auerin lag sie da, ihr zu Beginn beinahe tonloses Gemurmel wurde lauter, dann füllte die verballhornte Litanei die Stube. Domkron und Jumpfengranz schrillten zuletzt zwischen lateinischen Wortfetzen, der Mädchenkörper zuckte; als Katharina schrie: »Auerin, arme Seel', fahr auf in die Seligkeit!«
    Die Beschwörung wurde wiederholt, immer wieder; die Zeugen schwitzten, zeigten Furcht. »In den Himmel!« stöhnte, jammerte das Mädchen, wand sich, zuckte – dann brach sie zusammen.
    Katharina lag auf den abgetretenen Dielenbrettern; wirres, schweißnasses Haar bedeckte dünne rauhe Holzfasern. Sie schluchzte.
    Dann waren die Eltern bei ihr, auch der Pfarrer. »Was ist mit dir?« fragte Felß zwischen Strenge und Mitleid. »Ist dir schwach geworden?«
    Katharina beruhigte sich, richtete sich mühsam auf. »Das Licht«, murmelte sie. »Die Kerze. Wenn sie brennt, kann die Seel' nicht aus dem Feuer kommen.« Lauter, fordernder: »Löscht die Kerze!«
    »Unsinn!« widersprach der Pfarrer, aber blitzschnell war der alte Grueber am Tisch, drückte das Flämmchen zwischen Daumen und Zeigefinger aus. Man hörte die Bauern sich näher zusammendrängen, hörte den Auer unterdrückt fluchen. Felß tappte im Dunkeln und fühlte, wie Katharina sich von ihm entfernte. Irgendwo mußte ihr Vater stehen, aber in der Dunkelheit war jetzt nichts mehr zu erkennen. Dann Katharinas Stimme, ein Stück vom Pfarrer entfernt: »Jumpfengranz, erlöß! Auerin, zeig' dich! Gib uns ein Zeichen! Fahr auf in die Seligkeit …«
    In der Kate plötzlich dröhnende Schläge. Es knallte seitlich der Stelle, wo Felß verdattert immer noch stand, an der Hüttenwand. Hart, scharf, mehrmals

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