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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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damals.«
    Felß nickte. »Wir sind uns also einig. Eine körperliche Züchtigung, damit die Dirn und ihr Vater zur Vernunft kommen. Ansonsten nichts an die große Glocke.«
    »Und keine Meldung nach Regensburg«, schloß der Pfleger. »Ich werde zwar ein Protokoll anfertigen müssen, aber das kann dann gut und still in meiner Truhe liegen.«
    »So wollen wir es halten«, bestätigte der Pfarrer.
    »Gut, dann will ich nun die Zeugen und auch die Grueberschen kommen lassen«, sagte der Pfleger.
    Die Verhandlung in der Amtsstube dauerte nicht lange. Die Bauern, auch der angetrunkene Auer, bestätigten übereinstimmend, Katharina und ihren Vater dabei ertappt zu haben, wie sie den Spuk mit Hilfe des Gewandstücks und des Hammers vorgetäuscht hatten. Das beschlagnahmte Werkzeug lag auf dem Richtertisch. Johann Grueber leugnete gar nicht. Katharina stotterte anfangs noch immer von der unerlösten Seele der Auerin, als der Pfarrer sie aber hart anfuhr, begann sie zu weinen und gab zuletzt zu, in der vorigen Nacht und auch früher die Gespenstererscheinungen nur vorgetäuscht zu haben.
    »Matz, bösartige!« ging der Auer sie an, wurde aber von Michel sofort zur Ordnung gerufen. »Die Bauern können jetzt gehen«, ordnete der Pfleger dann an. »Was jetzt noch zu tun ist, erledigen der Pfarrer und ich allein.«
    Die Geislinger schienen froh, aus der Amtsstube zu kommen, nur der Auer sperrte sich, wurde aber von den anderen zur Raison gebracht. »Verbrennt sie!« verhallte draußen sein trunkener Ruf.
    »Da hört Ihr, was ich meine«, sagte der Pfarrer leise zu Kaspar Michel. »Wenn das Schreien erst einmal anhebt, dann ist es schwer wieder zu stillen. Der betrunkene Auer ist noch nicht gefährlich. Aber wenn es ein ganzes Dorf erfaßt, einen ganzen Landstrich …«
    »Man darf es erst gar nicht hochkommen lassen«, gab der Pfleger, ebenso leise, zurück. »Und jetzt wollen wir die Sache hinter uns bringen.«
    Er hatte über die Zeugenaussagen ein Protokoll angefertigt: ein kurzer Sachverhalt auf faserigem Papier, nun schrieb er auch das Urteil nieder und verkündete es anschließend laut den beiden Angehörigen der Familie Grueber:
    »Du, Johann Grueber. Und du, Katharina! Weil ihr schamlosen Hokuspokus und groben Unfug getrieben habt, auch das gute Andenken einer Verstorbenen dabei verunglimpft, den Pfarrer Felß zudem habt zum Narren machen wollen, was euch aber nicht gelungen, werdet ihr zu einer Rutenstrafe und anschließend zu eintägigem Stehen am Pranger verurteilt. Du, Johann Grueber, sollst zwei Dutzend Streiche erhalten. Du, Katharina, weil du ein schmales Weib, eineinhalb Dutzend. Die Strafe wird morgen bei Tagesanbruch vollstreckt. Bis dahin habt ihr in der Hexenkaue zu bleiben.« Er blickte die beiden Verurteilten scharf an und setzte hinzu: »Letzteres soll euch eine besondere Warnung sein! Habt ihr das verstanden?«
    Katharina starrte ihn mit großen Augen an. Johann Grueber war in sich zusammengesackt und begann nun, wie schon einmal, haltlos zu flennen.
    »Bring sie hinaus!« befahl der Pfleger schroff dem Knecht des Pfarrers. »Meine Leute zeigen dir die Kaue.«
    Als Felß und er allein waren, fragte Michel: »Darf ich Euch einen Becher Wein bringen lassen? Ich glaube, Ihr könnt das jetzt ebenso nötig brauchen wie ich selbst.«
    Doch Felß lehnte ab. »Wenn Ihr erlaubt, reite ich auf der Stelle nach Geisling zurück. Obwohl unvermeidlich ist, was nun geschieht, kann ich nicht Wein trinken, während die beiden in der Kaue schmachten.«
    »Ich verstehe Euch«, erwiderte der Pfleger. »Dann werde ich diese Stunde allein durchstehen müssen.«
    »Ihr habt ein gutes Weib«, entgegnete Felß. »Eigentlich sollte ich ein Seelsorger für Euch sein, aber zwischen uns ist es besser, wenn gewisse Dinge nicht groß zur Sprache kommen. Beredet Euch also mit Eurer Anne, wenn Ihr müßt. Ich glaube, sie wird Euch verstehen.«
    Michel blickte den Pfarrer erschrocken an. Sollte Felß etwa von Annes Vergangenheit wissen?
    Doch der Pfarrer bemerkte weder den Blick noch die Furcht des Pflegers. Er war arglos und meinte zum Abschied: »Euer Weib hat milde Augen – das ist mir schon früher aufgefallen.«
    ***
    Durch den Märzschlamm trabte Felß, holte die dahintappenden Bauern ein, überholte sie, dann verloren er und das Roß sich im Dunst der Donaumarschen und im böigen Regenwind. Kaspar Michel blickte dem Pfarrer vom oberen Stockwerk des Schlößchens aus nach, bis er ihn nicht mehr erkennen konnte, dann legten sich

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