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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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verlor sich das halbirre Kichern der Eckhin im feuchten Windrauschen der Märznacht.
     

Die Abstrafung
    März 1689
    »Und in wieviel eheleithen sie unainigkeit gemacht, das sie einander geraufft vnd geschlagen oder gar nit mehr beysammen bleiben khonden .«
    (Kelheimer Hexenhammer, Discordia inter conjuges)
    Der Zug, der sich am nächsten Morgen durch die Donaumarschen nach Pfatter bewegte, erregte Aufsehen. Am Wegrand liefen Knechte zusammen und ließen Mägde müßig die Arbeit sinken; aus den Fenstern im Dorf und aus einschichtigen Häusern lugten, ängstlich oder schadenfroh, die Bauern. In Windeseile lief das Gerücht durch den Gäu, daß eine Teufelsbuhlin und ihr hexerischer Erzeuger in das Amtsschloß zu Pfatter verbracht wurden. Und der regenschwangere Märzwind, der sich schon während der Nacht bemerkbar gemacht hatte, wehte und plusterte sich feucht über der Szene.
    Auf seinem alten Wallach ritt voran der Pfarrer von Geisling, steinernen Gesichts, im Felleisen hinter dem Sattel einen abgegriffenen Hammer. Ihm folgten, die Hände mit Stricken auf den Rücken geschnürt, Katharina und Johann Grueber. Übernächtigt ihre Gesichter, der Mund des Taglöhners von geronnenem Blut verschorft. Verängstigt wirkten sie, hielten die Blicke auf den Matsch unter ihren Füßen geheftet; neben ihnen ging, mit einem Waidmesser im Gürtel, der Pfarrknecht. Sieben Geislinger Bauern, unter ihnen auch der verwitwete Auer, beschlossen den Zug. Das derbe Gesicht des Witwers war schon wieder vom Fusel gerötet.
    Ab und zu holte er die Flasche aus der Tasche und nahm einen Schluck. Als sie den Markt Pfatter erreichten, schwankte Johann Auer bereits.
    Felß schien es nicht zu bemerken. Er hatte während des ganzen Weges nicht einmal zurückgeblickt, hatte sich schwerfällig im Sattel stoßen lassen, schnalzte jetzt mit den Zügeln und trieb den Wallach durch den Torbau hinein in den kleinen, ummauerten Vorhof des Pflegschlößchens. Erst dort wandte er sich, noch ehe er aus dem Sattel stieg, um.
    »Du führst die Grueberschen nach mir hinein«, befahl er dem Knecht. Und an die Gruppe der Bauern gerichtet: »Ihr wartet hier, bis man euch ruft.«
    Er warf einen mißbilligenden Blick auf die Flasche, die Johann Auer schon wieder in der Hand hielt, schüttelte den Kopf, ließ es dabei bewenden und stieg ab. Der Herrgott verzeih' mir, dachte er dabei. Ich könnte die Betäubung jetzt auch vertragen.
    Ein Pferdeknecht erschien, nahm die Zügel des Wallachs und führte das Tier weg zum Stall. Der Pfarrer stieg die wenigen Stufen der Freitreppe hinauf. Unter dem Portal wurde er bereits von Kaspar Michel empfangen. Ohne Harnisch wirkte der Pfleger schmal, beinahe jungenhaft. Als er Katharina und Johann, gefesselt, gestoßen vom Knecht, die Treppe heraufkommen sah, runzelte er die Brauen. »Ihr bringt mir die Grueberschen her, Felß?«
    Der Pfarrer stand eine Staffel unterhalb des Pflegers, mußte zu diesem hochblicken. »Sie haben keine Ruhe gegeben. Haben ihre Schande weiter und weiter getrieben. Letzte Nacht konnte ich sie überführen, konnte sie bei ihrem bösen Schwindel ertappen. Die Bauern da sind Zeugen, auch der Auer, welcher durch den Hokuspokus besonders geschädigt ist – Michel, ich mußte Euch die beiden zur Abstrafung herschaffen. Kirche und Kurfürst dürfen's nicht dulden, daß sie sich weiterhin versündigen. Jetzt müssen sie ihre Strafe bekommen!«
    »Kommt herein«, antwortete der Pfleger knapp. »Die Grueberschen und der Knecht auch. Ihr mit mir in den Amtsraum, Felß. Die anderen in die Küche.«
    Als sich der Pfarrer und Michel auf breitlehnigen, lederbezogenen Stühlen gegenübersaßen, bat der Pfleger, wiederum kurz angebunden: »Gebt mir Euren Bericht.«
    Felß redete, und es fiel ihm nicht leicht, aber er stand es durch. »Wir haben jetzt den Beweis, daß alles ein Schwindel war«, schloß er. »Ein halbes Dutzend Zeugen stehen draußen. Ich hätte auch zu den Kapuzinern nach Regensburg gehen können, aber ich bin zu Euch gekommen, Michel.«
    »Warum?«
    »Weil es bei Euch mit einer Rutenstrafe abgehen kann – aber im Kapuzinerkloster sitzt die Inquisition«, antwortete Felß kaum hörbar.
    »Ich verstehe. Ihr seid keiner, der den Kerker oder gar das Feuer befürwortet.«
    »Und Ihr?« fragte der Pfarrer.
    »Wenn Ihr nicht wüßtet, wie ich denke, wärt Ihr nicht hier«, versetzte der Pfleger. »Vor einigen Tagen, beim Exorzismus, haben wir beide kein Vergnügen empfunden. Ich hab's Euch wohl angesehen

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