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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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daß mein Gatte durchgreifen mußte. Was ihr getrieben habt, war gefährlich. Es hätte viel Schlimmeres herauskommen können als die Kaue. Das weißt du, gell?«
    »Die Kapuziner sind schlimmer gewesen.«
    Katharina rupfte jetzt hastig, und die Pflegerin spürte, daß sie nicht weiter in das Kind dringen durfte. »Du hast dich brav herausgemacht, hier bei mir«, sagte sie deswegen freundlich. »Und jetzt wollen wir zusehen, daß die Hühner fertig werden. Die sollen eine kräftige Suppe für den Eisenamtmann Simon Hanndloß abgeben, der heute abend bei uns zu Gast ist. Möchtest du dann auftragen, Kathrin?«
    »Ja, das wär' eine Ehre!« Das Mädchen strahlte schon wieder. »Der Eisenamtmann ist ein großer Herr, nicht?«
    »Kein Barren aus Amberg oder Regensburg schwimmt in Pfatter auf der Donau vorbei, den der Hanndloß nicht aufschreiben würde«, bestätigte Anne Michel. »Der Amtmann und mein Gemahl, die herrschen hier im Markt. Mußt also besonders freundlich zu dem Hanndloß sein. Aber wenn etwas von dem Hühnertopf übrigbleibt, kriegst du nachher auch noch deinen Teil ab.«
    Katharina lachte. »Mir läuft schon jetzt das Wasser im Maul zusammen!«
    »Im Mund – so heißt es«, rügte wohlwollend die Pflegerin.
    »Im Mund läuft's mir zusammen«, bestätigte Katharina. Jetzt lachte Anne Michel.
    Wenig später waren die Hühner gerupft. Die letzten Stoppeln wurden über einer Kerzenflamme abgesengt, dann kamen die schlaffen, weißlichen Leiber in den kochenden Sud. »Nun brauche ich dich nicht mehr«, sagte die Pflegerin. »Kannst hinaus und im Hof spielen. Aber bei Sonnenuntergang wäschst du dich und trägst dann droben im Herrenzimmer das Essen auf. Und jetzt lauf!«
    Katharina rannte nach draußen, fand einen der Jagdhunde des Pflegers und begann sich mit ihm genau an der Stelle zu balgen, wo der Prangerstock gestanden hatte. Doch daran dachte sie jetzt nicht mehr. Der Hund, seine zärtlich zupackenden Kiefer, sein langer brauner Behang, nahmen das Mädchen vollkommen gefangen. »Bist mein Prinz, bist mein Geliebter«, sang Katharina und drückte die Lippen auf die samtige Stelle zwischen den klugen Augen des Tiers.
    Durch das ebenerdig gelegene Fenster der Küche sah es Anne Michel. »Bist wieder gesund geworden, Mädchen«, sagte sie leise zu sich selbst. »Mein Gott, wie mich das glücklich macht …«
    ***
    Der Eisenamtmann Simon Hanndloß stammte aus dem Oberbayerischen; sein Großvater, der mit dem Silberkegel anstelle der linken Hand, war noch Ritter gewesen. Doch Simon war der Nachkomme eines jüngeren Sohnes, der diese Würde aus Geldmangel nicht hatte erben können. Deswegen hatte sich der Enkel des Oberbayern ins Flachland hinaus verdingen müssen. Erst mit einundvierzig Jahren hatte man ihm kürzlich die Amtmannsstelle zugesprochen. Vorher hatte er als Fähnleinführer bei der Regensburger Stadtwache gedient, und es war ein hartes Brot gewesen. Um so froher war er nun um die Pfründe in Pfatter.
    Das Leben war allerdings viel langweiliger hier draußen im Gäu, als Hanndloß es von der Stadt her gewohnt war. Die Kontrolle der Eisenschiffe, die donauabwärts nach Straubing, Deggendorf, Passau, Linz und sogar nach Wien gingen, füllte ihn nicht aus. Ebensowenig das Zählen der Salzscheiben, die vom Frühjahr bis zum Herbst stromauf getreidelt wurden.
    Immerhin hatte der Eisenamtmann sich einen Ausgleich zu schaffen gewußt: Wann immer sich die Gelegenheit dazu ergab, nahm er sich eines der willigen Weiber in sein Bett, die es als eine Ehre betrachteten, von einem kurfürstlichen Beamten beschlafen zu werden. Es hatte mit Küchendirnen und Witwen begonnen, doch in letzter Zeit hatte es Hanndloß immer stärker nach jüngerem Fleisch verlangt. Erst in der vergangenen Woche war seine Beischläferin eine Bauerndirn aus Brennberg gewesen, die Butterschmalz als Abgabe ihres Herrn ins Amtshaus gebracht hatte. Sie war erst vierzehn gewesen und noch Jungfrau, und weil ein Frühjahrsgewitter sie am rechtzeitigen Heimgehen verhindert hatte, hatte der Eisenamtmann sich die ganze Nacht lang mit ihr vergnügen können.
    Als er nun bei Sonnenuntergang ins Pflegschlößchen schritt, dachte er immer noch an den unvergleichlichen Spaß, den er gehabt hatte, als er sich in die zuckende Grotte der Kleinen gedrängt hatte. Und er sehnte sich danach, bald wieder solch zartes, ängstliches Fleisch unter sich zu haben. Gerade, als ihm bei diesem Gedanken ein wollüstiger Schauer durchs Gemächt rieselte, erblickte

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