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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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er Katharina, die sich in einer Ecke des Schloßhofes mit einem braunen Jagdhund mit langem Behang herumbalgte.
    Der Eisenamtmann blieb stehen und pfiff überrascht durch die Zähne.
    Der Hund hatte den Pfiff vernommen, löste sich von Katharina und blickte aufmerksam, mit gespitzten Ohren, zu dem Mann im pludrigen Gewand und mit dem Federhut herüber. Dasselbe tat erschrocken auch Katharina, denn es war ihr jäh bewußt geworden, daß sie längst zum Servieren hätte fertig sein sollen. Jetzt stand der Eisenamtmann bereits im Hof, und sie selbst war noch nicht einmal gewaschen, wie es die Pflegerin befohlen hatte.
    Katharina wollte wegrennen und das Versäumte schleunigst nachholen, aber nun rief sie der große und etwas beleibte Mann in dem protzigen Gewand zu sich: »Komm her! Was bist du denn für eine hübsche Dirn? Hab' dich ja noch nie im Schloß zu sehen bekommen.«
    Katharina trat heran und knickste, so wie Anne Michel es ihr beigebracht hatte. »Ich bin noch nicht lang da«, sagte sie schüchtern. »Erst ein paar Wochen. Bin aus Geisling.«
    »So, so und wie heißt du?« wollte Hanndloß wissen, während der Hund um ihn und das Mädchen herumtrottete.
    »Katharina«, kam, noch leiser, die Antwort. Das Mädchen fürchtete sich plötzlich. Denn es war etwas in den Augen dieses Mannes, das sie nicht kannte, das abstoßend fremd war.
    »Katharina«, wiederholte Hanndloß nachdenklich. Dann schien er sich an etwas zu erinnern. Als Amtsperson hatte er Kenntnis von den Dingen, die sich hier im März hinter verschlossenem Tor abgespielt hatten. »Die Gruebersche vielleicht gar? Die Hex', die der Pfleger dabehalten hat, damit sie unter Aufsicht ist. Bist du die?«
    »Bin keine Hex' – die Gruebersche schon«, antwortete Katharina. »Und jetzt muß ich in die Küch'.« Sie wollte weg. Doch der Amtmann hielt sie plötzlich am Oberarm fest. Das Ziehen in seinem Unterleib war stärker geworden.
    »Mußt dich doch nicht schämen, weil ich dich so genannt habe«, sagte er mit heiserer Stimme. »Ist doch bloß ein Spaß gewesen. Verstehst' etwa keinen Spaß, Kathrin?«
    »Ich … weiß nicht«, erwiderte schüchtern das Mädchen.
    Der Amtmann zog sie näher zu sich, schämte sich seines Tuns – zwölf Jahre, höchstens dreizehn war die Dirn –, konnte sich dennoch nicht zurückhalten, wollte diese Zarte, sicher Jungfräuliche aus ihrer Reserve locken.
    Doch da rief plötzlich die Pflegerin, die den Eisenamtmann vom oberen Stockwerk aus hatte kommen sehen: »Katharina, was trödelst du?«
    Das Mädchen konnte sich aus dem Griff des Hanndloß lösen und rannte mit flatternden Haaren davon. Leicht spreizbeinig ging der Beamte auf die Freitreppe zu. Und er war plötzlich sehr angetan davon, daß der Pfleger ihn für diesen Abend eingeladen hatte. Katharina war genau der Bissen, den er sich nach der Brennbergerin ersehnt hatte.
    ***
    Die Hühnersuppe war verzehrt, dazu weißes Brot, eingemachte Rübchen, Geselchtes und aus der Donau eine frühe Barbe. Jetzt saßen der Pfleger und der Eisenamtmann beim Wein – nicht mehr in Gesellschaft der Hausfrau. Denn die hatte sich frühzeitig zurückgezogen. Auch Kaspar Michel war müde, aber das wollte er sich dem älteren Mann gegenüber nicht anmerken lassen. So bemühte er sich, das Gespräch nicht einschlafen zu lassen, während er heimlich hoffte, daß Hanndloß von sich aus bald aufzubrechen wünschte. Doch dies war nicht der Fall. Der ehemalige Regensburger Söldner schien gar im Pflegschlößchen übernachten zu wollen.
    Und jetzt, während er sich mit seinem achten oder neunten Becher beschäftigte, brachte er das Gespräch zu Michels Leidwesen auch noch auf Katharina: »Ihr habt da eine neue Dirn im Haushalt? Eine Blonde. Sie ist mir über den Weg gelaufen, wie ich hergekommen bin.«
    »Ein Häuslermädchen aus Geisling«, beschied ihn der Pfleger kurz.
    »Und dieselbe, die Ihr wegen Hexenzaubers im März habt auspeitschen lassen, nicht wahr?« Hanndloß lachte und trank erneut. »Ein hübsches Hexenfrätzchen, das muß man anerkennen.«
    Kaspar Michel war ärgerlich, aber er witterte nicht, was der Eisenamtmann im Schilde führte. »Die Katharina wurde nicht wegen Hexerei abgestraft«, sagte er, »sondern weil sie, auf Anstiften ihrer Eltern, andere Leute betrogen hat. Anne wollte sie hier im Haus behalten, um ein Auge auf sie zu haben und sie zurück auf den rechten Weg zu führen. Und das scheint ihr auch zu gelingen. Das Mädchen ist eines der anstelligsten, die wir

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