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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Nacht betrunken wart«, sagte Michel, als der Amtmann ihm das Protokoll wieder zuschob.
    Hanndloß grinste und zeigte dabei einen gelblichen Eckzahn. »Ihr erinnert Euch vielleicht, daß Ihr mir Eure Begleitung angeboten habt, die ich aber ablehnte. Ich benötigte sie nicht. Weshalb also sollte ich betrunken gewesen sein?«
    »Nicht hilflos. Aber Ihr hattet eine Menge Wein intus«, beharrte der Pfleger.
    »Und ich hätte doppelt so viel gebraucht, um wirklich voll zu sein«, erwiderte Hanndloß. »Es scheint, Ihr wollt mir nicht glauben, was ich Euch eben diktiert habe.«
    »Das wundert Euch?« fuhr Michel auf. »Ich selbst blickte Euch nach, bis Ihr draußen auf der Straße wart. Ihr gingt allein. Die Katharina habt Ihr gar nicht getroffen, sonst hätte auch ich sie sehen müssen …«
    »Jetzt wißt Ihr, was für eine gefährliche Hexe sie ist«, unterbrach ihn der Eisenamtmann. »Ihr habt sie nicht einmal gesehen, und mich hat sie leibhaftig mit ihren unflätigen Anträgen bedrängt. Die Matz hat einen Zauber über Euch geworfen, daß Ihr sie nicht erkennen konntet im Hof. Daß Ihr habt glauben müssen, ich sei sang- und klanglos durch das Tor hinausgewandert. Was Ihr eben vorgebracht habt, ist der beste Beweis für die Richtigkeit meiner Anklage!«
    Der Pfleger wirkte verwirrt. Er hatte Katharina entlasten wollen, und nun war die Anklage nur noch schlimmer geworden. »Ich kann und kann es nicht glauben«, murmelte er lahm. »Das Mädchen ist keine Hexe. Hat sich christlich und anstellig geführt seit der Auspeitschung.«
    »Und vorher! Was war vorher?« geiferte der Amtmann. »Haben die Kapuziner sie nicht unter der Fuchtel gehabt? Hat sie Euch nicht der Pfarrer von Geisling herschleppen müssen, weil er mit ihr und der anderen Brut nicht mehr fertig werden konnte? Ihr sagt Ihr könnt es nicht glauben. Potzelement, Kaspar Michel, wollt Ihr mich gar als einen Meineidigen hinstellen? Ich habe geschworen! Beschworen habe ich, was da im Protokoll steht. Nennt mich noch einmal einen Lügner und ich bringe Euch selbst vor das Gericht!« Er war jetzt maßlos erregt, sein Gesicht rot angelaufen. »Mit dem Degen will ich Euch gegenübertreten, wenn Ihr mich noch einmal der Lüge bezichtigt!« Er riß die Waffe halb aus der Scheide – ein häßliches Geräusch, das dem Pfleger einen jähen Zahnschmerz verursachte.
    Er mußte sich zusammennehmen, um sagen zu können: »Als Lügner habe ich Euch nicht bezeichnet, Herr! Und laßt Euch die Galle nicht so quellen!« Bestimmter: »Ich will nichts anderes, als auch die Katharina Grueber zu den Vorwürfen zu hören.«
    Der Degen wurde in die Scheide zurückgestoßen. »Dann holt sie her«, sagte Hanndloß. »Ich kann es Euch nicht verbieten.«
    Er wandte sich um, ging zum Fenster, starrte hinaus in den hellen Maitag. Seine Nasenflügel zuckten jetzt nervös. Aber das bemerkte Kaspar Michel nicht, denn er war bereits im Begriff, die Amtsstube zu verlassen, um Katharina zum Verhör zu holen. Mehr noch als zuvor wünschte sich der Pfleger sein Weib herbei.
    ***
    Katharinas Hände waren schmutzig. Sie hatte seit dem Morgen rauhe Holzkloben gestapelt. Jetzt stand sie schmal neben dem Schreibpult, vermied den Blick des Eisenamtmanns. Als sie ihn beim Eintreten erkannt hatte, war ihr ein leiser Schrei entfahren.
    »Ahhh – das ist ihr schlechtes Gewissen «, schnappte Hanndloß sofort.
    »Verwirrt das Mädchen nicht!« wies ihn der Pfleger zurecht. Seit er nicht mehr mit dem Amtmann allein war, wirkte er mutiger. Dann fragte er Katharina: »Du kennst diesen Mann?«
    »Ich hab' ihn vor zwei Wochen nachts hier gesehen.«
    »Nachts?« mischte sich sofort wieder Hanndloß ein. »Da habt Ihr es schon, Michel!«
    »Wann in der Nacht?« fragte der Pfleger.
    Katharina, die bei dem Einwurf des Hanndloß zusammengezuckt war, faßte sich wieder: »Als ich das Essen aufgetragen habe.«
    »Und später bist du ihm nicht mehr begegnet?« Michel, der die Verwirrung des Mädchens bemerkt hatte, fragte nun schärfer.
    Katharina schwieg.
    »Bist du ihm dann noch einmal begegnet?« bohrte der Pfleger.
    Als Katharina wiederum nicht antwortete, mischte sich erneut der Eisenamtmann ein: »Wir haben uns doch noch einmal getroffen, als ich wegging. Draußen im Schloßhof.« Er sagte das letzte Wort lauter als nötig. Dann wiederholte er: »Im Schloßhof.«
    Katharinas Gedanken jagten sich. Der Amtmann hatte dem Pfleger also offenbar nicht verraten, daß sie in ihrer Kammer mit ihm zusammengewesen war. Das

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