Die Hexe soll brennen
Eisenamtmann. »Nehmt Wort für Wort auf, was ich Euch zu sagen habe.«
»Vielleicht einen Becher Wein zuvor?« versuchte Michel abzulenken.
Doch Hanndloß erwiderte hart: »Kein Wein heute. Und jetzt schreibt!«
»Wie Ihr wollt.« Der Pfleger gab sich geschlagen.
»Nachdem ich zwei Wochen lang mit mir zu Rate gegangen bin und auch viel in dieser Zeit gebetet habe«, begann Hanndloß, »gebe ich vor dem Pfleger zu Pfatter, Herrn Kaspar Michel, dem Vertreter des Kurfürsten hier, das Folgende zu Protokoll:
In der Nacht, in der ich bei dem genannten Pfleger speiste, verließ ich das Schloß ungefähr um Mitternacht. Von dem Pfleger hatte ich mich bereits zuvor unter dem Portal verabschiedet, und nun durchquerte ich allein den dunklen Hof. Da stand plötzlich, wie aus der Hölle herausgewachsen, die Katharina Grueber, Dienstmagd des Pflegers Kaspar Michel, vor mir. Dieselbe war bis zum Nabel nackt und versperrte mir mit unflätigen Gebärden den Weg …«
Die Feder des Pflegers kratzte über das grobe Papier, blieb plötzlich hängen. »Ihr seid verrückt, Hanndloß! Was Ihr mir da erzählt, das kann ich Euch nie und nimmer abnehmen. So etwas hätte die Katharina niemals getan!«
»Sie hat's getan, und Ihr werdet es aufschreiben, weil ich es auf meinen Eid zu nehmen gedenke«, hielt der Eisenamtmann dagegen. »Ich beschwöre es siebenmal, wenn es sein muß! Und jetzt macht weiter!«
Mit verkniffenen Lippen gab sich der Pfleger vorerst geschlagen. Der Gänsekiel senkte sich wieder auf das Papier.
»Versperrte mir mit unflätigen Gebärden den Weg«, wiederholte der Eisenamtmann. »Und als ich ein Stoßgebet von mir gab und die Magd fragte, was sie von mir wolle, da antwortete sie, sie sei eine Hexe und stamme aus einer Hexenfamilie. Und ich solle ihr zu Gefallen sein als Mann, dann würde sie mich reich belohnen.«
Kaspar Michels Hand zitterte, aber er schrieb nun wortlos auf, was Hanndloß ihm weiter diktierte:
»Ich gab der Magd nach einem weiteren Stoßgebet zu verstehen, daß ich ihr nicht glauben könne, daraufhin flüsterte sie mir zum Beweis eine Reihe von schändlichen Greueltaten zu, die sie oder ihre Familie verübt hätten:
Item, daß sie im vorigen Jahr bei einem Bauern in Burgweinting als Kindsmagd gedient habe und ihr dort der Satan in Gestalt einer Katze erschienen sei. Der habe ihr das Kopftuch heruntergerissen und zwanzig Maulschellen versetzt. Item, daß sie dann nach Hause zurückgegangen sei, sich aber vom Leibhaftigen habe begleiten lassen, und diesmal sei er als ein Mensch bei ihr gewesen, bekleidet mit rotem Rock, rotem Leibl, gelben Strümpfen und einer Schmerhauben auf dem Kopf.
Item hat die Katharina zugegeben, daß ihre Mutter und die Weinzierlin, beide von Geisling, in den Montag-, Freitag- und Samstagnächten auf Gabeln ausgefahren seien und jedesmal zwei bis drei Köpf' Butter, Schmalz und Milch heimgebracht hätten.
Item, daß die Gertrud Grueber und ihre Mithexe, die Weinzierlin, sich oft mit der verdammten Hexensalbe eingeschmiert hätten, und daß sie danach aus dem Grueberhaus nachts auf Mistgabeln und Besen durch den Kamin ausgefahren seien.«
Der Eisenamtmann holte nach dieser Tirade tief Atem und und blickte scharf auf den Pfleger, der mit verkniffenen Lippen die letzten Worte aufzeichnete. Als das geschehen war, setzte Hanndloß noch hinzu:
»Ich, der Eisenamtmann zu Pfatter, habe das alles mit eigenen Ohren gehört, und ich bezeuge auch, daß die Katharina Grueber mir danach mit wiederum äußerst unflätigen Gebärden und Worten zu verstehen gab, daß sie mir gerne als Succuba wolle dienen. – Hätte das verworfene Hexenweib, die böse Teufelsbuhlin, also beschlafen sollen, aber meine Stoßgebete haben mich geschützt, und ich konnte von ihr fliehen. Bin danach von einem heftigen Fieber befallen worden, so daß ich erst an diesem heutigen zweiten Tag im Mai, Anno Domini 1689, Anzeige beim Pfleger hier zu Pfatter habe erstatten können.
Und ich will diese Aussagen auf meinen heiligen Eid nehmen und sie ernsthaft beschwören! Gott soll mich am Leib und an meinem Seelenheil strafen, wenn ich falsch geschworen habe!«
Kaspar Michel schrieb, sehr bleich jetzt, auch dies nieder. Aber er mußte dabei den Gänsekiel über das grobe Papier zwingen.
»Und nun gebt her«, forderte zuletzt der Ankläger, las das Protokoll langsam durch und unterzeichnete schwungvoll: Simon Hanndloß, Eisenamtmann zu Pfatter. Am zweiten Maitag A.D. 1689.
»Ihr wißt, daß Ihr in jener
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