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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Moment ungeschützt gewesen war, verunsichert. Faßte sich aber sofort: »Hier siehst du, was dir selbst blühen wird, Christine Weinzierl. Gestehe deinen Teufelsbund, damit wir gnädig mit dir sein können! Hast du es mit dem Satan getrieben?«
    »Nein!« Gurgelnd, über Erbrochenem, über blutig gebissenem Handballen: »Nein!«
    »Sie ist ebenso verstockt wie die anderen«, sagte der Graf, quetschte es hervor wie eine unliebsame Pflichtübung. Sein Gehirn schrie nach Wein. Aber bevor der Inquisitor nicht …
    »Wir wollen sehen; ob sie wirklich nicht zu brechen ist.« Straßmayr sagte es beinahe heiter. »Der Vorhang!«
    Das schwarze, riesige Tuch schien sich von selbst zu teilen, glitt links und rechts zu den Wänden zurück, gab den Blick auf das frei, was dahinter war: Die Folterinstrumente, die rotgekleideten Knechte, die Häupter unter Kapuzen verborgen, das offene Feuer, in dem die Zangen glühten.
    »Fangt an!« Der Inquisitor sagte es fast leise. Er und die übrigen Richter saßen angesichts der Folterkammer wie im Parkett eines Theaters. Der Nebenraum, in den Christine Weinzierl jetzt mit Gewalt gezerrt wurde, stellte die Bühne dar. Die Kapuzenknechte griffen nach dem Kleid des Mädchens. Rupfen riß am Halsausschnitt ein. Junge Brüste. Hellbeflaumte Scham. Aber auch Rippen, die zu zählen waren. Die beiden Halbkreise des Bisses am Handballen. Angstverkrümmte Zehen. Der arme kurze Nacken über noch filigranartigem, unbeschlafenem Leib hätte bei jedem normalen Menschen etwas wie Mitleid erwecken können.
    Der Inquisitor zeigte kein Mitleid. Er hockte da und starrte, starrte wie die übrigen Richter. Allein der Pfleger hatte die Lider niedergeschlagen.
    »Die Nadel!« befahl der Jesuit.
    Zwei Kapuzen hielten Christine fest mit waagrechten Armen. Der Henker selbst suchte ihren Körper ab. In der rechten Leiste entdeckte er den pfenniggroßen Leberfleck. Einzelne Härchen, die verkrümmt aus dunklem Pigment wuchsen. Grobpratzig die silberne Nadel hinein. Christine schrie. Bäumte sich. Ihre Handgelenke verdreht im Griff der Kapuzen. Zurückgerissen die Nadel. Monhaim jetzt neben dem Henker. Lauerndes Untersuchen der Stichstelle. Dann der Kapuziner, hocherfreut verkündend: »Kein Blut!«
    »Kein Blut!« Zischelnd sprach Scherer es nach; ihm ins Wort zischelte Edlmar. Straßmayr wiederholte es mit tragender Predigerstimme und ging nun voller Elan auf das Mädchen los: »Das ist der Beweis! Du kannst nicht mehr leugnen! Wenn man einen Christenmenschen mit der Nadel sticht, dann blutet er. Fährt das Silber jedoch in ein Hexenmal, dann kommt nichts. Nichts. Hast du Blut gesehen an dir? Antworte?«
    Gequält schüttelte Christine Weinzierl den Kopf.
    »Dann gesteh endlich! Spann mich nicht länger auf die Folter, sonst tu' ich's dir. Gesteh, daß du im Bund mit dem Teufel bist! Der Beweis ist ja sowieso schon erbracht. Aber aus deinem eigenen Mund wollen wir's hören. Du bist eine Hexe, ja?!«
    »Nein! Das ist nicht wahr!« Christines Körper hatte sich gestrafft. Fast wütend schleuderte sie die Wörter gegen den Inquisitor.
    Straßmayr nahm es hin, erwiderte mit heftig zuckendem linkem Augenlid beinahe nachsichtig: »Dann muß man dich auf der Folter zur Wahrheit zwingen!« Zu den Bütteln: »Hebt sie auf die Streckbank!« Zu einem Diener, der hinter ihm stand: »Du kannst das Mahl bringen lassen.«
    Wein! dachte Wolf Hainrich Notthafft, Graf und Herr von Wernberg, auch Vizedom, erleichtert. Endlich Wein!
    Die Streckbank war etwas länger als der Körper eines großgewachsenen Menschen, dabei so schmal, daß ein einzelner Leib gerade Platz darauf fand. Die Kapuzen zwangen Christine Weinzierl auf das schlechtgehobelte Brett. Sie rissen ihr die Arme nach hinten über den Kopf, schlangen Stricke um die Handgelenke, verknoteten erstere an einem eisernen Ring am Ende der Bank. Stricke auch um Christines Fußgelenke; derbe Knoten rahmten hervortretende Knöchel. Hier unten lief das Seil um eine Walze. Drehstäbe ragten wie Igelstacheln heraus. Der Henker griff in die Speichen. Das hölzerne Lager knarrte. An Hand- und Fußgelenken zerrte es, dehnte es sich, verdrellte es sich. Der Mädchenkörper gestreckt bis zur Grenze. Wimmern. Vom furchtbaren Zug die Beckenknochen herausgemeißelt, nach oben steigend wie der Schamhügel.
    »Halt!« befahl der Inquisitor.
    Das plötzlich abbrechende Knarren der Winde hinterließ das winselnde Keuchen des Mädchens in fackelglosender Stille. »Wirst du jetzt gestehen?« fragte

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