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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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befürchten, dass Lenas Anwesenheit die Lüsternheit des Herzogs zu neuen, noch hässlicheren Auswüchsen treiben würde? Die Luft blieb Els schier weg, wenn sie nur daran dachte. Das durfte niemals geschehen!
    Ihre Laune verdüsterte sich noch mehr, weil sie die Schuld inzwischen vor allem bei sich selbst suchte. Vielleicht wäre ja alles ganz anders gekommen, wäre es ihr nach Johannas frühem Tod gelungen, an deren Stelle für Lena die Mutter zu sein, die das Mädchen verdiente. Davon jedoch war sie leider weit entfernt, weiter vielleicht als jemals zuvor.

     
    Zuerst war es für Lena nur ein Schatten gewesen, der so schnell wieder im Dunkel des Laubengangs verschwunden war, dass sie zunächst an eine Sinnestäuschung geglaubt hatte. Dennoch blieb sie auf ihrem Weg zum Markt am Innrain immer wieder stehen und schaute sich um, unauffällig, wie sie dachte. Chunrat freilich, der Vily und zwei andere Küchenjungen vor sich her scheuchte, dass ihnen die Schweißperlen auf der Stirn standen, fiel es trotzdem auf.
    »Suchst du etwas?«, fragte er. »Oder warum sonst führst du dich auf wie eine bockige Eselin, die frisches Gras gerochen hat?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich dachte, ich hätte jemanden gesehen«, entgegnete sie. »Aber ich muss mich wohl geirrt haben.«
    Er gab ein vieldeutiges Knurren von sich, einer seiner Lieblingslaute, wie Lena inzwischen gelernt hatte. Zur allgemeinen Überraschung war Chunrat Wagner zum Küchenmeister für das Frauenzimmer ernannt worden, während an seiner Stelle der griesgrämige Jörg Perwart die Leitung der Gesindeküche übernommen hatte. In der Regel kamen Lena und er ganz gut miteinander aus, vorausgesetzt, Chunrat überfiel nicht gerade der Neid, wenn die kleine Herzogin wieder einmal die von dem Mädchen zubereiteten Speisen über den grünen Klee lobte, während sie seine Gerichte nahezu unberührt zurückgehen ließ.
    »Hab deinen Kopf lieber bei der angebotenen Ware!«, sagte Chunrat. »Denn das solltest du dir merken: Ein Koch kann immer nur so gut sein wie seine Zutaten es sind.«
    Das hatte Bibiana ihr bereits beigebracht, als sie ihr kaum bis zum Nabel reichte – und zudem auf anschauliche, weitaus sinnlichere Weise. Die Ladinerin schnupperte an allem, bevor sie es kaufte, nahm einen Bissen oder zerrieb eine winzige Probe, bis das Aroma sich ganz entfaltete. Nur mit Mühe gelang es Lena, eine schnippische Erwiderung noch rechtzeitig hinunterzuschlucken. Was half es, sich mit ihm anzulegen? In der Enge der hastig neu eingerichteten Küche, in der für das Frauenzimmer gekocht und gebacken wurde, mussten sie ja doch wieder Hand in Hand arbeiten.
    Chunrat war inzwischen vorausgegangen und stolzierte mit mürrischem Gesicht von Stand zu Stand. Lena folgte ihm, und wieder überkam sie das unangenehme Gefühl, als würde sie heimlich beobachtet. Blitzschnell drehte sie sich um. Doch da war nur ein Bettler zu sehen, der in seinem zerlumpten Umhang hastig davonhumpelte.
    »Wird Zeit, dass die Fastenzeit endlich vorbei ist«, sagte Chunrat, nachdem er sich umständlich alles hatte zeigen lassen, bevor er sich endlich zum Kauf entschließen konnte. »Ich bereite viel lieber einen ordentlichen Braten zu, anstatt Tag für Tag grüne Knödel zu stechen oder Griesschnitten in Schmalz zu wenden. Das sieht Ihre Hoheit gewiss auch nicht anders. Und erst recht Seine Hoheit, der Herzog, der seiner Gemahlin beim Essen neuerdings so gern Gesellschaft leistet.«
    »Wieso bereiten wir dem hohen Paar dann zum Gründonnerstag nicht eine Überraschung?«, schlug Lena vor. »Neunstärke – im Frühling gibt es keine feinere Suppe, und den strengen Fastengeboten entspricht sie zudem auch noch. Giersch und Löwenzahn machen munter, Brennnessel reinigt die Haut und das Blut, Schafgarbe und Sauerampfer können …«
    »Mit solchem Hexenkraut kannst du deine Ziegen füttern – die fürstlichen Herrschaften brauchen etwas anderes!«
    Chunrat wandte sich ab und gönnte Lena kein einziges Wort, bis sie die Hofburg wieder erreicht hatten. Auch danach blieb es bei ein paar knappen Befehlen, denen sie rasch nachkam. Sogar Vily hatte mittlerweile gelernt, dass es in solchen Augenblicken klüger war zu parieren, wollte man keinen Zornausbruch riskieren. Manchmal allerdings verzog er dabei das Gesicht und rollte derart übertrieben mit seinen großen, kugelrunden Augen, dass Lena sich das Lachen kaum verkneifen konnte.
    Ging es allerdings darum, Essen zu Pater Institoris zu bringen, so gab es

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