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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Gundis sich dagegen wehren konnte, betastete Barbaras Hand ihren Bauch.
    »Genommen hat er dich ja offenbar längst.« Jetzt klang die Hebamme sarkastisch. »Und so, wie es aussieht, bereits zu Margaretes Lebzeiten. Du bist um einiges weiter, als ich dachte.«
    »Sie war ihm zu unförmig geworden kurz vor der Geburt, da wollte er lieber …« Gundis wurde plötzlich misstrauisch. »Woher hast du das alles überhaupt? Etwa von dieser unverschämten Totenwäscherin, die mich überall in der Stadt schlecht machen will?«
    »Wozu hab ich schließlich Augen im Kopf? Im Wochenbett hat Margarete dann aber offenbar seine Gunst zurückgewonnen, sonst hätte er sie wohl in Ruhe gelassen – und sie könnte heute noch leben.«
    Gundis starrte zu Boden. »Ich hab ihn nicht ermutigt …«
    »Wo du ihm doch so auf ungemein bequeme Art und Weise das Kind eines anderen unterschieben konntest? Aber täusch dich nicht, Gundis! Wenn ein Ambros Säcklin außer seinem Baderberuf etwas beherrscht, dann ist es Rechnen.«
    Gundis begann zu weinen. Jetzt tat sie der Hebamme fast leid, obwohl Barbara Margaretes trauriges Ende keinen Augen blick vergessen konnte.
    »Vielleicht hast du ja Glück – und es bleibt ein wenig länger drin«, fuhr sie etwas freundlicher fort. »Das kann manchmal bei Erstgebärenden vorkommen.«
    »Wie lange?«
    »Ganz unterschiedlich. Eine Woche, zwei. Einmal hab ich es sogar erlebt, dass es mehr als drei Wochen waren.«
    »Das nützt mir gar nichts. Es müsste viel, viel länger sein, sonst schöpft Ambros am Ende doch noch Verdacht.«
    »Das, fürchte ich, wirst du kaum verhindern können.« Barbara klang abschließend.
    »Und wenn ich gar nichts mehr esse? Keinen einzigen Bissen mehr? Vielleicht wächst es dann langsamer und wird erst später geboren.« Gundis schien sich krampfhaft an jede noch so fragwürdige Hoffnung klammern zu wollen.
    »Dann hast du hinterher ein paar Zähne weniger, und deine Knochen sind die eines alten Weibes. Ein Kind holt sich immer, was es braucht. Eher bleibt die Mutter in der Schwangerschaft auf der Strecke.«
    »Und wenn du einfach behauptest, es sei viel zu früh gekommen?«
    »Wie wäre es stattdessen mit der Wahrheit, Gundis? Oder glaubst du etwa, dein ehrenwerter Bader könne ein ausgetragenes Kind nicht von einer Frühgeburt unterscheiden?«
    Ein Unmutslaut kam aus Gundis Mund. Ihre anfängliche Weinerlichkeit schlug mehr und mehr in Ärger um.
    »Was sollen überhaupt diese strafenden Blicke?« Sie erhob sich abrupt, eine steile Falte auf der Stirn. »Schließlich bist du nicht Gottes Finger.« Sie deutete auf Tisch und Truhen. »Und das alles hier hast du dir auch nicht nur dank Schleim und Blut geschaffen. Du hast einen Mann abbekommen. Warum sollte ich dann leer ausgehen?«
    »Spar dir deinen Zorn! Wenn du schon unbedingt auf jemanden wütend sein willst, dann am besten auf dich selbst. Ich kann dir nicht helfen. Niemand kann das.«
    »Das werden wir ja sehen! Zum Glück bist du nicht die Einzige in der Stadt, die etwas vom Gebären versteht.«
    »Du willst zur Bleidlerin?«, sagte Barbara erschrocken. »Dann sei bloß vorsichtig! Landauf, landab kennt man keine geldgierigere Engelmacherin.«
    Gundis’ Gesicht war plötzlich hassverzerrt. »Bild dir bloß nicht zu viel ein!«, zischte sie. »Vielleicht musst du ja schon bald herunter von deinem hohen Ross. Überall in Innsbruck wird gemunkelt, was du insgeheim treibst – und mit wem. Rosin, Wilbeth, die Walsche und die schwarze Els, ihr steckt doch alle miteinander unter einer Decke! Schleicht euch im Dunkeln in diese alte Kapelle …«
    »Das tun viele. Außerdem ist Beten nicht verboten«, erwiderte Barbara äußerlich gelassen, obwohl sie nicht verhindern konnte, dass ihr die Knie bei Gundis’ Worten weich wurden. Ihre Gedanken überschlugen sich. Wer konnte sie beobachtet haben – und seit wann? Ihr letztes Feuer in der Sillschlucht war weitaus bescheidener ausgefallen als jemals zuvor. Hätten sie trotzdem noch vorsichtiger sein müssen?
    »Das nicht.« Angriffslustig reckte Gundis ihr rundliches Kinn. Die nunmehr vertauschten Rollen schienen ihr zu gefallen. »Dann aber gefälligst zu Tagzeiten, wenn die heilige Messe gelesen wird. Seite an Seite mit anständigen, gottesfürchtigen Leuten.«
    Sie legte ihr Schultertuch um und strebte zur Tür. Dort wandte sie sich noch einmal um.
    »Wenn alles so harmlos ist, wie du tust, dann muss ich mein Wissen ja nicht unbedingt für mich behalten«, drohte sie. »Es sei

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