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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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anbrach.
    »Pater Institoris?«, hörte er jemanden seinen Namen sagen.
    Er neigte kurz den Kopf. »Der bin ich.«
    Die Lage war schnell gesichtet. Ein gealterter, weichlicher Mann, nicht mehr ganz gesund, wie Kramer sofort erkannte. Daneben ein blutjunges Weib mit ängstlichem Blick. »Ihr habt mich rufen lassen, Euer Hoheit?«
    »Das haben wir. Und sind Euch dankbar, dass Ihr uns nicht lange habt warten lassen. Es gehen überaus seltsame Dinge hier im Schloss vor: Laute, Stimmen, unheilvolle Wesen …« Erschöpft hielt er inne. »Wir brauchen Eure Hilfe, Pater.«
    »Ich bin der Banner des Bösen. Keine Hexe ist vor mir sicher.«
    »Nun, ob es sich tatsächlich um Hexerei handelt …« Der Herzog wiegte den Kopf.
    »Das überlasst am besten mir!«
    Kramer spürte, dass er angestarrt wurde. Eine Frau, beinahe so groß wie er, die seitlich des Herzogspaars stand. Selten genug, dass jemand ihm auf Augenhöhe begegnete. Ihr Ausdruck war weder furchtsam noch ehrfürchtig. Er suchte nach der richtigen Bezeichnung. Neugierig, genau das war es! Neugierig musterte sie ihn, auf eine dreiste, geradezu unverfrorene Weise. Auf einmal musste er um Sammlung ringen und er zwang sich, nicht weiterhin in ihre Richtung zu schauen, als er weitersprach.
    »Auch sonst verbitte ich mir jegliche Einmischung. Die bösen Geister bekämpfe ich mit meinen Mitteln. Seid Ihr damit einverstanden, Euer Hoheit?«
    »Befreit uns von ihnen, Pater!«, rief der Herzog. »Wir wollen fromm und in Frieden leben.«
    Es fiel Kramer schwer, ein Lächeln zu unterdrücken. »Dann erkläre ich die Mummerei ab sofort für beendigt, Euer Hoheit«, sagte er. »Für die Stadt Innsbruck und das Herzogtum Tirol Innsbruck hat die Zeit des Fastens und der Buße begonnen.«

Zweites Buch Hexentanz
     

Fünf
     

     
    E ls und Bibiana blieb nicht viel Gelegenheit, Lena zu vermissen, die nun endgültig in die Hofburg übersiedelt war, denn die beiden bangten um Sebi. Der Junge ließ den Kopf hängen, fieberte und lag über Tage völlig matt und teilnahmslos in den Kissen. Sie atmeten erst wieder auf, als überall an seinem kleinen Körper rote Pusteln sichtbar wurden, die sich mit Flüssigkeit füllten, bevor sie verkrusteten und schließlich abzuheilen begannen.
    »Wasserpocken«, stellte Bibiana nach eingehender Inspektion fest, und es klang beinahe nach grimmiger Genugtuung. »Das trifft die meisten Kinder irgendwann einmal. Jetzt wissen wir wenigstens, wie der Feind heißt, gegen den wir zu kämpfen haben.«
    Die halbe Nacht kochte sie nun die Speisen für das Wirthaus vor, um tagsüber ausreichend Zeit zu haben, an Sebis Krankenbett zu wachen. Und was sie nicht alles an Heilmitteln heranschleppte! Abwechselnd mit Zinktinktur oder dem Absud von Klettenlabkraut, den Wilbeth aus ihren Vorräten beigesteuert hatte, rieb sie den Jungen von Kopf bis Fuß ein, um den unerträglichen Juckreiz zu bekämpfen, flößte ihm heißen Holundersaft ein, Bergamottetee und ihre in ganz Innsbruck berühmte Hühnersuppe, mit der man, wie sie zu sagen pflegte, sogar Tote zum Leben erwecken könne.
    Als Sebis trübe Augen wieder klarer wurden, verschwand auch die Benommenheit der schwarzen Els, die die ganze Zeit über wie eine Schlafwandlerin herumgelaufen war. Plötzlich fiel ihr auf, wie vernachlässigt der »Goldene Engel« aussah. Energisch griff sie nun nach Besen, Eimer, Pottasche und Lumpen und forderte Ennli auf, ihr zu helfen. Das Mädchen sollte den Eingang und die Gaststube blitzblank putzen, während sie sich die oberen Stockwerke vornahm.
    Im Augenblick waren nur wenige der Gastzimmer besetzt, die beste Gelegenheit, um überall gründlich sauber zu machen. Die Frühlingssonne, die durch die Scheiben lachte, hob Els’ Laune, und zum ersten Mal seit langer Zeit begann sie wie früher vor sich hin zu summen. An der Tür des Paters angelangt, zögerte sie kurz, dann betrat sie das Zimmer.
    Drinnen roch es so abgestanden und säuerlich, dass sie sofort das Fenster öffnete und frische Luft hereinströmen ließ. Er war fort, seit einiger Zeit schon, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, wo er abgeblieben war. Ganz anders als bei seinem Aufbruch nach Stift Wilten, den er ihr sehr wohl mitgeteilt hatte.
    »Und Euer Zimmer, Pater Institoris?«
    »Noch für Wochen im Voraus bezahlt. Oder irre ich mich da?«, hatte er ihr so barsch entgegnet, dass sich Els nicht gerade zu weiteren Fragen ermuntert fühlte. Anschließend war er weg gewesen und in der Zwischenzeit nur ein einziges

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