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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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auch nur einen Versuch zur Rettung des Mannes zu unternehmen. Vielleicht war es das drohende Schnauben des Schlachtrosses, das ihn trieb, weitere Scheite auf das Feuer zu legen und den geschundenen Körper aus den blut- und dreckstarrenden Lumpen zu wickeln und zu waschen. Er strich Salbe auf die Stellen, die sich entzündet hatten, schiente den gebrochenen Arm mit einem geschmirgelten Holzstück und wickelte alles in Verbände, so gut es eben ging. Die Schreie, die der Fremde bei dieser Tortur ausstieß, waren entsetzlich gewesen.
    Dann war der Mann bewusstlos geworden und so halb und halb gestorben. Aber irgendwann – nach ein oder zwei Tagen – war er wieder zu sich gekommen, und Ambrosius hatte ihm Suppe eingeflößt, im festen Glauben, dass eine fette Hühnerbrühe die Mutter aller Arzneien sei. Er hatte den Schweiß von seiner Stirn getupft, weitere Scheite ins Feuer gelegt und die Verbände gewechselt. Er hatte Osterluzei auf die schlimmsten Wunden gelegt. Er hatte sämtliche in Frage kommenden Heiligen angerufen und gebetet, was das Zeug hielt. Kurz, er hatte alles Menschenmögliche getan, um zu helfen.
    Und das hatte ihn einiges gekostet. Nicht nur wegen des Gestöhnes und des schrecklichen Geruchs, den der Fremde ausströmte: Der Mann hatte begonnen, im Fieber zu fantasieren. Nun durfte man dem, was ein Kranker von sich gab, keine Beachtung schenken, aber es war doch grausig zu hören, was er in seinem Wahn zu erleben glaubte. Eine Hexe schleppte seinen Körper ans Feuer. Sie öffnete mit Messern seinen Brustkorb und raubte das Herz. Sie säbelte ihm – was Ambrosius besonders bestürzte, weil es ihn an seine eigene Schwäche erinnerte – die Hoden ab. Nichts davon war dem Fremden wirklich geschehen, davon hatte er sich überzeugt. Aber der Arme brüllte sich die Seele aus dem Leib, und als er den Namen der Hexe stammelte – Edith –, da wurde Ambrosius klar, wem er hier Unterschlupf gewährt hatte. Die ganze Gemeinde sprach schließlich von Marx von Mengersen, dem Mörder, der nach schwerer Folter aus der Wildenburg entflohen war.
    Der Pater ging mit sich zu Rate, ob er sich auf den Weg zu seinem Brotherrn machen müsse, um seine Entdeckung zu melden, aber er schob es immer wieder auf. Der Kopf des Fiebernden lag auf dem goldenen Haar wie auf einer kostbaren Stickerei, und unter der Decke formte sich sein makelloser Körper ab. Maria und Josef, wieso hatte der Herr ihm nur etwas so Vollkommenes in den Garten purzeln lassen! Und würde der bedauernswerte Mensch nicht sowieso bald sterben?
    Also wusch und salbte Ambrosius weiter. Und als es dem Kranken nach fünf Tagen wider jedes Erwarten besser ging, konnte er sich dennoch nicht aufraffen, ihn anzuzeigen. Und dann, in einer Nacht, als er selbst zu Tode erschöpft war und die heiligen Engel schlafen gingen und der Versucher aus der Hölle kroch, da trieb er seine Fürsorge zu weit.
    Es war wie von selbst gekommen. Der Fremde schlief tief und fest. Ach, versorgen wir ihn ein letztes Mal, bevor er zurück in den schaurigen Kerker muss, hatte Ambrosius voller Mitleid gedacht und in den Tiegel gegriffen. Zunächst hatte er das bleiche Gesicht gesalbt, auf dem die Wimpern wie chinesische Fächer lagen, dann den straffen Hals, die breite Brust, die sich kaum merklich hob und senkte … Was für ein stattlicher Kerl! Ambrosius hatte den Bauch gesalbt, der trotz des Erlittenen vor Muskeln strotzte und eine reine Augenweide war. Die strammen Beine … Und am Ende das Wunder der Männlichkeit, das zwischen den Beinen welkte, als würde es um ein wenig Fürsorge betteln. Ambrosius hatte tief geatmet, und während er salbte und massierte, hatte er gespürt, wie sich zwischen seinen eigenen Schenkeln wohlige Hitze breitmachte. Der Mann auf dem Laken rührte sich nicht, alles war wunderbar, leidenschaftlich, lebendig, explosiv und …
    Und dann war er aufgewacht. Möglicherweise . Zumindest hatte Marx die Augen geöffnet, und der verwaschene Blick, mit dem er seinen Pfleger angesehen hatte, schien voller Zweifel zu sein. Aber als er genas, ohne sich zu dem Vorfall zu äußern, und sich zwei Wochen später mit einem kurzen Dank aus dem Staub machte, hatte Ambrosius gedacht, man könne die Angelegenheit vergessen – zumindest, soweit es nicht den Herrn betraf, der, wie man wusste, im Buch des Lebens jeden seiner Atemzüge notierte. Doch nun war Marx zurückgekommen. Und keinesfalls in guter Laune. Was hatte er vor? Kam jetzt die Abrechnung?
    Ambrosius war

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