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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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Menschen, die man gefoltert hatte, waren danach wie tot. Wenn sie aber nicht wie tot waren, dann waren sie gefährlich.
    Marx trat näher. Er bewegte sich vorsichtig, als hätte er Schmerzen. »Na endlich«, sagte er, als er vor Josepha stehen blieb.
    Sie platzte auf der Stelle mit allem heraus, was sie sich zurechtgelegt hatte, und hoffte von Herzen, er würde sie verstehen und verhindern, dass man sie totschlug. Edith . Der Name der verhassten Hexe ließ ihn aufhorchen. Sie brabbelte von den anderen Hexen, die Edith um sich geschart hatte. Von den toten Säuglingen, deren Leiber bei teuflischen Ritualen verwendet wurden. Von Dirks Kindern, den armen Kleinen, denen das gleiche Schicksal drohte, wenn Dirk aufmuckte und nicht mehr parierte. Denn damit hatte Edith ja gedroht: Ich grabe sie aus! Natürlich sprach Josepha auch von Sophie und Henriette. »Ein unschuldiges Kind!«, bettelte sie. Sie liebte Kinder. Dann ging ihr auf, dass Marx an dem Würmchen vermutlich nichts lag. Aber vielleicht an der Mutter? »Die Hexe wird nicht aufgeben, ehe sie auch die Freiherrin vernichtet hat. Deshalb suche ich nach ihr. Ich muss sie warnen.«
    Der Mann mit den grausigen Narben starrte sie an, wie im Traum der Leibhaftige.
    »Bitte, Herr«, flüsterte sie. »Ihr wisst, wo sie ist. Bringt mich zu ihr.«

   s ist furchtbar, ich weiß«, seufzte Tomas, der auf einem zweiten Bett im Zimmer saß und seine Schwester anstarrte, die immer noch keine Notiz von ihren Besuchern nahm. An den Wänden des Raumes hingen Bilder von Heiligen, die allesamt ehrfürchtig mit gefalteten Händen gen Himmel blickten. Eine Silberschale voller Äpfel stand auf einem Tischchen. Daneben lag eine aufgeschlagene Bibel.
    »Was genau ihr geschehen ist, wissen wir nicht. Irmgard hatte sich nach dem Tod ihres letzten Mannes in ein Kloster zurückgezogen. Sie war mit einigen Freundinnen auf einem Spaziergang, als die Damen von umherstreifenden Horden überfallen wurden. Zwei von ihnen wurden von den Unmenschen …« Ihm fiel kein Wort ein, das für die Ohren einer Dame passte, aber Sophie ahnte auch so, was er meinte. Sie musste an ihre Hochzeitsnacht denken. Das, was die ältliche Dame mit den roten Wangen und den flatternden Lidern erlebt hatte, musste noch tausendmal schlimmer gewesen sein. Ihr traten Tränen des Mitgefühls in die Augen.
    Irmgard, so erzählte Tomas, hatte die schändlichen Handlungen, die an ihr begangen wurden, überlebt, schien sogar äußerlich ohne Schaden davongekommen zu sein, aber sie weigerte sich seit dem entsetzlichen Vorfall zu sprechen. »Kein einziges Wort«, erklärte er niedergeschlagen. »Sie welkte im Kloster, wo man sich aufopfernd um sie kümmerte, dahin. Und dann erregte sie irgendwann unliebsames Aufsehen, indem sie nämlich darauf beharrte, sich unablässig zu waschen, womit ich meine: nahezu viertelstündlich. Außerdem entwischte sie einmal aus der Klosterzelle, die ihr als Refugium diente, und stahl die Hostien, die die Schwestern buken. Zum Glück waren sie noch nicht geweiht gewesen. Sie stopfte sie in sich hinein – der Himmel mag wissen, warum, denn man ließ sie gewiss nicht hungern. Und sie ist eine gute, gottesfürchtige Frau, damit kein Missverständnis auftritt …«
    »Natürlich ist sie das«, sagte Julius. Er war in der Tür stehen geblieben, wohl weil er spürte, dass seine Anwesenheit die Frau unter der Decke ängstigte.
    »Wir holten sie heim und stellten sie mehreren Doktoren vor und außerdem einem hoch angesehenen, erfahrenen Jesuiten, der als Experte im Bereich des Exorzierens gilt. Aber ihr Zustand scheint sich eher zu verschlechtern, als zu verbessern.«
    Die Frau war doch nicht so reglos, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte. Nicht nur, dass sie Julius angstvoll beobachtete – ihre Hände bewegten sich unter der Decke und verkrampften sich im Stoff.
    Tomas hüstelte. »Ich könnte mir vorstellen, dass es sie beruhigt, wenn eine junge Dame ihr Gesellschaft leistet, die sie pflegt, ihr vorsingt und ihr durch Lesungen aus der Heiligen Schrift Ruhe verschafft. Und um noch einmal auf unsere Überlegungen von vorhin zurückzukommen: Was spräche dagegen, wenn diese Dame schon seit einigen Wochen hier lebt? Seit sie das Haus ihrer Eltern verlassen hat?«
    Julius sparte sich die Scheinheiligkeit zu protestieren.
    »Dein eigener Vorschlag taugt nämlich keinen Pfifferling«, erklärte Tomas. »Selbst wenn du deinen Schützling mit einem Dutzend Haushälterinnen in einem Zimmer eingesperrt

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