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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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recht verstehe?«
    »Das nehme ich doch mal an«, sagte Julius.
    Tomas betrachtete Sophie mit Mitgefühl. Der Fall sei, so erklärte er, nicht einfach zu verhandeln. Denn ein Prozess basiere erstens auf Zeugen und zweitens auf möglichst unstrittigen Indizien, am besten aber auf einem Geständnis. Er fragte noch einmal nach dem Gesinde. Keiner von ihnen würde es wagen, vor Gericht das Treiben der Hexe zu bezeugen? Das war schlecht. Nein, ein Mensch wie Marx von Mengersen, der selbst von der Justiz gesucht wurde, wäre kein Zeuge, auf den er gern zurückgriffe. Ganz sicher nicht. Dann bliebe wohl nur die Klägerin selbst, auf deren gutem Leumund die Klage natürlich bauen können musste …
    Sophie wurde verlegen, als sie begriff, was Tomas mit den in der Luft hängenden Worten sagen wollte. Hilfesuchend blickte sie zu Julius.
    »Sophie begab sich nach ihrer Flucht aus dem Elternhaus verwirrt und erschrocken unter meinen Schutz«, log Julius mit unbewegtem Gesicht. »Ich ließ sie zunächst bei meiner Haushälterin, da ich in eigener Angelegenheit fortmusste. Und als ich zurückkam und herausfand, dass die Dinge sich nicht zum Besseren gewendet hatten, brachte ich sie hierher.«
    Tomas stand auf. Er ging zum Fenster, von wo aus er einen freien Blick auf sein Papageienhaus hatte. »Keine affaire d’amour? Kann ich darauf bauen?«
    Er nickte, als sie gemeinsam mit einem nachdrücklichen Ja antworteten, verschränkte die Hände auf dem Rücken und wippte auf den Fersen. »Ein tadelloser Ruf, das wäre Voraussetzung, wenn die Klage Erfolg haben soll.« Eine Weile stand er sinnend da. Schließlich wandte er sich um und winkte ihnen, ihm zu folgen. »Ich habe eine Schwester«, erklärte er, während er sie durch kleine Zimmer mit wuchtigen, dunklen Möbeln führte, in die nur wenig Sonnenschein fiel, und dann eine Treppe hinab. »Sie ist schon dreimal Witwe geworden, die Arme, und … einsilbig, um nicht zu sagen: stumm. Aber von untadeligem Leumund. Und damit will ich sagen: genau, was in diesem Fall vonnöten ist.«
    Er brachte sie in einen abgelegenen Teil des Hauses bis zu einer Eichentür mit einem festen Schloss aus funkelndem Eisen. Dort kramte er nach einem Schlüssel, den er in das monströse Schloss steckte. Als er ihnen den Blick in den Raum hinter der Tür frei gab, erblickte Sophie zunächst ein Fenster mit schweren Eisengittern. Dann sah sie ein Bett. »Ich weiß, es ist furchtbar«, sagte Tomas betreten. In dem Bett lag, eingehüllt in vielen Decken, eine Frau, die zur Decke starrte und sich nicht rührte.

   s schmerzte schrecklich. Die Männer traten auf Josepha ein und zogen sie dann gewaltsam an den Haaren auf die Füße. Trotzdem hätte sie vor Erleichterung fast geweint, denn die Misshandlung befreite sie aus einem Alptraum, in dem sie sich mit anderen Hexen nackt vor dem Bösen, der auf einem violetten Thron saß, wälzte und ihm ihre Scham darbot, um durch sein eiskaltes Glied seinen Samen zu empfangen und ihm Wechselbälger zu gebären. Der Blick des Bösen war dabei voller Schmeichelei gewesen, und sie wusste, dass er jeden ihrer Gedanken kannte. Ihr war klar gewesen, dass sie die Jungfrau anrufen müsste, die Heiligen, Gott selbst, aber ihr Mund war wie verklebt gewesen und …
    Sie war so glücklich zu erwachen. Doch nicht lange. Der Traum geriet ins Vergessen, als die Männer sie zwischen sich hin und her schubsten und ihr Fausthiebe versetzten. Es waren dreckige Kerle mit verwahrlosten Vollbärten, und sie verfluchten sie und einer heulte ohne Unterlass, dass man sie brennen lasse müsse. Aber der Kleine, der das Kommando hatte, gestattete es nicht, obwohl er aussah, als hätte er es ebenfalls gern gewollt. Er befahl seinen Kumpanen, sie zu packen, und sie zerrten sie durch den nächtlichen Wald.
    Die Bande hatte ihr Lager an einen der sonderbaren Seen verlegt, die wie die Augen des Teufels eingesunken zwischen den Hügeln ruhten. Als sie zu den Nothütten kamen, die die Räuber sich errichtet hatten, sah Josepha, dass ihr Anführer zurückgekehrt war. Er hatte sich in einen Kahn zurückgezogen, der an dem steilen Ufer festgebunden war. Als er Josepha erblickte, erhob er sich, humpelte durch das schwankende Gefährt und ließ sich von einem seiner Kumpane ans Ufer helfen. Mondlicht tanzte auf den Wellen und fiel auf sein Gesicht. Es ließ seine Narben wie schwarze Messerschnitte hervortreten. Josepha dachte daran, wie die Narben zustande gekommen waren, und konnte vor Angst kaum atmen.

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