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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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segelte wie ein behäbiger, dicker Vogel. Teufelswerk! Edith war wieder dabei, sie zu quälen. Sophie zerkratzte sich die Arme, doch Henriette, oder vielmehr: das Trugbild des Kindes, wollte nicht verschwinden. Sie begann zu schreien.
    Das Trugbild löste sich auf. Sophie faltete die Hände und begann zu beten. Jungfrau, Mutter Gottes mein, lass mich  … lass mich … Wie ging es weiter? Sie brachte die vertrauten Worte nicht mehr zusammen. Edith wollte sie offenbar daran hindern, um göttlichen Beistand zu flehen … Jungfrau, Mutter Gottes mein … Sie sprach lauter und schrie es schließlich heraus. … Mutter Gottes mein  … Es half nichts. Nach der ersten Zeile war ein Schnitt in ihrem Kopf. Gott hatte sie verlassen, sie konnte nicht mehr beten. Nun befand sie sich wehrlos in den Fängen der Hexe …
    In diesem Moment hörte sie ein Scharren.
    Sie dachte natürlich zuerst an Edith und Kaspar. Aber das Scharren kam aus dem Schacht hinter dem Gitter. Waren es Ratten, die es hier zuhauf gab? Ein Fuchs oder ein Marder, der in dem Tunnel hinter der Röhre Schutz vor dem Frost gesucht hatte? Am Ende keimte Hoffnung in ihr auf – gepaart mit einer entsetzlichen Angst vor Enttäuschung. Ihr Herz tat einen harten Schlag, als hinter dem eingemauerten Gitter ein Lichtschein sichtbar wurde.
    Sie kroch darauf zu. »Marx?«
    Das Licht kam näher. Sie erblickte eine Fackel, und gleich darauf streckte Marx die Hand durch das Gitter, um ihr Gesicht zu berühren. »Herr im Himmel, also wirklich«, rief er mit weicher Stimme. Seine Augen leuchteten. Er bekam ihre Hand zu fassen und presste sie so stark, dass es weh tat. »Gott verdamm ihn. Gott verdamme mich, dass ich es nicht verhindert habe. Ist dir gut? Bist du unverletzt?«
    Sie nickte, klammerte sich an seine Hand und versuchte nicht daran zu denken, dass sein Besuch keine Rettung bedeutete. Denn niemand konnte das Gitter aus der Verankerung reißen, das war ihr klar. Aber Marx war da. Er schaffte es sogar, sie durch eines der Quadrate zu küssen. Sie musste lachen, dicht am Zustand der Hysterie.
    »Es hilft nichts«, sagte er schließlich, während er sich von ihr löste. »Ich muss jetzt arbeiten. Es eilt, mein Herz.«
    »Lass mich nicht los.«
    »Nur für einen Moment.« Er entriss ihr die Hand und holte eine Pulverflasche aus einem Sack. Sie sah, wie er ein grobes, schwarzes Pulver dort anhäufelte, wo die Stangen in den Boden zementiert waren.
    »Edith sieht uns zu.«
    »Was?« Marx legte den Kopf schräg, um zur Decke des Verlieses zu spähen. Aber dort war natürlich alles dunkel. Begriff er nicht, dass die Hexe sie von jeder Stelle der Burg aus beobachten konnte? Er verband die Häufchen durch eine daumenbreite Linie aus Pulver.
    »Sie ist auch dann da, wenn sie an einem anderen Ort ist. Sie sieht mich durch ein Kristall. Oder durch das Auge einer Katze«, sagte Sophie.
    Marx stellte die Pulverflasche beiseite und drückte ihre Hand. »Nein, mein Herz. Glaub mir, ich würde es spüren.« Sie nickte gegen ihre Überzeugung, und Marx ließ sie los und wandte sich wieder der Arbeit zu. Er tränkte eine Lunte mit Flüssigkeit, worauf ein scharfer Geruch das Verließ zu füllen begann.
    »Lass mich nicht allein.«
    »Im Leben nicht.«
    »Willst du die Burg in die Luft sprengen!«
    »Dafür bräuchten wir einen ganzen Sack von dem Zeug – und wären hinterher so perdu wie alles andere auch.« Er lächelte ihr zu.
    »Lass mich nicht allein.«
    »Tu ich nicht.« Er begann einen Teil der Flüssigkeit auch um das Pulver zu verteilen.
    »Und wenn es zu wenig ist?« Sophie merkte, wie ihr wieder schlecht wurde. Sie würgte, schluckte die Galle herunter und versuchte sich zu beruhigen. Marx, der sie beobachtete, legte alles, mit dem er hantierte, fort und kniete sich so hinter das Gitter, dass er sie ansehen konnte. »Die Nachrichten, die aus der Burg dringen, sind beängstigend. Marsilius ist erkrankt, aber je schlechter es ihm geht, umso mehr drängt er darauf, den Prozess zu Ende zu führen. Er will dich hinrichten – und dann in Ruhe gesund werden. So schätzen die Leute es ein. Kann auch sein, dass er den Verstand verloren hat. Seine Männer haben inzwischen vor ihm fast ebenso viel Angst wie vor der Hexe. Aber ganz gleich, was ist – wir können nicht länger warten. Julius …«
    »Ja?« Sie hörte die Hoffnung in ihrer Stimme. Doch Marx schüttelte den Kopf. »Ich nehme an, er versucht uns zu helfen. Nur wird er nicht rasch genug sein. Wir setzen alles

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