Die Hexe von Hitchwick
Zauber mit ihnen trieb. Mit einem angestrengten Lächeln ging sie auf die beiden Frauen zu, sie entschied, die Sache mit dem Altar erst einmal auf sich beruhen zu lassen. Sugs Blick bedeutete Morgan, dass sie sich hätte beeilen können und sie ihr was schuldig war.
„Noch etwas Tee meine Liebe? Bei Problemen mit der Blase sollte man viel trinken, auch wenn man dann noch öfter und noch länger zum Nase pudern braucht“, sagte Mrs. Cooper freundlich und lächelte Morgan ohne eine Spur hinterlistiger Gedanken an.
Die ist gut, verdammt gut , dachte Morgan und erwiderte die Frage mit einem bejahenden Nicken.
„Mrs. Cooper war so freundlich, mir von dem langen Bestehen von Hitchwick zu berichten und von den alteingesessenen Familien, wie ihrer eigenen.“
„Sind die Smiths auch so eine alteingesessene Familie?“
„Wie man es nimmt. Es gibt die Smiths seit dreihundert Jahren in Hitchwick, allerdings sind sie sehr unstete Gesellen. Es treibt sie immer wieder fo rt, doch bis jetzt sind sie stets zurückgekommen.“
„Sind sie das? Ich meine, Smith ist kein seltener Name, vielleicht haben die einen Smiths mit den anderen Smiths überhaupt nichts zu tun“, warf Sug ein.
„Es sind ein und dieselben Smith. Nehmen sie sich doch bitte ein Minz-Pie oder einen Fairy-Cake. Ach nein, so nennt man die ja nicht mehr. Ihr neumodischer Name lautet Cupcakes. Die backe ich selber.“
War das ein Ablenkungsmanöver? Hatte sie zu viel gesagt? Morgan wusste es nicht, es war unmöglich etwas anderes als Freundlichkeit auf dem Gesicht der alten Dame zu entdecken.
Sug merkte zwar, dass irgendwas mit Morgan los war, trotzdem beschlich sie langsam das Gefühl von unglaublicher Zeitverschwendung. Ihr Magen knurrte und die Cupcakes sahen verführerisch lecker aus, auch wenn es unprofessionell war, sie musste einfach zugreifen.
Morgan verspürte das gleiche Grummeln, allerdings war Sprechen mit vollem Mund nichts, was sie jetzt brauchte. Ein leichtes Unbehagen stieg zudem in ihr auf, wenn sie daran dachte, etwas von dieser Frau anzunehmen und sie hätte auch Sug gerne davon abgehalten, sich diesen köstlichen, kleinen, mit Rosazuckerguss überzogenen Cupcake in den Mund zu stecken. Wobei ihr die Logik sagte, dass Gift im Tee viel wahrscheinlicher war.
„Kannten Sie Jasmine gut?“
„Die Jugend lässt sich mit dem Alter nur selten ein. Sie ist ein höfliches und äußerst hilfsbereites Mädchen, stets nett, mit einem warmen Lächeln. Nun, vielleicht doch nicht immer so stets.“
„Konnten S ie eine Veränderung an ihr feststellen, bevor sie verschwand?“
„Könnte man so sagen. Sie war unaufmerksamer, irgendwie fahrig, wenn sie wissen , was ich meine. Als seien ihr Kopf und ihr Herz voll mit anderen Dingen, die sie ganz für sich einnahmen, gefangen hielten. Es war jedoch nicht die Kopflosigkeit, die von der Liebe hervorgerufen wird. Jasmine wirkte eher gehetzt, die Augen immer weit offen.“
Was würde ich nicht alles für Mikaels Gedächtnis geben, dachte Sug.
Dieser vorletzte Satz erinnerte sie an etwas. Es war nicht sein Inhalt, aber die Art, wie Mrs. Cooper ihn aufgebaut hatte, das kam ihr so unglaublich bekannt vor. Wie hilfreich so ein eidetisches Gedächtnis jetzt wäre. So eine Gabe war an ihr vorbeigegangen, es blieb ihr nur das nervige Grübeln, bis der Kopf rauchte.
„Haben S ie Jasmine am Tag ihres Verschwindens gesehen?“, fragte Morgan mit der Hoffnung, die richtige Frage gestellt zu haben.
„Oh nein. Das arme Ding kam an dem Tag nicht zur Kirche mit, sie erholte sich noch von einer schweren Grippe. Sie müssen wissen, ich wollte auf dem Weg zur Kirche bei den Smiths vorbei, um der Kleinen meinen patentierten Zwiebelhustensaft zu bringen. Das Rezept habe ich von meiner Mutter. Er schmiert die Kehle, wirkt Bakterien abtötend und stärkt die Kräfte. Glauben sie mir, mein Zwiebelhustensaft hat mehr Heilkraft als dieses Fertig-Zeug aus der Apotheke. Ich war allerdings etwas spät dran, deswegen verschob ich mein Vorhaben auf den Abend. Abends mache ich immer noch einen kleinen Spaziergang. Wäre ich bloß vor der Kirche gegangen, ich konnte ja nicht ahnen, was geschehen würde und so entschied ich, nicht zu spät zum Abschiedsgottesdienst von Pfarrer Troy einzutreffen.“
Ein leises Klirren ging von der Tasse aus, die Sug gerade auf den weiß-blau gemuster ten Unterteller abstellte. Angestrengt bemühte sich Morgan die Überraschung und Genugtuung, die sich ihr anschloss, von ihrem Gesicht zu
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