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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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nichts von meiner Bewegung erkennen.
    »Ich bin nur ein Rechtsgelehrter, Madame – durchaus erfolgreich auf meine Weise –, doch ich verfüge weder über Rang noch Gunst, um es zu wagen, ihn zum Duell zu fordern. Und zudem bin ich kein Fechter. Ich bin alt. Und zur Zielscheibe des Spottes geworden. Die Amme meiner Tochter erzählte mir von einer Frau in der Rue Beauregard, welche über Mittel verfüge, meinen Kummer zu lindern. So suchte ich die berühmte Wahrsagerin auf, wenngleich ich mir dabei wie ein Narr vorkam. Ich suchte den Beistand einer Frau, da ich zu schwach war, mich selbst zu verteidigen. Sie bot mir ein Pulver an, um die Liebe meiner Gemahlin zurückzugewinnen. Als ich aber um – Ihr versteht –, um etwas Stärkeres bat, lachte sie. ›Warum Euch für das Leben eines Verführers in Gefahr bringen?‹ fragte sie. ›Eine langsame Rache ist der schönste Genuß.‹ Ihre Zauberkünste hatten sie wissen lassen, daß Comte de Marsan die Spielschulden des Chevalier de Saint-Laurent hält. Er wird gegenwärtig von seinen eigenen Gläubigern bedrängt und ist gewillt, den Schuldschein des Chevalier zum halben Wert zu verkaufen – fünftausend Louisdors; denn er weiß, daß der Chevalier das Geld niemals aufbringen kann. ›Erwerbt den Schein‹, sagte sie, ›und steckt den Chevalier zu den Ratten in den Schuldturm, aus dem er nicht entfliehen kann. Bei Eurer Position bei Hofe könnt Ihr gewiß sein, daß er keine Umgehung des Gesetzes bewirken kann. Denkt an das ausgedehnte Vergnügen, das Euch zuteil werden kann, wenn Ihr ihn von Zeit zu Zeit besucht und seht, wie er in der Finsternis verhungert.‹ ›Fünftausend Louisdors?‹ hielt ich ihr entgegen, ›das ist ein Vermögen. Ich könnte kaum die Hälfte des Betrages aufbringen.‹ Doch die Wahrsagerin sagte mir: ›Ich kenne eine Frau, die für den Chevalier keine Liebe empfindet. Sie wird die andere Hälfte bereitstellen, vorausgesetzt, Ihr haltet ihren Namen geheim und laßt ihre Ehre unangetastet.‹ Und nun bin ich hier, Madame, mit meinem Vorschlag. Steht mir bei, und ich schwöre, er wird das Tageslicht nie mehr erblicken.«
    »Wenn Ihr das schwört, will ich Euch beistehen. Ich kann den Betrag aufbringen. Aber nur unter einer Bedingung.«
    »Ja?« Seine Stimme war angespannt von verborgener Leidenschaft.
    »Daß Ihr mich regelmäßig über seine Leiden unterrichtet. Auch ich will diese langsame Rache genießen«, sagte ich ruhig.
    »Madame, Ihr seid ein Engel vom Himmel.«
    »Nicht ganz«, versetzte ich. »Aber es wird genügen.« Und als wir Zeit und Ort unserer nächsten Zusammenkunft bestimmt hatten, entfernte er sich; sein Gang war schwer, doch seine Augen blitzten in grimmiger Entschlossenheit. Ich lehnte mich zurück und atmete langsam aus. Meine Hände zitterten, als ich den Rest Wein in mein Glas goß und austrank. La Voisin würde mir das Geld mit Vergnügen vorstrecken. Damit würde ich um so länger in ihrer Schuld bleiben. Nun gut, Oheim, dachte ich. Ich hatte mir mehr gewünscht, doch dies genügt. Mögen die Ratten Euch im Schlafe fressen.

    »Jetzt«, rief die Hexenmeisterin, »kannst du die Hände von den Augen nehmen und zum Fenster hinaussehen. Es ist das kleine Haus in der Mitte. Ich möchte, daß du dich ungemein überrascht darüber zeigst, wie vollkommen es ist.« Ihre Kutsche war in die Rue Chariot eingebogen und hielt nun an; ich sah auf ein hübsches, zweistöckiges kleines Stadthaus mit steinerner Fassade und Giebeldach, unter dem sich eine Mansarde verbarg.
    »Und es ist schon so hübsch möbliert. Der Besitzer mußte die Stadt plötzlich verlassen und war hoch erfreut, als ich es ihm abnehmen konnte. Ich wünschte freilich, es läge an einer Straße mit etwas mehr Niveau; aber niemand kann leugnen, daß es im großen und ganzen ein elegantes Viertel ist. Vorerst muß es also genügen.« La Voisins Lakai half uns vor der schweren, verzierten Eichentüre hinaus. Sie war messingbeschlagen, als müsse sie einem anstürmenden Widder standhalten. Auf diesem Festungstor saß ein gar nicht dazu passender zierlicher Türklopfer in Form zweier grotesk zusammengewürfelter Blumensträußchen. Schwere Metalläden verschlossen die zur Straße hinausgehenden Fenster in der ersten Etage. Sie standen in so merkwürdigem Kontrast zu der Leichtigkeit der verzierten gelben Steine, des hohen Daches und der Schornsteine des Obergeschosses, daß Sylvie und ich uns unwillkürlich ansahen.
    »Der Klopfer muß selbstverständlich weg«,

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