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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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gab sich geschäftig, wie immer, wenn sie lauschen wollte.
    »Ich habe ihn nicht quittiert. Ich wurde urplötzlich an die Luft gesetzt, von ihrem Gemahl. Als die Königin ein schwarzes Kind bekam, ließ der Bedarf an Mohrenzwergen merklich nach. Es änderte auch nichts, als bekanntgegeben wurde, das Kind der Königin habe sich im Mutterleib schwarz verfärbt, als der kleine Mohr hinter einem Schrank hervorgesprungen sei und sie erschreckt habe. Ehemänner denken ja so prosaisch. Sie wollten ihre Gattinnen nicht der Gefahr aussetzen, auf dieselbe Weise erschreckt zu werden! In der ganzen Stadt waren die Zwerge ohne Arbeit. Ich hätte mich wohl dem Trunk ergeben wie die anderen – aber ich hatte ja meine Jahrmarktskünste, auf die ich zurückgreifen konnte.«
    »Und die wären?« Ich fing an, mich beträchtlich über den geschwätzigen kleinen Kerl zu ärgern.
    »Dies«, sagte er. Die kleinen Hände fuhren blitzgeschwind über seinen Leib. Ich sah kaum, wie die verborgenen Messer an meinem Kopf vorbeischnellten, ehe sie sich in einem Muster, das den Pinnen eines Kompasses glich, in die Wand bohrten. »Wenn ich den Turban trage, kann ich ein weiteres halbes Dutzend verstecken«, sagte er ruhig. Sylvie machte vor Erstaunen große Augen. Sogar Gilles hatte die Pfeife aus dem Mund genommen.
    »Ihr seid engagiert«, sagte ich.
    »Fein. Ich trage Eure Schleppe, wenn Ihr ausgeht. Ich werde die Eleganz Eurer Erscheinung erheblich steigern. Und wenn ich nicht gebraucht werde, verstehe ich mich gut darauf, mich in Winkeln zu verstecken und zu lauschen. Ich kann ungesehen Briefe überbringen und Geldbeutel von Grund auf leeren. Ganz zu Euren Diensten, Madame.«
    »Mustafa, ich bitte um Verzeihung, daß ich dich falsch beurteilt habe.«
    »Eine höfliche Marquise? Madame, Eure Herkunft verrät Euch.«
    »Du bist ein gräßliches kleines Ding, Mustafa, aber das bin ich auch. Ich denke, wir werden uns verstehen.«

    Am nächsten Morgen gab ein Page in Blau und Silber ein Schreiben auf wappenverziertem Briefpapier ab. Es war eine Aufforderung der Marquise de Montespan, sie am nächsten Tag in ihrem Hause in der Rue Vaugirard aufzusuchen. Es war wie ein Befehl, dem man sich nicht verweigern durfte. Ich wagte nicht, es La Voisin zu sagen. Während Sylvie mich frisierte, versorgte sie mich mit Auskünften für den Besuch: In dem großen Haus in der Rue Vaugirard waren Madame de Montespans Kinder untergebracht – jahrelang geheim, jetzt öffentlich. Die Witwe Scarron, eine arme Freundin von Madame de Montespan, war als Gouvernante eingestellt und für ihre Dienste in den Rang der Marquise de Maintenon erhoben worden. »Aber denkt Euch«, bemerkte Sylvie, »sie mußte den Schein wahren, woanders zu wohnen, die ganze Zeit, während sie in Wirklichkeit in der Rue Vaugirard die vielen Kinder großzog.« Dort, in ihrem Pariser Haus bei ihren Kindern, hatte Madame de Montespan sich verkrochen, als der König sie fallenließ. Ich sah im Spiegel meiner Frisiertoilette zu, wie meine unordentlichen Locken in die altmodische Haartracht der Marquise der Morville verwandelt wurden, und sann über meine vertrackte Lage nach.
    »Nicht wahr, Sylvie, du wirst La Voisin nichts von dieser Visite erzählen? Ich weiß, daß sie Madame de Montespan selbst einen Besuch abzustatten gedachte, und du weißt, wie zornig sie wird, wenn sie meint, jemand mache ihr das Geschäft abspenstig. Wie du weißt, habe ich einen Befehl erhalten, ich habe nicht darum ersucht.«
    »Oh, sie ist gestern sehr in Rage geraten, als ich es ihr erzählte, aber ich habe gesagt, ›besser meine Gebieterin als die gräßliche La Bosse mit ihren Karten oder eine Handleserin von Gottweißwo. So bleibt sozusagen alles in der Familie, und es wird letzten Endes zu Euch zurückkehren.‹ Und sie hat sich sogleich beruhigt – seht Ihr? Ich setze mich für Eure Belange ein. Je weiter Ihr es bringt, desto besser bin ich gestellt. Ich wünschte, ich hätte so eine Gabe wie Ihr – ich würde keinen Tag mehr Zofe bleiben, das sage ich Euch. Ich sehe, was Ihr einnehmt. Ich kann nicht in die Zunft der Parfümeusen gelangen, und niemand mag die Geheimnisse der Schönheitsmittel umsonst preisgeben oder ein mittelloses Lehrmädchen aufnehmen. Aber La Voisin hat mir aus der Hand gelesen, daß es mir nicht bestimmt ist, eine Dienerin zu bleiben. Eines Tages werde ich über Hunderte gebieten, so wie sie, und in einer Kutsche fahren und nur noch die erlesensten Sachen essen und trinken. Deswegen helfe

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