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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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verdorbener Fisch. Ich wandte den Kopf ab.
    »Wie meint Ihr das? Wir haben nichts miteinander gemein.«
    »O doch. Ich brauche Geld, und Ihr könnt Lotterienummern im voraus lesen.« Ich bemühte mich, majestätisch auszusehen, verlor jedoch auf dem glatten Marmorboden des Korridors den Halt.
    »Wenn Ihr Glück im Spiel benötigt, ich kenne da eine Frau, die kann –«
    »Zur Hexenmeisterin der Rue Beauregard gehen und eine Glückshand kaufen, wie? Ich habe schon eine.« Er kramte in seiner Tasche und schwenkte das abstoßende verschrumpelte Ding vor meinem Gesicht. »Ich habe auch ihre – tieferen Geheimnisse ausprobiert. Die schwarze Messe, die Anrufung der dämonischen Geister.« Er lachte, und ein Schwall des gräßlichen Gestanks wehte zu mir. »Ich will Euch ein Geheimnis anvertrauen, Marquise. Sie taugen auch nicht weniger als Père Bossuets Gebete an einem Sonntagmorgen am Altar. Gott hat uns verlassen. Der Teufel ebenso. Nicht einmal Abbé Guibourg kann den Teufel für mich heraufbeschwören, wie? Er geht, wohin er will. Seine satanische Majestät. Aber Ihr, Ihr seid aufrichtig. Ich bin Euch gefolgt, ich habe Eure Prophezeiungen gehört und in Erfüllung gehen sehen.«
    Mein Gesicht ließ meinen Abscheu erkennen.
    »Tut Euch mit mir zusammen, und ich schenke Euch Wonnen, wie Ihr sie nie zuvor gekannt habt –« Er stieß mich mit seinem Leib gegen die Wand und versuchte, mein Kleid aufzunesteln, indes er mich wieder und wieder auf den Hals küßte. Gesegnet seien die steife Halskrause, der schwere Brokat und die Eisenreifen eines vergangenen Jahrhunderts – sie machten es ihm schwer, als ich zappelte, um mich zu befreien.
    »Ihr wollt die kleine Goldmine wohl ganz allein mit Beschlag belegen, wie? Gedenkt Ihr Eintritt zu erheben? Ist das Eure Art, einen Freund zu entgelten, Brissac?« Die salbungsvolle Stimme des Duc de Nevers bewirkte, daß Brissac mich losließ und herumfuhr.
    »Madame, Euer Spazierstock.« Duc de Nevers verbeugte sich und zog schwungvoll den Hut, dann reichte er mir meinen Stock, der bei dem Gerangel zu Boden gefallen war. Das war mir nur recht, denn mit dem eisernen Korsett hätte ich mich nicht bücken können.
    Brissac faßte seinen Gönner ins Auge und richtete förmlich das Wort an mich: »Madame, bedenkt die Vorzüge, die eine Zusammenarbeit mit mir unter der Patronage des überaus illustren Duc de Nevers mit sich bringt. Die Patronage von Frauen wird Euch nicht lange schützen. Eure Gabe erregt Aufmerksamkeit – Habgier. Ihr braucht einen Herrn von Stand als Beschützer. Ihr seid elegant – ich kann Euch noch eleganter machen. Mit den richtigen Verbindungen könntet Ihr eine königliche Pension erlangen. Ich kann Euer Leben zu einem Reigen von Lustbarkeiten machen.«
    »Lustbarkeiten? Wie vulgär.« Ich wandte mich ihm mit überheblicher Miene zu. »Wenn Sinnlichkeit Lust bedeutet, dann sind Tiere glücklicher als Menschen; das Glück der Menschen ist in der Seele, nicht im Fleische beherbergt.«
    Duc de Nevers, der mit ironischem Gleichmut zugesehen hatte, sprach: »Meine Güte, der gräßliche Seneca. Wie kurios. Eine gelehrte Dame. Womöglich eine gräßliche kleine précieuse? Ich hoffe, Ihr schreibt keine grauenhaften Gedichte über Lämmlein im Frühling, wie die lächerliche Madame Deshoulières.« Ein herablassendes Lächeln huschte über das Antlitz des Duc de Nevers. Seine Augen, die verräterischen Mancini-Augen, waren hinter den dunklen, gesenkten Lidern halb verborgen.
    »Ich lese gelegentlich Philosophie zur Erbauung meines Geistes.« Ich hoffte, meine Stimme klang eisig und würdevoll.
    Brissac entgegnete mit satyrischem Lächeln: »Gar noch köstlicher. Eine Frau mit kaltem Verstand, angefüllt mit dem Wissen des Altertums, und einem Gesicht wie eine alte Maske. Aber ich, Brissac, weiß, daß unter dem starren Marmor ein heißblütiges Herz schlägt –« Er kam näher, und seine Stimme war schmeichelnd. »Ich verstehe mich darauf, Feuer in diese eisigen Adern zu bringen, Madame. Ich kenne das Geheimnis der Leidenschaft, das Geheimnis, das die Untoten ins Leben zurückruft – ich kann das Werk vollenden, das die Alchimie nur begonnen hat – ich kann Eure Jugend wiederherstellen. Bedenkt dies; verlangt es Euch nicht, abermals von Begehren und Leidenschaft zu erbeben wie einst in Eurer Jugend Blüte?« Seine Augen, welche die meinen fixierten, waren mehr als nur ein wenig wahnsinnig. Etwas an ihm machte meine Seele schaudern.
    »Ich werde es bedenken, doch es

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