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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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Rechtsdokumente – sehr wichtig, so rückständig, wie die Gesetze für uns Frauen sind. Ich würde niemals ohne Gemahl sein wollen. Die meinen waren alle von großem Nutzen. Freilich, sie müssen ernährt werden. Man halte sie stets satt, mit schwerer Kost. Das beruhigt sie. Du wirst natürlich eine gute Köchin einstellen müssen. Aber das ist eine kleine Aufwendung für eine unangreifbare gesellschaftliche Position.«
    »Ich bezweifle, daß Brissac nur herumsitzen und essen wird. Er ist überall im Hause, wie eine Küchenschabe – er schießt aus dunklen Ecken hervor, intrigiert, nimmt sich Geliebte und verstreut Geld in der ganzen Stadt, sofern er welches hat.«
    »Meine Liebe«, sagte sie und legte ihre Hand auf meine, »denkst du, ich würde dir eine solche Verbindung vorschlagen, wenn du nicht ein Mädchen wärst, das seine fünf Sinne beisammen hat? Memmen und alte Leute läßt man auf lahmen, alten Schindmähren aufsitzen – aber ein Vollblut, lebhaft, rassig, kaum zu bändigen, sollte von niemand anderem als dem glänzendsten Reiter geritten werden. Glaube mir, er ist dir unterlegen – aber als Paar – ah! Was für ein Paar! Gefährlich, brillant, elegant – wie ein Komet werdet ihr über den Himmel von Paris rasen! Und am Ende wirst du Macht besitzen!« Ihre schwarzen Augen glitzerten, und ich fühlte mich von der Idee angezogen wie eine Nadel von einem Magneten. Als ich ihre glühenden Augen betrachtete, huschte ein kleines Lächeln über ihre Lippen, und mich durchzuckte der Gedanke: Sie erlebt durch dich ihre Jugend wieder. Die Schattenkönigin, neu erschaffen, so, wie sie gerne gewesen wäre. Keinen armen, gescheiterten Juwelier zum Gemahl, sondern einen adeligen Satanisten, brillant und gefährlich, ein ebenbürtiger Gefährte. D'Urbec, der lästige, aufrichtige, berufsmäßige Kollekteur von Klatschgeschichten, hatte richtig geurteilt. Ich war ausersehen. Und je hochfahrender ihre Pläne, desto weniger duldete sie Versagen. Ich mußte das Spiel mitspielen, wollte ich nicht auf dem Gebeinhügel auf dem Cimetière des Innocents enden.
    »Ich will mein Bestes tun, aber Ihr wißt, ich verstehe nicht zu kokettieren. Ich kann nicht durch meine Wimpern zu einem Mann aufschauen und vorgeben, er sei klüger als ich. Ich sage, was ich denke. Die Männer finden mich nicht hübsch.«
    »Hübsch? Das ist es nicht, worauf es ihm ankommt, meine Liebe. Nur Geld. Lasse einfach die Namen einiger Salons fallen, in denen du in jüngster Zeit verkehrt hast. Lasse ihn ein paar Kunststücke mit Karten machen – sieh zu, ob du sie in einem Weinglas lesen kannst. Sage ihm, du seist nicht sicher, gut lesen zu können, wenn du nicht glücklich bist – etwas in dieser Art. Lasse ihn wissen, daß du keine Närrin bist, die mit ein paar billigen Küssen zu erobern ist, und daß er hart um dein Können feilschen muß.« Sie klappte ihr Hauptbuch mit einem gekünstelten Lächeln zu. »Sei schlau – ja, höre auf mich, und es wird dir wohl ergehen.«
    An diesem Abend kam mein Verstand nicht zur Ruhe. Die Schattenkönigin und ihr Hauptbuch, Brissac und seine abstoßenden Hände, der blendende Lamotte, unsagbar schön in gelber Seide, Vater auf seinem Totenbett, Großmutters Papagei, der »Gerechtigkeit! Gerechtigkeit! Feuer und Schwefel!« schrie. Marie-Angélique, im Luxus weinend. Die schweren Schritte auf der Treppe und das Echo von Onkels schauderhaftem Gelächter. Und Augen. Dunkel, abschätzend, kühl und beleidigend. Eine Stimme, die sprach: Ihr seid ausersehen. Wo werdet Ihr enden? Florent d'Urbec. Hol ihn der Teufel. Ich hasse Leute, die recht haben.
    Am Morgen brachte mir Sylvie auf dem Tablett mit meiner Schokolade einen Brief. Das Papier war dick und schwer, und das Petschaft hatte Sylvies Neugier standgehalten. Ich fühlte ihren Atem an meiner Schulter, als ich mich im Bett aufsetzte, um die vertraute, weitschweifige simple Handschrift zu lesen.

Liebste Schwester!
    Mein Glück ist vollkommen. Ich bin gerade aus Fontainebleau zurückgekehrt. Nie wurde mir solche Gunst und Zärtlichkeit zuteil. Mein Freund hat mir ein herrliches Smaragdhalsband geschenkt und versichert mir, daß ich die Königin seines Herzens bin. Welch großmütige Herablassung seitens eines so hochstehenden Mannes, und aus einer so alten Familie! Ich zweifle nun nicht mehr daran, daß ich trotz meines Mangels an Stand und Abstammung bald maîtresse en titre sein werde. Und, Schwester, weil Deine Mächte unfehlbar sind, bist Du die erste, der

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