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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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nicht gerne denkt, so wenig förmlich er auch begangen wird.
    »Dies sind die Männer, denen wir vertrauen können, Geneviève. Wir haben miteinander zuviel durchgemacht, als daß es anders sein könnte.«
    » – aber die Herzogin –«, brachte ich hervor.
    » – wird entzückt sein, sollte es ihr je zu Ohren kommen«, ergänzte Lamotte. »Sie verabscheut La Reynie und alles, was er tut.«
    »Eine Familienfehde zwischen den La Reynies und den Bouillons – um Land und Steuern, glaube ich«, fügte Florent hinzu. Lamotte, noch fülliger geworden, aber immer noch prachtvoll, in reichbestickten weiten Kniehosen und einem blauen Samtumhang mit feuerrotem Satinfutter, trat einige Schritte vor.
    »Und –«, sagte er zögernd, »ich schulde Euch eine Entschuldigung. Euch beiden. Es ist das wenigste, das ich tun kann, um Abbitte zu leisten. Neid, d'Urbec, macht einen Menschen zum Narren. Und ich habe – viele Male – einen schrecklichen Preis gezahlt, schlimmer gar als den, den mir mein Gewissen auferlegte.« In dem rasch verdämmernden Licht sah sein Gesicht abgespannt und traurig aus. »Alles, worum ich bitte, ist, wenn Ihr meine Sünden aufzählt, rechnet Hartherzigkeit nicht dazu.«
    »Nun aber Schluß mit der Gewissenserforschung, mein lieber Chevalier«, sprach Florent, »wir müssen zur Sache kommen, und Père Tournet läßt sich nicht gerne aufhalten.« Von seiner Flasche abhalten, dachte ich, während der alte Priester stolpernd und stotternd die Zeremonie vollzog. Panik wallte in mir auf, als er die Worte herunterleierte. Mein Mund war so trocken, daß fast kein Laut herauskam, und tonlos gab ich die Antworten. Des Priesters Knollennase und seine mottenzerfressenen Gewänder, Florents dunkles, von Sorge gezeichnetes Gesicht in dem flackernden Licht, der Kerzenschein, der sich in Gitter und Vergoldung spiegelte, das alles schien gar seltsam durcheinanderzuwirbeln. Ich hatte ein furchtbares Gefühl im Magen, und meine Knie wurden schwach.
    Als ich wieder zu mir kam, flößte man mir Branntwein ein, und ich würgte. »Ah, sie hat die Augen geöffnet«, sagte jemand. »Ihr wart ohnmächtig, Madame d'Urbec«, vernahm ich die Stimme des Priesters, »ein nicht ungewöhnliches Vorkommnis bei Vermählungen. Freilich, peinlicher ist es, wenn es dem Bräutigam widerfährt.«
    »Madame d'Urbec? Ich bin vermählt?«
    »Allerdings. Regelrecht. Rechtmäßig. Verbrieft und besiegelt.« Florent half mir vom Fußboden auf. Sein Gesicht war besorgt. »Geneviève, ist dir wohl?« fragte er sanft.
    »O Florent – vermählt – es kann nicht sein – ich liebe dich zu sehr – was wird nun aus uns werden?«
    »Ich kann für dich sorgen, und wir werden glücklich sein, das ist alles«, sagte er, indes er die Locken zurückstrich, die mir ins Gesicht gefallen waren.
    »Aber – aber, wie soll –«
    »Es kann gutgehen, wenn du es willst, Geneviève. Versuche es, ja? Laß uns um meinetwillen versuchen, glücklich zu sein.« Aber ich konnte mich nur an seinen Umhang klammern und weinen. Und als er mich in seine Arme nahm, vernahm ich Lucas' Bemerkung:
    »Dies, mein lieber de la Motte, ist ohne Zweifel die merkwürdigste Braut, der ich je begegnet bin.«

    Nach der Heirat führte ich ein eigenartiges Leben: Florent behielt sein Quartier, und ich führte meinen eigenen Haushalt weiter. Alle mutmaßten, wir hätten eine schamlose Affäre. La Reynie wurde meiner nichtssagenden Berichte überdrüssig und überließ mich einem Untergebenen, den ich in einem Hinterzimmer des Palais de la Reynie traf, einer weitläufigen Privatresidenz, die als zweites Zentrum polizeilicher Tätigkeiten diente. Wenn ich in meiner stinkenden Verkleidung über die Hintertreppe kam, begegnete ich anderen verkleideten Spitzeln aus allen Ständen, maskierten Damen und wuterfüllten Seelen, die auf Rache sannen. Der Innenhof war oftmals gedrängt voll von den Kutschen von Baumeistern und Planern, denn die Polizei befaßte sich auch mit Bauarbeiten für öffentliche Einrichtungen, mit der Speisung der Armen und mit Gewerbeverordnungen.
    Eines Tages im Spätfrühling des Jahres 1678 aber sah ich mich wieder einmal dem Polizeipräfekten persönlich gegenüber. Diesmal war er wie ein Edelmann gekleidet, er trug ein Habit aus braunem Samt mit Spitzen an Hals und Ärmeln, und er wirkte unwillig.
    »Ich würde meinen, Mademoiselle, daß jemand von Eurem Stande des Geruchs dieser abscheulichen Kostümierung überdrüssig würde«, sagte er und befahl einem Lakaien, ein

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