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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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goldbetreßten Umhang und einem breiten Federhut war aus der Kutsche gestiegen.
    »Nein – es ist Florent! Er ist wieder da!« jubelte ich und eilte, ihm die Türe zu öffnen.
    Nach zahllosen Umarmungen sah d'Urbec sich um und bemerkte sachte: »Mich dünkt, hier hat sich etliches verändert, nicht wahr? Nun ja, ganz Europa verändert sich. Hast du von der Vermählung des Prinzen von Oranien mit der englischen Prinzessin Maria gehört? Gänzlich unerwartet. Es heißt, sie seien mit nur wenigen Zeugen in die Kapelle geeilt. Aber es ist plausibel. Der König hatte ein Komplott geschmiedet, die Prinzessin nach Frankreich entführen zu lassen, um sie zur Vermählung mit dem Dauphin zu zwingen.«
    »Florent, ich habe die Hochzeit vor Monaten prophezeit. Damit hat all mein Verdruß begonnen.«
    D'Urbec machte ein unduldsames Gesicht, als glaubte er kein Wort. »Weißt du«, sagte er, »halb Europa war überrascht, wie ruhig der König die Kunde aufnahm, beinahe, als hätte er es schon gewußt. ›Die Bettler haben sich gefunden‹, sagte er, das war alles. Wirklich verblüffend, wenn man bedenkt, wie enttäuscht er gewesen sein muß. Er hatte geplant, die Gunst des Heiligen Vaters zu gewinnen, indem er England wieder zum Katholizismus bekehrte. Erstaunlich –« D'Urbec schüttelte den Kopf. »Der König muß überall Spione haben. Wenn der Prinz von Oranien in seinem eigenen Kabinett einen Schluckauf hat, wird es dem König vor Ablauf der Woche zugetragen.«
    »Auch das hat mit meinem Verdruß zu tun, Florent. Laß dir beim Mahle alles erzählen.«

    »Nun«, erklärte d'Urbec heiter, indes er die letzten Knochen des Kapauns abnagte und sich die Finger an der Serviette abwischte, »es gibt nur einen Ausweg aus deinem Problem.«
    »Ja, hinaus aus Paris, ich bin hier gefangen wie ein Hund an der Leine.« Wir befanden uns in einem Separee im rückwärtigen Teil eines eleganten Restaurants. Es hatte mich erleichtert, erzählen zu können, was sich zugetragen hatte. Ich legte es dar wie ein Puzzlespiel, um seinen Geist anzuregen: die Drohungen der Polizei, die Intrigen, der Hang der Schattenkönigin, Personen, die ihr mißfielen, verschwinden zu lassen, die Spione, des Königs gefährliches Versprechen.
    »Nein«, sagte er, »zuallererst mußt du dich vermählen – vorzugsweise mit mir.«
    »Was könnte das helfen? Ich dachte, du seist ein brillanter Geist, aber jetzt zeigt sich, daß du nur denkst wie ein Mann.«
    »Und das ist eine sehr gute Art zu denken«, meinte er lachend. »Lasse es dir beweisen. Erstens: Wenn du verheiratet bist, hat dein Bruder als Oberhaupt der Familie keinen Anspruch mehr auf deinen Besitz, noch hat er das Recht, dich wegen des skandalösen Lebenswandels, den du, nebenbei bemerkt, führst, in ein Kloster einzusperren. Damit ist La Reynie keine Bedrohung mehr für dich. Zweitens: Als dein Ehemann kann ich deinem Erbe nachspüren, da es meines wird. In Frankreich würde dies jahrelange Prozesse und Bestechungen bedeuten. Doch im Ausland wäre es viel einfacher, da dein Bruder keinen Zugriff hat – tatsächlich weiß er nichts von Cortezia und Benson.«
    »Aber – aber –«
    »Nein, höre mich zu Ende an. Es gibt noch einen dritten Punkt. Die Wachleute an der Grenze richten ihr Augenmerk hauptsächlich auf Güter, die ins Land hinein-, nicht auf Verbrecher, die aus dem Land herausgeschmuggelt werden. Du könntest die Stadt jederzeit verlassen, wenn du einverstanden wärst, verkleidet und nur mit dem, was du am Körper versteckt tragen kannst, zu fliehen. Madame de Morville, ihre Kutsche, ihre Bedienten, die sind überall bekannt. Geneviève Pasquier zu Fuße wäre nahezu unsichtbar, vor allem dann, wenn sie ihrem Verlangen, zwei Ringe an jedem Finger zu tragen, widerstehen könnte. Aber du schreckst vor dem Zigeunerleben zurück, Athena; du hegst eine sehr verständliche Furcht, in einem fremden Land in einem Straßengraben zu sterben –«
    »Und wenn ich es tue?«
    »Die Liebe zum Materiellen hat dir deine Fluchtwege versperrt, Athena. Du hättest die exzellente geistige Materie, die dir Monsieur de la Reynie geboten hat, genauer studieren sollen.«
    »Das ist es nicht – aber meine Bücher, mein Silber – allein der Wert der Möbel –« Hier legte er seinen Finger auf meine Lippen und brachte mich zum Verstummen.
    »Da haben wir den Beweis, meine Liebste. Nun darfst du nicht vergessen, ich bin ein Experte, wenn es gilt, Güter heimlich ins Ausland zu schaffen. Ich kann jedoch nichts

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