Die Hexe von Paris
womöglich deine Hemden zu einer anderen Wäscherin tragen.«
»Ach, sei unbesorgt, ich habe ihr nur meine Absichten kundgetan, weiter nichts. Ich wollte dich aus deinem Kontrakt loskaufen. Man sollte meinen, sie würde ihn gerne veräußern, schließlich ist sein Wert in letzter Zeit gesunken. Aber das lastet sie mir an. Sie weigerte sich, und es gab eine Szene. Sie hat mich gewarnt, ich solle nur ja nicht die Absicht hegen, dich zu heiraten. Aber ich habe über Recht und Gesetz geredet, bis ich mein Ziel erreichte. Sie holte den Kontrakt hervor, um mir zu zeigen, daß er rechtmäßig war. Und so fand ich heraus, wo sie ihn aufbewahrt.«
»Florent«, sagte ich erschrocken, »versuche um Gottes willen nicht einzubrechen, um ihn zu stehlen – das kann dich dein Leben kosten. Schlimm genug, daß sie glaubt, wir haben eine Affäre –«
»Sylvie, bitte noch eine Schokolade – die erste war vorzüglich«, sagte d'Urbec nonchalant, und als sie hinausging, bedeutete er mir, vorsichtig zu sein. »Du mußt mir schon zutrauen«, sagte er leise, »daß ich die Schattenkönigin überlisten kann. Wenn ich Desgrez mit all seinen Leuten zum Narren halten und dich aus den Stadtmauern von Paris herausbringen kann, dann kann ich gewiß auch ein paar Papiere beschaffen.«
»Florent, ich bitte dich – du mußt nichts übereilen – es ist nicht wichtig.«
»Im Gegenteil, es ist sehr wichtig, und das weißt du. Es ist die einzige schriftliche Verbindung zwischen dir und La Voisin. Alles übrige sind Gerüchte. Halb Paris ist in ihrem Hause gewesen, und nicht einmal La Reynie wird halb Paris verfolgen. Ich will den Kontrakt, und ich will das Hauptbuch, das mit P bezeichnet ist.« Ich war entsetzt. Wie sollte er mich noch lieben können, wenn er sähe, was darin stand?
»Das weißt du?« stieß ich hervor.
»Ich muß über alles Bescheid wissen, was dazu führen könnte, daß ich dich für immer verliere, Geneviève. Ich habe zu lange gewartet, um nun auf alles verzichten zu müssen.«
»Aber es kann nicht dringend sein. Sie haben La Bosse und La Vigoreux vor über einem Monat ergriffen, und Madame haben sie nicht behelligt, auch keine von den Ihren. Es ist genau wie vor zwei Jahren, als sie de Vanens wegen Falschmünzerei festnahmen. Sie entdeckten, daß er ein Giftmischer war, aber es wurde nicht weiter verfolgt. Die Wolke zieht vorüber, Florent. Es wäre besser, meine Gemälde zu verkaufen, statt Zeit zu vergeuden mit dem Versuch, ein Buch in die Hände zu bekommen, das sie nicht herausgeben wird.« Florent nickte, und ich dachte, damit sei es abgetan.
Der Februar ging vorüber, und waren die ersten Märzwinde auch rauh, so spürte man doch schon einen Hauch von Frühling. Nicht mehr lange, nicht mehr lange, sagte der Wind, und es wird Blumen geben, und Fisch wird einen Platz auf dem Speisezettel einnehmen. Florent kam – zu meinem Bedauern – mit dem Verkauf meiner Gemälde trefflich voran, und er veräußerte auch ein großes Buffet, das keinem Zweck mehr diente, nachdem es kein silbernes Service mehr enthielt.
Eines späten Vormittags, nachdem meine einzige Klientin sich verabschiedet hatte, wischte Sylvie vor sich hin summend Staub. Das war eine Abwechslung. Astaroth staubte nicht gerne ab, weil er sich weigerte, sich zu bücken.
»Sylvie, du bist so heiter heute morgen, wo ist Astaroth?«
»Astaroth? Oh, er besucht seine Familie.«
»Dämonen haben Familie?«
»Natürlich – wäret Ihr von einem besessen gewesen, dann wüßtet Ihr es. Astaroth hat Dutzende Ehefrauen und noch mehr Geliebte, ganz zu schweigen von Kindern, Cousins und Cousinen, Brüdern, Onkeln und Tanten, und obendrein hat er eine sehr wichtige Stellung zu behaupten – er ist der Herr über Legionen von Teufeln. Das alles kann einer nicht ohne Arbeit bewältigen – obwohl er eigentlich lieber in Paris ist.«
»Jeder, der bei Verstand ist, ist lieber in Paris«, erwiderte ich. »Hast du das schwarze Taftkleid herausgelegt? Ich gehe heute nachmittag zu einer privaten Lesung ins Palais de Soissons.«
»Das ist ein Zeichen, daß es Frühling wird – alle wollen einen neuen Liebsten und eine Lesung. Ihr werdet wieder wohlhabend. Ihr wäret es jetzt auch, wenn Ihr diesen Berufsspieler nicht aushalten würdet – nicht daß ich ihn nicht leiden könnte, bewahre! Aber so etwas! Das Bild, das Ihr so gerne hattet! Eine regelrechte Liebessklavin seid Ihr geworden. Wäre Madame nicht so beschäftigt, sie würde ein Wörtchen mit Euch reden.«
»Ich
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