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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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eingelassen«, erklärte La Trianon.
    »Genug, genug, die Zeit drängt.« Und ich besaß gerade noch genug Geistesgegenwart, um meine Flaschen vom Arbeitstisch zu nehmen, bevor wir zu meiner Kutsche eilten.

KAPITEL 35
    N anu«, sagte die Schattenkönigin, »was verschafft mir die Ehre?« Die Hände in die Hüften gestemmt, den Kopf zur Seite geneigt, stand sie vor ihrem großen Wandbehang mit der Magdalena und betrachtete uns, als seien wir Händler mit einer verspäteten Lieferung. Ein Kindermädchen führte ihr jüngstes Kind am Gängelband; es spielte mit einem Holzvögelchen an einer Stange, das die Flügel ratternd auf und ab bewegte. Eine von Madames getigerten Katzen rieb sich an meinen Füßen. Der alte Montvoisin und seine Tochter saßen in der Ecke und sahen uns mißtrauisch an.
    »Catherine, wir müssen dich alleine sprechen.« La Trianons Stimme klang dringlich. Antoine Montvoisin sah uns nach, als La Voisin in ihr Kabinett voranging. Sie schloß die Türe hinter uns, dann zündete sie mit Glutstückchen aus dem Kamin die Kerzen in den Wandhaltern an und zog die karmesinroten Vorhänge vor das kleine Fenster.
    »So«, sagte sie, »jetzt sind wir ganz ungestört. Hoffentlich seid ihr nicht gekommen, um mir mein großes Werk auszureden.« Im Licht der Kerzen glühten ihre Augen wie brennende Kohlen. Dieses Glühen verursachte mir eine Gänsehaut. Mir schien es wie Irrsinn.
    »Catherine, die kleine Marquise hatte eine Vision im Glase. Du wirst brennen.«
    »Eine Vision? Du elendes kleines Ding, wer hat dir erlaubt, dich in meine Geschäfte einzumischen?« In ihrem Antlitz flackerte der Zorn des Wahnsinns.
    »Nein, nein, Catherine. Das war ich. Dein Wohl liegt mir am Herzen. Ich bin deine älteste Freundin.«
    »Gewesen, meinst du. Du wolltest immer, daß ich klein und ungefährlich bleibe. In deiner Reichweite. Wann hättest du es je unterlassen, mich davor zu warnen, groß zu werden? Erinnerst du dich an die erste schwarze Messe, die ich für La Montespan ausgerichtet habe? Sie bescherte ihr den König – und begründete mein Vermögen. Du aber hast versucht, mich zurückzuhalten – von Ruhm und Glanz.«
    »Madame, ich bitte Euch. Rettet Euch. Rettet uns!« rief ich.
    »Und da spricht unsere kleine Memme, die für weiche Betten und Linnen schwärmt, für edlen Wein und leicht zu erobernde Geliebte. Du warst nie für Größe bestimmt. Es war töricht von mir, dich aus dem Schnee ins Haus zu holen.«
    »Madame, ich sah Euch in Flammen.«
    »Aber wann sahst du mich in Flammen? Morgen, nächstes Jahr, oder vielleicht in einem Jahrzehnt? Deine Visionen sind unvollständig – sie zeigen zuviel und zuwenig zugleich. Merke dir, ich werde nicht wegen dieses großen Unterfangens brennen, sondern wegen etwas ganz anderem. Warum soll ich mich gegen mein Schicksal auflehnen? Nein, ich begrüße es – und mit ihm meinen ewigen Ruhm.«
    »Aber Madame, die Bilder lassen sich ändern. Schlagt einen neuen Weg ein. Gott gibt uns nicht nur ein Schicksal, sondern auch einen freien Willen, wir haben die Wahl –«
    »Pah! Was soll dieses Gefasel? Kein Wunder, daß der Dämon dich nicht wollte. Du lebst in Büchern, Mademoiselle, und nicht im Leben. Gott, wahrhaftig! Und nun bist du auch noch Expertin für Theologie, zu allem anderen! Nein, ich werde mich sputen mit dieser großen Tat, und ich werde belohnt mit –«
    »Dem Tode, Madame.«
    »Nein, du Närrchen. Mit Achtung.« Die Hexenmeisterin stand hoch aufgerichtet, den Kopf zurückgeworfen, die Nasenlöcher gebläht, mit glühenden Augen. Ihre Worte hallten in der Stille wider.
    »Achtung!« hielt La Trianon ihr entgegen. »Dafür bringst du uns alle in Gefahr?«
    La Voisin lächelte verschwörerisch und winkte mit der Hand, als wolle sie unsere Zweifel bannen. »Aber, aber, es bringt auch ein Vermögen ein.« Nun hörte sie sich wieder an wie ehedem, eine praktische Hausfrau, die jeden Sou zweimal umdreht, wenn es gilt, Seife oder Kerzen günstig zu erstehen. »Die Zeiten sind schwer – ich habe zehn Mäuler zu stopfen. Glaubt ihr, ich kann eine Familie von Luft ernähren? Von Philosophie? Von guten Vorsätzen? Nein, ich sorge für die Meinen und für euch. Der Milord erwartet mich, wenn dies vollbracht ist. La Montespans Geld wird mir die Verbannung versüßen –«
    »Du meinst, du willst fliehen, obwohl wir es nicht können?« La Trianon war empört über den Verrat.
    »Ich bitte dich, ich sehe es als Ruhestand. Sie werden ihre Hunde hinter mir herhetzen, wenn ich

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