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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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erster Linie sexuelles Verlangen wecken. Andererseits wirkte auch die Euphorie der Lust so ähnlich wie eine Wahrheitsdroge und in aller Regel plauderte der mit dem Lustschleier Behexte bereitwillig seine geheimsten Geheimnisse aus. Außerdem war Inga zu einem Kuss der Rusalka gar nicht befähigt – die Hexen des Grünen Hofs dachten nicht daran, ihren mächtigsten Liebeszauber mit anderen Magierinnen zu teilen.
    Die junge Frau betrachtete sich aufmerksam im Spiegel. Für das Treffen mit dem Söldner hatte sie ihren Schulmädchen-Look parat: das rotblonde, glatte Haar sorgfältig hinter die Ohren gekämmt, makellose hohe Stirn, große, entzückend naiv blickende Rehaugen, zurückhaltendes Make-up und ein schwarzes Minikleid, das die schlanken, langen Beine betonte und die kleinen, festen Brüste eng umspannte. Die Ausstrahlung unschuldiger Teenie-Erotik brachte die Männer stets um den Verstand und Inga war davon überzeugt, dass sie ihre Wirkung auch diesmal nicht verfehlen würde.
    Die Magierin überlegte. War es nicht besser, auf den Einsatz des Liebeszaubers zu verzichten? Denn erstens konnte es ja sein, dass Artjom tatsächlich nichts wusste. Und zweitens reizte es sie, diesen Mann aus eigener Kraft zu verführen. Der drahtige, selbstbewusste und in der Verborgenen Stadt hochangesehene Söldner gefiel der Rothaarigen außerordentlich gut. Deshalb war sie auch gar nicht sonderlich böse gewesen, als Kara ihr nahelegte, ihm schöne Augen zu machen.
    Nicht zuletzt konnte Inga damit auch Larissa eins auswischen. Der Gedanke, der dummen Kuh den Söldner auszuspannen, erfüllte sie mit diebischer Vorfreude. Umso mehr ein Grund, auf den Einsatz von Magie zu verzichten, denn mit einem Liebeszauber war es schließlich kein Kunststück, einen Mann zu erobern. Auch Larissa hatte in der Verliererbar auf Zaubertricks verzichtet. Wenn es Inga gelänge, ohne Magie ans Ziel zu kommen, würde ihr das diesen Sieg doppelt versüßen.
    Und wenn es schiefgehen sollte? Unvorstellbar! Aber wenn doch? Was, wenn Artjom ausschließlich auf vollbusige Blondinen stand und nicht auf zierliche rothaarige Lolitas?
    Inga lächelte kühl. Wenn es ihr tatsächlich nicht gelingen sollte, den Söldner zu bezirzen, konnte sie ihn immer noch mit einem Liebeszauber behexen.
     
    Die Adresse, die ihm diese dubiose Inga gegeben hatte, führte Artjom zu einem gewöhnlichen Plattenbau im Stadtbezirk Medwedkowo. Dritter Aufgang, sechstes Stockwerk. Die mit massivem Eichenholz verkleidete Wohnungstür hob sich positiv von den windigen Nullachtfünfzehn-Modellen der Nachbarwohnungen ab und deutete auf einen gewissen Wohlstand hin. Vermutlich war Inga eine recht erfolgreiche Magierin oder Kara bezahlte sie einfach gut.
    Der Söldner schmunzelte, als das Emblem des Dunklen Hofs auf seiner Schulter zu kribbeln begann: Die Tür war mit einem mittelstarken Zauber gegen Einbrüche gesichert. Beim Drücken der Türklingel ertönte ein wohlklingender Gong.
    »Artjom?«, erkundigte sich eine schöne Frauenstimme.
    »Ja, der bin ich«, bestätigte der Söldner.
    Mehrere Schlösser klackten und die Tür wurde geöffnet. Auf der Schwelle stand eine rotblonde junge Frau in einem kurzen schwarzen Kleid. Sie war zierlich, etwa einen Kopf kleiner als Artjom und sah gar nicht wie eine erfahrene Magierin aus, sondern eher wie eine Oberschülerin. Einige Augenblicke lang musterten die beiden einander schweigend.
    »Ist Mama auch zu Hause?«, fragte schließlich Artjom.
    »Sehr witzig.« Ihre fast schwarzen Augen funkelten. Mit einer solchen Frechheit hatte die Rothaarige offenbar nicht gerechnet. »Ich bin Inga.«
    »Kann ich reinkommen?«
    Inga trat einen Schritt zurück und winkte den Söldner mit einer flüchtigen Kopfbewegung herein.
    »Gehen wir ins Wohnzimmer.«
    Das Dreizimmer-Appartement war stilvoll eingerichtet: dunkle Tapeten, dunkle Möbel, Ledersitzgruppe, flauschiger Teppichboden, einige geschmackvoll ausgewählte Gemälde mit mystischen Sujets, rätselhafte Bronzekonstruktionen in den Regalen, auf dem runden Wohnzimmertisch eine Kristallkugel und dazu ein dezenter Duft, der an Räucherstäbchen erinnerte. Kein Zweifel: die Behausung einer praktizierenden Magierin.
    »Lass dich von den seltsamen Gegenständen nicht irritieren, die brauche ich für meine Arbeit.« Die Hausherrin ließ sich anmutig auf dem Sofa nieder. »Setz dich doch.«
    Die schwarze Farbe des Kleids verschmolz mit dem schwarzen Leder des Sofas, wodurch die braungebrannten Beine und nackten

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