Die Hexe
während er seinen Bierkrug uninspiriert am Tresen hin und her schob.
»Drei Prozent«, antwortete Silanti Sirakusowitsch und fischte sich eine Handvoll gesalzene Erdnüsse aus dem Schälchen. »Das ist schon die zweite Erhöhung in diesem Monat.«
Silanti Sirakusowitsch verdiente seinen Lebensunterhalt mit Liebeszaubern und mit der Anbahnung von Ehen mit garantierter Mindesthaltbarkeit. Zu seiner Kundschaft gehörten in erster Linie alte Jungfern, die es leid waren, im Jammertal der Einsamkeit zu schmachten. Für sein Gewerbe benötigte Silanti zwar weder Werkzeug noch Arbeitskleidung, doch dafür erhebliche Mengen an magischer Energie. In diesen Zeiten war es schon schwierig genug, einen ledigen Mann, der eine Arbeit hatte und nicht soff, überhaupt aufzutreiben. Einen solchen mit einer alten Fregatte zu verkuppeln, erschien nachgerade unmöglich. Silanti Sirakusowitsch musste sich also mächtig ins Zeug legen, um das maue Privatleben seiner überreifen Klientinnen in erquicklichere Bahnen zu lenken.
»Wieso, gibt es etwa nur beim Grünen Hof magische Energie für Humos?«, fragte Artjom demonstrativ gähnend.
Silanti Sirakusowitsch stellte die Kaubewegungen ein und taxierte den Söldner mit seinem routinierten Zaubererblick. Artjom gab sich unbeeindruckt und warf seinerseits einige Erdnüsse ein.
»Junger Mann, ich wusste, dass Sie mich aus eigennützigen Gründen eingeladen haben«, sagte der Liebesmagier streng. »Sie wollen mir bestimmte Informationen entlocken.«
»Eigennutz ist der Motor unserer Gesellschaft, mein lieber Silanti Sirakusowitsch«, entgegnete Artjom grinsend. »Die sinnlose Verschwendung von Mitteln würde zu einer Systemkrise führen, die letztlich im Untergang mündet.«
»Wo haben Sie denn das gelesen?«
»Das ist meine persönliche Beobachtung.«
Der Ehestifter trank seinen Krug leer und nahm sich unaufgefordert den vollen von Artjom.
»Nun ja, so viele Mittel haben Sie nun auch wieder nicht an mich verschwendet.«
»Sie haben ja auch noch nichts gesagt«, gab Artjom zu bedenken. Dabei gab er dem Barkeeper ein Zeichen und im Nu standen zwei frische Krüge Bier und ein neues Schälchen Nüsse vor den beiden Gesprächspartnern.
Hinter dem Tresen der Verliererbar arbeitete Lampo, ein junger Eulin, den man wegen ungebührlichen Verhaltens gegenüber einer Priesterin des Grünen Hofs in das Humo-Lokal verbannt hatte. Lampos Verfehlung bestand darin, dass er der hübschen Magierin mitten auf dem Königinball und in volltrunkenem Zustand völlig ungeniert eine gemeinsame Exkursion ins nächste freie Schlafzimmer vorschlug. Unter anderen Umständen hätte sich die Priesterin auf das Abenteuer womöglich sogar eingelassen – um die Liebeskünste der kleinwüchsigen und glatzköpfigen Eulins rankten sich Legenden – , doch in Anwesenheit des gesamten Hofadels blieb ihr nichts anderes übrig, als sich über Lampos unverschämte Avancen zu empören. Die Sippschaft der Eulins wurde über die Zügellosigkeit einiger ihre Angehöriger informiert und der unglückliche Lampo landete zur Strafarbeit in der Verliererbar , von wo er den Grünen Hof mit Gnadengesuchen bombardierte.
»Was wollen Sie denn wissen?«, fragte Silanti Sirakusowitsch, nachdem der Barkeeper sich zurückgezogen hatte.
»Das habe ich doch bereits angedeutet.«
»Ach, Sie meinen wegen der magischen Energie für die Humos?« Der Heiratsvermittler druckste ein wenig herum. »Gerüchten zufolge hat jemand eine unabhängige Magische Quelle aufgetan.«
»Wird in diesen Gerüchten zufällig der Name Kara erwähnt?«
»Sie kennen diese Frau?«
»Ich möchte, dass Sie mir von ihr erzählen.«
»Hatten wir nicht vorhin über die Verschwendung von Mitteln gesprochen …?«
Ein paar zerknitterte Geldscheine wanderten aus Artjoms Geldbeutel in die Brusttasche des Spezialisten für alte Jungfern und beschleunigten merklich den Informationsfluss.
»Kara ist eine Legende, junger Mann. Eine Legende und zugleich ein Rätsel. Man sagt, dass ihre magischen Fähigkeiten an die der mächtigsten Zauberer der Verborgenen Stadt heranreichen.«
»Ist sie ein Halbblut?«
»Das ist ja das Erstaunliche – eben nicht. Sie ist eine reinblütige Humo-Frau und verfügt trotzdem über dieses kolossale Potenzial.« Der Liebesmagier senkte die Stimme und beugte sich näher zu Artjom. »Ich weiß sicher, dass sie ihre eigentlichen Fähigkeiten verheimlicht und eine Gruppe von Anhängern um sich schart. Sie wählt nur die besten menschlichen Magier
Weitere Kostenlose Bücher