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Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Milch.
    »Ihr müsst ja umkommen vor Hunger«, sagte sie. »Warum seid Ihr denn nicht zum Mittagessen im Speisesaal erschienen? Ihr habt seit Eurer Ankunft nichts gegessen. Bitte verzeiht, dass ich Euch heute Morgen nicht gleich erkannte, aber die Mädchen veranstalten beim Essen immer so ein Geschrei. Da habe ich nicht gleich gemerkt, dass Ihr der Gast der Sieben seid.«
    »Das geht schon in Ordnung«, murmelte Ravenna. Sie schob sich gierig das erste Stück Flammkuchen in den Mund. Tatsächlich war sie völlig ausgehungert, doch weil sie nicht die geringste Lust auf eine weitere Begegnung mit Lynette und den anderen Mädchen verspürte, hatte sie den Speisesaal gemieden.
    »Mein Name ist Arletta und ich bin die Wirtschafterin hier«, stellte sich die Frau vor. »Falls Ihr irgendetwas wünscht, braucht Ihr nur zu klingeln.« Sie deutete auf ein Glöckchen, das sie neben das Holzbrett auf den Tisch gestellt hatte. Den Stil bildete eine kleine, geflügelte Elfe aus Silber, die auf dem Glöckchen kauerte. Bis auf einen Kranz aus Efeu, der ihr verrutscht auf den Hüften saß, war die Figur nackt. »Den Speisesaal betretet Ihr von nun an durch den Seiteneingang. Von dort kommen auch die Sieben. Sie sitzen an dem großen Tisch neben dem Kamin und sind stets die Ersten, die kommen, und die Ersten, die gehen. Dort wird auch für Euch gedeckt sein. Außerdem lässt Nevere Euch das hier schicken.«
    Misstrauisch beobachtete Ravenna, wie die Wirtschafterin verschiedene Kleidungsstücke auf dem Bett ausbreitete. Eines war ein Untergewand aus Leinen. Dazu gehörte ein dunkelblaues Kleid mit weiten Ärmeln. Es reichte bis zu den Fußknöcheln und wurde mit einem Gürtel gerafft, dessen Ende durch einen Ring gefädelt wurde und seitlich herabhing. Ravenna erinnerte sich: Die älteren Schülerinnen waren alle auf diese Weise gekleidet gewesen. Lederschuhe und ein weiter Kapuzenmantel vervollständigten die Hexengarderobe.
    Sie wischte die fettigen Finger an der Hose ab und trank den letzten Schluck Milch. »Ich trage keine Röcke«, erklärte sie. »Und ich fange auch im Mittelalter nicht damit an.« Die Mahlzeit hatte sie für eine weitere Auseinandersetzung mit ihren Gastgeberinnen gestärkt. Als sie Arlettas bestürztes Gesicht sah, bedauerte sie jedoch ihre schroffe Weigerung. »Ist das denn wirklich so wichtig?«
    »Wollt Ihr denn die Sieben beleidigen, indem Ihr Euch kleidet wie ein Bauer?«, fragte die Wirtschafterin zurück.
    Ravenna seufzte. Eines musste sie zugeben: Ihre Sachen waren durch den Sturz vom Pferd in Mitleidenschaft gezogen. Und die Angelegenheit hatte noch einen weiteren Vorteil: Wenn sie dieselben Kleider trug wie die Mädchen hier, fiel sie weniger auf und man würde sie vielleicht eher in Ruhe lassen.
    Sie nahm das Untergewand und hielt es mit spitzen Fingern hoch. »Na schön, wenn es unbedingt sein muss. Aber du musst mir beim Ankleiden helfen. Ich habe solche Sachen noch nie getragen und weiß nicht, wie man sie anzieht.«
    Nachdem sie sich aus ihren Kleidern geschält hatte, zeigte Arletta ihr, wie man die Gewänder nacheinander über den Kopf streifte und seitlich mit Bändern verschloss. Der Mantel besaß eine Spange, die man unter dem Kinn anbrachte, aber Ravenna nahm den Umhang gleich wieder ab und verstaute ihn in der Truhe. Für den dicken, handgewebten Wollstoff war es wirklich zu warm. Sie hatte erwartet, dass sich die Gewänder rau anfühlten und auf der Haut kratzten, aber der fließende Stoff der Kleider schmiegte sich angenehm an ihren Körper.
    Arletta bestand darauf, auch den Haargummi zu entfernen und ihr die Locken zu bürsten. Anschließend strahlte die Wirtschafterin über das ganze Gesicht.
    »Nun seht Ihr wirklich wie eine angehende Magierin aus«, sagte sie und reichte Ravenna einen Handspiegel.
    Zögernd blickte Ravenna in das Glas. Eine junge Frau aus dem Mittelalter blickte zurück – schlank, ernst und mit nachdenklichen, dunklen Augen. Äußerlich gab es nun keinen Unterschied mehr.
    Das fand offenbar auch Aveline, die Ravenna im Klostergarten erwartete. Sie trug einen großen Sonnenhut mit Schleier, der Ravenna an den Kopfschutz einer Imkerin erinnerte.
    Tatsächlich standen im Schatten der Mauer einige spitz zulaufende Körbe, die von Bienen umschwirrt wurden. Einen Fuß auf den Spaten gestützt, während die Wange auf der Faust ruhte – so wartete die junge Hexe auf sie. Als Ravenna näher kam, straffte sie ihren Oberkörper. Offenbar dachte sie erst, dass eine der

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