Die Hexen von Eastwick
zogen sich auch meistens irgendwelche
seltsamen, bunten Gewänder zu ihren Treffen an. Alexandra trat, in
einen mit Goldfäden durchwirkten Parsen-Schal gehüllt, den Kopf
einziehend, zur Seitentür herein, in die Küche; in den Händen hielt
sie, wie Hanteln oder wie blutige Beweisstücke, zwei Gläser ihrer
gepfefferten, basilikumgewürzten Tomatensauce.
Die Hexen küßten einander auf die Wange. «Hier, Schatz, ich weiß,
du magst trockene scharfe Sachen am zweitliebsten», sagte Alexandra,
in diesem aufregenden Kontraalt, der von ganz tief unten aus ihrer
Kehle kam, wie wenn eine russische Frau «bylo» sagt. Sukie nahm das
Zwil ingsgeschenk in ihre eigenen, schmaleren Hände, deren
papierene Rücken mit blassen Sommersprossen getüpfelt waren. «Die
Tomaten sind dies Jahr aus irgendeinem Grund wie eine Plage über
mich gekommen», redete Alexandra weiter. «Ich habe an die hundert
Gläser eingeweckt, und dann, neulich nacht, bin ich in den Garten
gegangen, im Stockfinstern, und habe gerufen: ‹Ihr könnt mich mal,
von jetzt an könnt ihr verrotten!›»
«Ich habe mal so ein Jahr mit Zucchini gehabt», sagte Sukie und
stellte die Gläser artig in ein Schrankregal, von wo sie sie nie wieder
herunterholen würde. Wie Alexandra gesagt hatte: Sukie liebte
trockene, scharfe Sachen – Sellerie, Cashewnüsse, Pilaf, Salzstangen,
winzige kleine Knabberkörner, wie ihre Affenvorfahren sie gesammelt
und mit hinauf in die Bäume genommen hatten. Wenn sie al ein war,
setzte sie sich zum Essen niemals hin, tunkte im Stehen, über dem
Küchenausguß, einfach ein bißchen Weizenknäckebrot in
irgendwelchen Joghurt oder verzog sich mit einem
Neunundsiebzigcent-Beutel Crinklechips mit Zwiebelgeschmack und
einem steifen Bourbon in ihre Fernsehhöhle. «Ich habe alles gemacht»,
sagte sie zu Alexandra und genoß die Übertreibung, ihre lebhaften
Hände flatterten untermalend: «Zucchinibrot, Zucchinisuppe, Salat,
Frittata, Zucchini mit Hack gefül t und gebacken, in Scheiben
geschnitten und gebraten, zu Stäbchen geschnitten, damit man sie in
eine Sauce tunken konnte, es war irre. Ich habe sie sogar in den Mixer
geworfen und den Kindern gesagt, sie sol ten sich das Zeug aufs Brot
schmieren, statt Erdnußbutter. Monty war fix und fertig, er sagte,
sogar seine Scheiße röche nach Zucchini.»
So vergnüglich sie sich auch anhörte, diese Geschichte aus einer
Zeit, da Sukie noch verheiratet war und im Überfluß lebte: die
Erwähnung eines ehemaligen Ehemannes war eine Verletzung der
Spielregeln, und Alexandra schluckte ihr Lachen wieder hinunter. Die
Scheidung von Monty lag noch nicht lange zurück, Sukie war die
Jüngste der drei. Sie war eine schmale rothaarige Person, das Haar
hing ihr glatt den Rücken herunter und war unten ganz gerade
geschnitten, und ihre langen Arme waren über und über vol er
Sommersprossen, zedernfarben, wie Bleistiftspäne. Sie trug kupferne
Armreifen und um den Hals eine bil ige, dünne Kette mit einem
Pentagrammanhänger. Was Alexandra, mit ihren schweren,
hel enischen Gesichtszügen, an Sukies Aussehen so mochte, war das
fröhliche Äffchenhafte: ihre großen Zähne drängten die Linie ihres
Profils unterhalb der kurzen Nase in einer Kurve nach vorn; eine
Vorwölbung hauptsächlich der Oberlippe, die länger und
ausgeprägter in der Form war als die untere, polsterig zu beiden Seiten
der Mitte, was ihrem Mund, auch wenn er schwieg, etwas
Koboldartiges gab, als schmecke sie Vergnügliches al ezeit. Ihre Augen
waren haselnußbraun und rund und standen ziemlich eng zusammen.
Sie bewegte sich gewandt in ihrem kleinen Küchengelaß, wo al es
dicht gedrängt stand und der Ausguß fleckig und winzig war und
unter ihm ein Geruch nach Armut hockte, von al den Eastwick-
Generationen, die in diesem Haus gelebt und nur die notdürftigsten
Renovierungen zusammengestoppelt hatten im Laufe der
Jahrhunderte, als alte Holzhäuser wie dieses noch nicht als malerisch
galten. Mit der einen Hand nahm sie eine Dose teuflischzuckriger
Planter’s Beer-Nüsse aus einem Regal und mit der anderen, vom
gummiverkleideten, drahtenen Abtropfgestell neben dem Ausguß,
eine kleine paisleygemusterte Schale mit Messingrand, um sie
hineinzuschütten. Aus knisternden Packungen streute sie Kolonnen
von Crackers um ein dreieckiges Stück rotrindigen Gouda, das auf
einer Platte lag, und fügte noch eine Supermarktpastete dazu, die sie
erst gar nicht aus der flachen, mit
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