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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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waren kanternde silbrigbraune Weimaraner gewesen,
und einen von ihnen hatte sie behalten, er hieß Hank; im Augenblick
drückte er sich an ihre Beine in der Hoffnung, daß sie zu seinem
Wohl im Kühlschrank herumkrame.
«Aber sie vergeudet sich», sagte Alexandra, Sukies Satz ergänzend.
«Vergeuden im altmodischen Sinn», fügte sie hinzu, denn der
Vietnam-Krieg hielt noch an und hatte dem Wort eine unangenehme
neue Bedeutung gegeben. «Wenn sie es ernst meint mit ihrer Musik,
sol te sie in eine ernsthafte Umgebung mit ihr gehen, in eine richtige
Stadt. Diese schreckliche Vergeudung: eine
Konservatoriumsabsolventin fiedelt einem Haufen tauber alter
Betschwestern vor, in einer heruntergekommenen Kirche.»
«Sie fühlt sich sicher hier», sagte Sukie, als ob sie beide das nicht
    auch täten.
«Sie wäscht sich nicht mal, ist dir nie ihr Geruch aufgefal en?» fragte
Alexandra, nicht Jane meinend, sondern Greta Neff, und Sukie hatte
keine Mühe, dieser Assoziationskette zu folgen, ihrer beider Herzen
waren so innig auf derselben Wel enlänge.
«Und diese Omabrille!» stimmte Sukie ein. «Sie sieht aus wie John
Lennon.» Sie schnitt eine feierliche, quel äugige, dünnlippige John
Lennon-Grimasse. «I sink sen we can drink ouur – wie sagt man –
beweretsches neeoauu.» Aus Greta Neffs Mund kam tatsächlich ein
gräßlicher unamerikanischer Diphtong, eine Art Verzwirbeln des
Vokals gegen den Gaumen.
Schnatternd gingen sie mit ihren Drinks in die «Höhle», ein kleines
Zimmer mit einer fleckigen, abblätternden, mit vergilbten Weinreben
und Obstkörben gemusterten Tapete und einer bauchigen
Stuckdecke, die zu einer merkwürdig scharfen Schräge abknickte, weil
das Zimmer halb unter die Treppe geklemmt war, die in den
mansardenartigen oberen Stock führte. Das einzige Fenster des
Zimmers, zu hoch, als daß eine Frau, ohne auf einen Schemel zu
steigen, hätte hinausschauen können, hatte rautenförmige Scheiben
aus bleigefaßtem dicken Glas, das voller Blasen war und huppelig wie
Flaschenböden.
«Kohlgeruch», sagte Alexandra vielsagend und ließ sich mit ihrem
großen silbrigen Drink auf einem Loveseat, einer Art Zwil ingssessel,
nieder, der mit einer Crewelstickerei bezogen war – lauter flammende,
zerfetzte Strudel: stilisierte, sich entschnörkelnde Weinranken. «Sein
ganzes Zeug riecht danach», sagte sie und dachte gleichzeitig, daß das
ein bißchen wie Monty und die Zucchini war und daß sie mit diesem
intimen Detail Sukie unverblümt zu der Vermutung aufforderte, sie
habe mit Neff geschlafen. Warum? Es war nichts, dessen man sich
rühmen konnte. Und doch: Wie er geschwitzt hatte! Was das betraf –
    sie hatte schließlich auch mit Monty geschlafen, aber sie hatte nie
Zucchini gerochen. Ein faszinierender Aspekt, wenn man mit
verheirateten Männern schläft, ist der Blickwinkel, den sie einem auf
ihre Frauen gewähren: sie sehen sie, wie niemand sonst sie sieht. Neff
sah in der armen, schrecklichen Greta so etwas wie eine putzige kleine
Heidi mit Schleifchen im Haar, ein süßes Edelweiß, das er von einer
gefahrvol en, romantischen Bergeshöhe herabgeholt hatte (sie hatten
sich in einem Frankfurter Bierlokal kennengelernt, als er in
Westdeutschland stationiert war, anstatt in Korea zu kämpfen), und
Monty … Alexandra sah verstohlen zu Sukie hinüber und versuchte,
sich zu erinnern, was Monty über sie gesagt hatte. Er hatte wenig
gesagt, war ein solcher Möchtegern-Gentleman gewesen. Aber einmal,
als er von einer unangenehmen Besprechung in der Bank kam und in
Gedanken noch damit beschäftigt war, hatte er sich, während er mit
Alexandra ins Bett ging, die Worte entschlüpfen lassen: «Sie ist ein
reizendes Mädchen, aber ein Unglück. Unglück für andere, meine
ich. Für sich selbst ist sie, glaube ich, ein Glück.» Und es stimmte:
Monty hatte, während er mit Sukie verheiratet war, einen großen Teil
seines Familienvermögens verloren, was al e Welt schlicht seiner
stil en Einfalt zugeschrieben hatte. Er hatte nie geschwitzt. Er hatte an
dem hormonellen Defizit des aus feinen Kreisen Stammenden
gelitten, einer Unfähigkeit, harte körperliche Arbeit für sich selbst
auch nur in Erwägung zu ziehen. Sein Körper war nahezu haarlos
gewesen, mit diesem femininen, weichen Hintern.
«Greta muß eine Wucht im Bett sein», sagte Sukie. «Al diese
Kinder. Fünf – bis jetzt.»
Neff hatte Alexandra gegenüber durchblicken lassen, Greta sei
scharf,

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