Die Hexen von Eastwick
von Whiskey, auf nachdenkliche Weise
den Mund zu verziehen; ihre Oberlippe wölbte sich anbetungswürdig
über die leicht vorstehenden Zähne. «Jane und ich haben schon am
Telefon ein bißchen darüber geschwatzt. Wir wol en, daß du es
gemeinsam mit uns machst. Ja. Es sol einmütig sein, wie ein Votum.
Weißt du, letzten Herbst habe ich mit einem kleinen Zauber
versucht, dich und Darryl zusammenzubringen. Und bis zu einem
bestimmten Punkt klappte es auch. Aber eben nur bis zu einem
bestimmten Punkt. Um ehrlich zu sein, Liebes, ich glaube, daß meine
Kräfte schon seit einiger Zeit nachlassen. Al es so trist. Als ich Darryl
neulich abends ansah, fand ich, er sah irgendwie eingefal en aus – ich
glaube, der hat Angst.»
«Warum sol ihn Jenny dann nicht haben?» «Nein», fuhr Jane dazwischen. «Das darf sie nicht. Sie hat ihn zu
sich gezerrt. Sie hat uns zu dummen Ziegen gemacht.» Ihre Zischlaute
hingen wie ein scharfer Geruch in dem langen, häßlichen,
verunstalteten Raum. Unter den Treppchen, die hinab zum
Küchenbereich und hinauf zu den Schlafzimmern führten, hörte man
ein fernes, knisterndes, murmelndes Geräusch, das signalisierte, daß
Janes Kinder vol und ganz ins Fernsehen vertieft waren. Irgendwo
war wieder ein Mord geschehen. Der Präsident sprach nur auf
Militärbasen. Die Zahl der getöteten Gegner hatte zugenommen, aber
die Feindinfiltration ebenso.
Alexandra saß immer noch Sukie zugewandt, in der Hoffnung, von
der dräuenden Pflicht befreit zu werden. «Du hast einen Zauber
gewirkt, um mich und Darryl am Tag der Flut damals
zusammenzubringen? Er fühlte sich nicht von al ein zu mir
hingezogen?»
«Oh, ich bin sicher, daß er so fühlte, Liebchen», sagte Sukie
schulterzuckend. «Al erdings – wer kann das schon so genau sagen?
Ich hatte die grüne Gartenschnur benutzt, um euch zwei
aneinanderzubinden, und als ich am nächsten Tag unterm Bett
nachsah, hatten Ratten oder irgendwas sie durchgenagt, vielleicht
wegen des Salzes von meinen Händen.»
«Das war aber nicht sehr nett», sagte Jane zu Sukie, «du wußtest
doch, ich wol te ihn für mich.»
Das wäre der Augenblick für Sukie gewesen, Jane zu sagen, daß sie
Alexandra lieber mochte; statt dessen sagte sie: «Alle drei wollten wir
ihn, aber ich dachte, du könntest das, was du wol test, dir auch selber
holen. Was du ja auch getan hast. Du warst doch dauernd drüben
und hast mit ihm rumgefidelt, oder wie man so was nennt.»
Alexandras Eitelkeit war getroffen. Sie sagte: «Zur Hölle. Laßt es
uns tun!» Es schien am einfachsten so, das Wegmachen einer weiteren
kleinen Handvol vom unendlichen Dreck der Welt, sozusagen.
Sorgsam darauf bedacht, nichts mit den eigenen Händen
anzufassen, damit nicht ihre eigenen Essenzen – das Salz und Öl ihrer
Haut, ihre vielfältigen persönlichen Bakterien miteinbezogen wurden,
schüttelten die drei die Kleenextücher, die langen blonden Haare und
das rote Abreißband und als Wichtigstes die feinen Beinhärchen, die
im Gewebe des Handtuchs wie lebende Milben herumhüpften, in
einen Keramik-Aschenbecher, den Jane aus dem Bronzefaß gestohlen
hatte, als sie noch nach den Proben mit den Neffs dort verkehrte. Sie
fügte den glotzenden Kopf aus Zuckerguß, den sie im Mund gerettet
hatte, hinzu und entzündete den kleinen Scheiterhaufen mit einem
Streichholz. Die Kleenextücher flammten orange auf, die Haare
verbrannten knisternd blau unter Verbreitung von sengendem
Gestank, das Marzipan schmolz zu einer blubbernden schwarzen
Masse. Der Rauch stieg zur Decke und hing dort wie ein Spinnweb
an der künstlichen Oberfläche aus papierdünnem Gips, die mit einer
sandvermischten Farbe aufgerauht war, um echten Stuck
vorzutäuschen.
«Und nun», sagte Alexandra zu Jane Smart, «hast du einen alten
Kerzenstumpen? Oder irgendwelche Geburtstagskerzen in einer
Schublade? Die Asche muß zermahlen und mit ungefähr einer halben
Tasse geschmolzenem Wachs gemischt werden. Nimm eine Kasserol e
und fette sie gründlich ein, den Boden und die Seiten; wenn auch nur
eine Spur Wachs haften bleibt, ist der Zauber beeinträchtigt.»
Während Jane diesen Auftrag in der Küche ausführte, legte Sukie
die Hand auf Alexandras Unterarm. «Kleines, ich weiß, du wil st es
nicht tun», sagte sie.
Alexandra streichelte die zierliche, sehnige Hand und stellte fest, daß
die Sommersprossen auf dem Handrücken und den ersten
Fingergliedern ganz dich gestreut waren, jedoch zu den Nägeln
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