Die Hexen von Eastwick
hin
weniger wurden, so, als wäre die Mischung nicht genügend
umgerührt gewesen. «O doch!» sagte sie. «Es bereitet mir viel
Vergnügen. Es ist eine Kunst. Und mir gefäl t es, wie ihr beide an
mich glaubt.» Und ohne nachzudenken beugte sie sich vor und küßte
Sukie auf die längsgefalteten Kissen ihrer Lippen.
Sukie erstarrte. Ihre Pupil en verengten sich, als der Schatten von
Alexandras Kopf ihre grüne Iris freigab. «Aber du hast Jenny
gemocht.»
«Nur ihren Körper. So wie ich die Körper meiner Kinder mochte.
Erinnerst du dich, wie sie als Babies rochen?»
«O Lexa: glaubst du, irgendeine von uns wird noch einmal ein Baby
haben?»
Jetzt zuckte Alexandra mit den Schultern. Die Frage schien ihr
sentimental, nicht hilfreich. Sie fragte Sukie: «Weißt du, woraus
Hexen Kerzen zu machen pflegten? Aus Babyfett!» Sie stand
schwankend auf. Sie hatte Wodka getrunken, der weder den Atem
verpestete noch zu viele Kalorien hatte, der aber auch nicht wie ein
Neutrinostrom ohne jeden Effekt durch den Körper floß. «Wir
müssen Jane in der Küche helfen.»
Jane hatte tief in einer Schublade eine alte Schachtel mit rosa und
blauen Geburtstagskerzen gefunden. Zusammengeschmolzen in der
gebutterten Kasserol e und mittels eines Schneebesens mit der Asche
ihres winzigen Scheiterhaufens verrührt, zeigte das Wachs eine perlige,
gesprenkelte, lavendelgraue Farbe.
«Was hast du für eine Form?» fragte Alexandra. Sie stöberten nach
Ausstechformen, verwarfen eine Patéform als viel zu groß, zogen
Mokkatassen und Schnapsgläser in Betracht und nahmen schließlich
die Unterseite einer altmodischen schweren Orangenpresse in Gestalt
eines Sombreros mit einem Schnabel am Rand. Alexandra drehte sie
um und ließ sie geschickt vol aufen; das heiße Wachs zischte in der
geriffelten Rundung, aber das Glas zersprang nicht. Sie hielt die
Oberseite unter fließend kaltes Wasser und schlug die Presse leicht
gegen das Abwaschbecken, bis ihr der gewölbte Wachskegel, immer
noch warm, in die Hand fiel. Sie drückte ihn in die Länge. Erste
Anzeichen einer menschlichen Figur blickten sie aus der Handfläche
an, viermal von ihren Fingern eingedel t. «Verdammt», sagte sie. «Wir
hätten ein paar Haarsträhnen von ihr aufheben sollen.»
Jane sagte: «Ich wil mal nachsehen, ob noch ein paar im Handtuch
hängengeblieben sind.»
«Und hast du zufäl ig ein paar hölzerne Nagelreiniger?» fragte
Alexandra. «Oder eine lange Nagelfeile. Zum Modellieren. Auch eine
Haarnadel würde reichen.» Jane flog von dannen. Sie war gewöhnt,
Befehle entgegenzunehmen – von Bach, Popper, von einem Heer
toter Männer. In ihrer Abwesenheit erklärte Alexandra Sukie: «Das
Kunststück besteht darin, nicht mehr wegzunehmen als nötig. Jeder
Krümel trägt jetzt schon etwas von der Magie in sich.»
Von den Messern, die an einem Magnetband hingen, wählte sie ein
stumpfes Schälmesser mit Holzgriff aus, der von vielen Ausflügen in
die Spülmaschine ausgeblichen und geglättet war. Sie kerbte einen
Hals und eine Tail e ein. Die Krümel fielen auf ein
Papierküchentuch. Sie balancierte die Krümel auf der Messerspitze
und hielt mit der anderen Hand ein brennendes Streichholz darunter,
so tropfte das Wachs zurück auf das sich herausschälende Figürchen
und formte die Brüste. Auch die subtileren zarteren Auswölbungen
von Bauch und Hüften bildete Alexandra auf dieselbe Weise. Die
Beine schnitzte sie bis hin zu den winzigen Füßen in dem ihr eigenen
Stil. Die restlichen Krümel wurden – erhitzt, verflüssigt und dann
geglättet zum Hintern. Die ganze Zeit über hatte sie das Bild des
Mädchens vor Augen, wie sie während des Bades geglüht hatte. Die
Arme waren unwichtig und wurden als Halbrelief an den Seiten
ausgebildet. Das Geschlecht markierte Alexandra unmißverständlich
mit senkrecht gehaltener Messerspitze. Andere Kerbungen und
Konturen verfeinerte sie mit dem schrägen Oval des Nagelreinigers,
den Jane gebracht hatte. Jane hatte noch ein langes Haar gefunden,
das in den Fäden des Frottés hängengeblieben war. Sie hielt es gegen
das Fensterlicht und obwohl ein einzelnes Haar kaum Farbe aufweist,
schien es doch seiner farblichen Struktur nach weder schwarz noch rot
und sehr viel fahler, feiner und reiner, als eine Locke von Alexandras
Kopf gewesen wäre. «Ich bin ziemlich sicher, es ist von Jenny», sagte
sie.
«Hoffentlich», sagte Alexandra. Ihre Stimme war heiser geworden
durch die
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