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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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könnte was?» fragte Sukie erschrocken.
«Es könnte nach hinten losgehen. Noch. Wie Ed’s Bombe. Diese
kleinen rundköpfigen Pin-Nadeln wären hübsch. Auch
Büroklammern, wenn man sie aufbiegt. Aber eine kräftige Nadel ist
unerläßlich!» Sie erklärte nicht, um das Herz zu durchstechen. «Dazu
einen Spiegel, Jane.» Denn die Magie spielte sich nicht in den drei
Dimensionen der Materie ab, sondern innerhalb des Bildes, das die
Materie im Spiegel hervorruft, in der Astral-Identität stummer Dinge,
Existenz jenseits der Existenz.
«Sam hat einen Rasierspiegel zurückgelassen, den ich manchmal für
mein Augen-Makeup benutze.»
«Perfekt. Beeil dich. Ich muß in Stimmung bleiben, sonst zerstreuen
sich die Elemente.»
Wieder flog Jane von dannen: Sukie, neben Alexandra hockend,
versuchte sie: «Wie wäre es noch mit einem zweiten Schluck? Ich
brauche noch einen schwachen Bourbon, um der Realität ins Auge zu
blicken.»
«Das ist Realität, tut mir leid. Einen halben Schluck, Schätzchen.
    Einen Fingerhut Wodka, fül ihn auf mit Tonic oder Seven up oder
Leitungswasser oder irgendwas. Arme kleine Jenny.» Während sie das
Wachsabbild die sechs ausgetretenen Stufen von der Küche ins
Wohnzimmer hinauftrug, schrien ihr die Unvol kommenheiten und
die Asymmetrien ihrer Arbeit ins Gesicht – ein Bein kürzer als das
andere, die Anatomie, wo Hüften, Schenkel und Unterleib
zusammentrafen, nicht richtig erfaßt, die wächsernen Brüste zu
schwer. Wer hatte sie nur veranlaßt zu glauben, sie sei eine
Bildhauerin? Darryl: das war böse von ihm gewesen.
Janes gräßlicher Dobermann Randolph sprang aus irgendeiner Tür,
die sie oben im Flur geöffnet hatte, hinunter ins Wohnzimmer, und
seine Klauen kratzten über das nackte Holz. Sein Fell war ölig
schwarz, dicht und gekräuselt und wie eine Uniform mit hellbraunen
Stiefeln herausgeputzt, dazu mit gleichfarbigen Flecken auf Brust und
Maul und zwei runden Marken über den Augen. Sabbernd fixierte er
Alexandras gewölbte Hände, weil er glaubte, sie hielte irgendetwas
Eßbares. Sogar Randolphs Nasenflügel wässerten vor Appetit, und die
Fältungen in seinen aufgestellten Ohren wirkten wie Verlängerungen
seiner gierigen Gedärme. «Nicht für dich», sagte Alexandra streng,
und die glasigen, schwarzen Hundeaugen glänzten in dem
angestrengten Versuch, zu verstehen.
Sukie kam mit den Drinks hinter ihr her; Jane rauschte mit dem
doppelseitigen Rasierspiegel auf einem Drahtgestell, einem
Aschenbecher vol farbiger Reißzwecken und einem Nadelkissen in
der Form eines kleinen Stoffapfels heran. Es war kurz vor sieben: um
sieben wechselte das Fernsehprogramm, und die Kinder würden ihr
Essen wol en. Die drei Frauen stellten den Spiegel auf Janes
Kaffeetisch, eine Schusterbank-Imitation, die der Ingenieur
zurückgelassen hatte, als er nach Texas aufbrach. Im Innern des
silbernen Spiegelrunds war al es vergrößert, verlängert und an den
Kanten unscharf, aber lebendig und riesig in der Mitte. Nacheinander
    hielten die Frauen die Puppe davor, wie vor den hungrigen runden
Mund einer anderen Welt, und steckten Nadeln und Reißzwecken
hinein. «Aurai, Hanlii, Thamcii, Tilinos, Atkamas, Zianor, Auonail», rezitierte Alexandra.
«Tzabaoth, Mes iach, Emanuel, Elohim, Eibor, Yod, He, Von, He!»
sang Jane in flottem Frevel.
«Astachoth, Adonai, Agla, On, El, Tetragrammaton, Shema», sagte
Sukie. «Ariston, Anaphaxeton, und was dann kommt, habe ich
vergessen.»
In Brüste und Kopf, Hüften und Bauch drangen die Nadelspitzen.
Ferne undeutliche Schüsse und Schreie drangen an ihre Ohren, da die
Gewalt im Fernsehen ihren Höhepunkt erreichte. Das Abbild hatte
ein festliches, inkrustiertes Aussehen angenommen – die Stacheln
einer Generalstabskarte, die todgeweihte Pracht einer Handgranate in
Pop Art, ein Voodoo-Geglitter. Der Rasierspiegel schwamm vor
Farbreflexen. Jane hielt die Nadel hoch, die so groß war, daß man mit
ihr einen dicken Faden durch Wildleder ziehen konnte. «Wer möchte
sie durch das Herz stoßen?»
«Du», sagte Alexandra, den Blick gesenkt, während sie eine
gelbköpfige Reißzwecke symmetrisch zu einer anderen plazierte, als
wäre es abstrakte Kunst. Obwohl Hals und Wangen schon
durchbohrt waren, hatte niemand es gewagt, in die Augen zu stechen,
die ausdruckslos oder vol er Trauer blickten, je nachdem wie der
Schatten fiel.
«O nein, das schiebt ihr nicht auf mich», sagte Jane Smart. «Wir al e
sollten es tun, wir sol

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