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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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wieder in die Augen sehen konnten, einigten
sich die drei auf einen Donnerstag in Sukies winzigem Haus an der
Hemlock Lane. «Ist das nicht gemütlich!» rief Jane Smart, die zu spät
kam und fast nichts anhatte: Plastiksandalen und einen
Baumwol mini, dessen Träger im Nacken gebunden waren, um das
Braunwerden nicht zu beeinträchtigen. Sie hatte eine sanfte
Mokkafarbe angenommen, aber die bejahrte Haut unter ihren Augen
blieb weiß wie ein Crêpe, und ihr linkes Bein zeigte bläuliches
Gekräusel von Krampfadern, eine kleine Reihe halb untergetauchter
Flecke wie jene trüben Fotografien, mit denen Leute die Existenz des
Loch-Ness-Ungeheuers zu beweisen versuchen. Dennoch, Jane war
vital, eine dickhäutige Sonnenhexe, ganz in ihrem Element. «Gott, sie
sieht schrecklich aus!» krähte sie, und ließ sich mit einem Martini in
einem von Sukies schäbigen Sesseln nieder. Der Martini hatte die
schlüpfrige Farbe von Quecksilber, und die grüne Olive hing darin
wie ein Reptilauge mit roter Iris.
«Wer?» fragte Alexandra, genau wissend, wer gemeint war.
    «Die niedliche Mrs. Van Horne natürlich», antwortete Jane. «Sogar
in hel em Sonnenlicht mitten im Juli direkt auf der Dock Street sieht
sie aus, als wäre sie drinnen. Sie besaß die Unverschämtheit, auf mich
zuzukommen, obwohl ich gerade versuchte, mich diskret in den
Bel enden Fuchs zu verdrücken.»
«Armes Ding», sagte Sukie, indem sie sich ein paar gesalzene
Pekanußhälften in den Mund stopfte und lächelnd kaute. Sie trug im
Sommer einen kühleren Lippenstift, und der Sattel ihrer kleinen,
formlosen Nase zeigte Schuppen eines alten Sonnenbrands.
«Ihr Haar ist durch die Chemotherapie ausgefallen, vermute ich,
denn sie trägt jetzt ein Kopftuch», sagte Jane, «ziemlich fesch,
wirklich.»
«Was hat sie zu dir gesagt?» fragte Alexandra.
«Oh, sie macht auf ‹ist das nicht nett› und ‹Darryl und ich sehen
dich gar nicht mehr› und ‹komm doch rüber, wir baden jetzt immer
in der Salzmarsch›. Ich habe es ihr genauso zurückgegeben, wirklich.
Welche Heuchelei. Sie haßt uns durch und durch, sie kann gar nicht
anders.»
«Hat sie ihre Krankheit erwähnt?» fragte Alexandra.
«Mit keinem Wort. Nur Lächeln. ‹Was für ein wunderschönes
Wetter!› – ‹Hast du gehört, daß Arthur Hal ybread sich ein süßes,
kleines Herreshoff-Boot gekauft hat?› Genau so, hat sie beschlossen,
will sie das Spiel mit uns spielen.»
Alexandra dachte daran, ihnen von Jennys Anruf vor einem Monat
zu erzählen, zögerte aber, Jennys Bitte dem Spott preiszugeben. Doch
dann dachte sie, daß ihre wahre Loyalität ihren Schwestern galt, dem
Hexenkonvent. «Sie rief mich vor einem Monat an», sagte sie, «wegen
geschwol ener Drüsen, die sie sich überal einbildete. Sie wol te mich
besuchen. Als ob ich sie heilen könnte!»
«Wie überaus seltsam», sagte Jane. «Was hast du ihr geantwortet?»
    «Ich sagte nein. Ich möchte sie wirklich nicht sehen, das würde
mich zu sehr in Konflikte stürzen. Was ich aber getan habe, ich gebe
es zu, ich habe das verdammte Ding genommen und es in das
dreckige Moor hinter meinem Grundstück geworfen.»
Sukie setzte sich auf und stieß dabei fast die Schale mit Pekanüssen
von der Armlehne ihres Sessels, ergriff sie aber noch flink, bevor sie
ins Rutschen kam. «Aber warum, Süße? Was für eine ausgefallene
Idee nach der ganzen Arbeit mit dem Wachs und al em! Du verlierst
deine Hexigkeit!»
«Ich weiß nicht, tue ich das wirklich? Das Wegwerfen scheint nichts
geändert zu haben, jedenfal s nicht, wenn sie jetzt Chemotherapie
macht.»
«Bob Osgood», sagte Jane behaglich, «ist gut mit Doc Pat befreundet,
und Doc Pat sagt, sie ist völ ig durchlöchert, Leber,
Bauchspeicheldrüse, Knochenmark, Ohrläppchen, und was nicht al es. Entre nous und so weiter, Bob sagte, Doc Pat sagte, wenn sie noch zwei
Monate lebte, wäre es ein Wunder. Sie weiß das auch. Die
Chemotherapie sol nur Darryl besänftigen, er dreht offenbar durch.»
Nun, wo Jane sich diesen kahlköpfigen kleinen Banker Bob Osgood
als Liebhaber geangelt hatte, waren die zwei senkrechten Linien
zwischen ihren Augenbrauen ein wenig geglättet, und ihre
Äußerungen enthielten ein fröhliches Vibrato, als ob sie den Bogen
über ihre eigenen schwingenden Stimmbänder striche. Alexandra war
Janes hochgestochener Mutter nie begegnet, aber sie vermutete,
genauso kämen die Worte heraus über den Teetassen der Back Bay.
«Es kann

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