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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Hartherzigkeit.
«Ich spreche für mich selbst. Ich möchte in das Verhältnis zwischen
dir und Darryl jetzt nicht mehr mit hineingezogen werden. Ich
wünsche euch beiden al es Gute, aber um meiner selbst wil en möchte
ich euch nicht sehen. Es wäre einfach zu schmerzhaft, offen gesagt.
Was diese Krankheit angeht, kommt es mir vor, als ließest du dich
von Einbildungen quälen. Jedenfal s bist du in den Händen von
Ärzten, die mehr für dich tun können, als ich es kann.»
«Oh.» Die ferne Stimme war auf die Größe eines Punktes
geschrumpft, zu etwas Mechanischem, wie ein Amtszeichen. «Ich bin
nicht sicher, daß das wahr ist.»
Als Alexandra auflegte, zitterten ihr die Hände. Al die vertrauten
Winkel und Möbel ihres Hauses sahen schief aus, als wären sie durch
die Unvereinbarkeit der moralischen Entfernung zu ihr – Dinge, frei
von Sünde – und ihrer physischen Nähe verzerrt. Sie ging in ihren
Arbeitsraum, nahm einen der Stühle dort, einen Windsor-Stuhl mit
Stablehne, dessen Sitz mit Farbe, getrocknetem Gips und Kleister
gesprenkelt war, und trug ihn in die Küche. Sie stellte ihn unter das
hohe Küchenbord, stieg hinauf und griff über sich, um den in Folie
gewickelten Gegenstand wieder hervorzuholen, den sie nach ihrer
Rückkehr aus Janes Haus im letzten April dort versteckt hatte. Das
Ding erschreckte sie, weil es sich warm zwischen ihren Fingern
anfühlte: unter der Decke sammelt sich immer warme Luft, dachte
sie, eine schwache Erklärung. Als Coal sie herumhantieren hörte, kam
er aus seiner Schlafecke hervor, und sie mußte ihn hinter sich in der
Küche einschließen. Sonst würde er ihr nach draußen folgen und
    glauben, was sie gleich täte, wäre ein Apportierspiel.
Auf dem Weg durch ihren Arbeitsraum kam Alexandra an einem
übertrieben großen Gestell von zwei-mal-vier-und einmal-zwei-
zöl igen Kiefernleisten, verbogenen Kleiderbügeln und Hühnerdraht
vorbei, denn sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, sich an einer
riesigen Skulptur zu versuchen, die groß genug wäre für einen
öffentlichen Platz wie den Kazmierczak Square. In der planlosen
Anordnung des Hauses, in dem acht Farmergenerationen gelebt
hatten, lag hinter dem Arbeitsraum ein Durchgangsbereich mit
nacktem Erdboden, der zum Aufbewahren der Gartengeräte diente
und nun von Alexandra auch als Abstel raum genutzt wurde und
dessen Wände noch mit Schaufelstielen, Hacken und Harken dicht
bedeckt waren. Der Durchgang war beengt durch zusammengefallene
Haufen alter Tontöpfe und offene Säcke mit Torf und Knochenmehl,
die wackligen Regale waren übersät mit verrosteten Handschaufeln
und braunen Flaschen vol schaler Schädlingsbekämpfungsmittel. Sie
klinkte die rohe Tür auf, ineinanderverfugte Bretter,
zusammengehalten von einem Z aus Bauholzstreben, und trat hinaus
ins heiße Sonnenlicht; sie trug ihr kleines Päckchen, glitzernd und
warm, quer über den Rasen.
Das Ungestüm des Juni-Wachstums war überall: der Rasen mußte
gemäht, die Randbeete mit Knopfblumen mußten gejätet, die
Tomatenpflanzen und Pfingstrosen angebunden werden; Insekten
nagten an der Stil e; Sonnenlicht drückte auf Alexandras Gesicht, und
sie spürte, wie das Haar ihres einen dicken Zopfes sich auflud wie eine
elektrische Heizschlange. Das Moor hinter ihrem Grundstück, jenseits
der eingefal enen Feldsteinmauer, die von Giftsumach und wildem
Wein bedeckt war, bildete im Winter ein durchscheinendes braunes
Dickicht zwischen Inseln aus verfilztem Gras, mit blasigbläulichem
Eis; im Sommer jedoch ein festes Geflecht aus grünem Laub und
schwarzen Stielen, Farnen, Kletten und wilden Himbeeren, wo hinein
    das Auge nur wenige Meter weit dringen konnte und niemand je
gehen würde, weil die Dornen und darunter die Feuchtigkeit zu
bedrohlich waren. Bis zum Alter um die sechste Klasse herum, wenn
die Jungen befangen werden, weil Mädchen mit ihnen Spiele spielten,
war sie gut beim Softbal gewesen; jetzt holte sie aus und warf den
Zauber – nichts als Wachs und Nadeln, so leicht davonsegelnd, als
hätte sie auf dem Mond einen Stein geworfen – so tief in das
wuchernde Dunkel, wie sie nur konnte. Vielleicht würde er eine Stelle
schleimigen Wassers finden und versinken. Vielleicht würden
rotgeflügelte Amseln die Alufolie abpicken, um ihre Nester zu
schmücken. Alexandra befahl ihm zu verschwinden, verschluckt und
aufgelöst zu werden in der Vergebung der brodelnden Natur.
    Schließlich, als sie sich

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