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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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lesen, er weiß soviel.»
«Ich dachte nicht an Arthur. Ist er ein Freund?»
«Hat er denn irgendwelches Pech?» fragte Jane.
Sukies Augen wurden rund; sie hatte angenommen, jeder wüßte es.
«Oh, nichts, nur dieses Herzflattern. Doc Pat sagte ihm, man könnte
jahrelang damit leben, wenn man nur immer Digitalis zur Hand
hätte. Aber er haßt das Flattern; es ist, als wenn ein Vogel in seiner
Brust gefangen wäre, sagt er.»
Ihre beiden Freundinnen, die mit ihrer kaum verhohlenen Prahlerei
über neue Liebhaber in Alexandras Augen vor Gesundheit strotzten,
schlank und gebräunt wie sie waren, sogen Stärke aus Jennys Tod wie
aus einem Männerkörper. Jane sah anmutig und braun aus in ihren
Sandalen und dem Minikleid, und Sukie trug ebenfal s diesen
Sommerglanz der Eastwick-Frauen: Frotteshorts, die ihren Hintern
hoch und rund wie Boviste aussehen ließen, und ein pfauenartig
schimmerndes Oberteil, in dem ihre Brüste so hüpften, daß eindeutig
kein Büstenhalter darunter sein konnte. Allein die Vorstellung, in
Sukies Alter, dreiunddreißig, keinen Büstenhalter zu tragen! Seit
    ihrem dreizehnten Lebensjahr hatte Alexandra die spitzbrüstigen, von
Natur aus schlanken Mädchen beneidet, die munter aßen und aßen,
während auf ihrem eigenen Gemüt Fleischberge lasteten, die sich
jederzeit in Fett verwandeln konnten, sobald sie auch nur eine zweite
Portion nahm. Neidische Tränen stiegen auf und brannten in ihrer
Stirnhöhle. Warum war sie so vom Leben im Stich gelassen, wo doch
eine Hexe tanzen und fliegen sol te? «Wir können nicht so
weitermachen», platzte sie heraus, durch den Nebel aus Wodka, der
an den wunderlichen Winkeln des spindelförmigen kleinen Raumes
zerrte. «Wir müssen den Zauber zurücknehmen.»
«Aber wie denn, Schatz?» fragte Jane und schnippte Asche von einer
rotfiltrigen Zigarette in die Paisley-Schale, aus der Sukie alle
Pekanüsse herausgeklaubt hatte. Dann seufzte sie rauchig und
ungeduldig durch die Nase, als hätte sie Alexandras Gedanken gelesen
und diesen ermüdenden Ausbruch vorausgeahnt.
«Wir können sie nicht einfach so umbringen», fuhr Alexandra fort
und genoß schon fast den vermutlich entstandenen Eindruck einer
plärrenden, lästigen großen Schwester.
«Warum nicht?» fragte Jane trocken. «In unseren Gedanken töten
wir ständig Leute. Wir beseitigen Fehler. Wir ordnen Prioritäten um.»
«Viel eicht ist es überhaupt nicht unser Zauber», bot Sukie an.
«Viel eicht bilden wir uns das nur ein. Jedenfal s ist sie in den Händen
von Hospitälern und Ärzten mit diesen vielen vielen Instrumenten
und Apparaten und sonst was, die nicht lügen.»
«Sie lügen doch», sagte Alexandra. «Al der Wissenschaftskram lügt.
Es muß eine Form geben, wie wir es rückgängig machen können», bat
sie. «Wenn wir al e drei uns konzentrieren.»
«Ohne mich», sagte Jane. «Rituelle Magie langweilt mich total, habe
ich beschlossen. Sie ist zu sehr wie Kindergarten. Mein Schneebesen
ist von dem Wachs noch immer ganz verkrustet. Und meine Kinder
    fragen mich dauernd, was das Ding in der Alufolie war; sie haben
nichts anderes im Kopf, und ich fürchte, sie erzählen es auch ihren
Freunden. Vergeßt nicht, ihr beiden, ich spekuliere immer noch
darauf, eine eigene Kirche zu bekommen, und Getratsche bringt die
guten Leute bestimmt nicht dazu, eine Chorleiterin einzustellen.»
«Wie kannst du nur so gefühl os sein?» schrie Alexandra und fühlte,
wie ihre Emotionen köstlich gegen Sukies schlanke Antiquitäten
anbrandeten – den ovalen Tisch mit der Klapp-Platte, den
dreibeinigen Shaker-Stuhl mit der Sitzfläche aus Binsen – wie eine
Flutwelle, die Trümmer an den Strand trägt. «Seht ihr nicht, wie
furchtbar das ist? Al es, was sie jemals getan hat, war, daß sie ja sagte,
als er sie fragte, was hätte sie sonst sagen können?»
«Ich finde das eher lustig», sagte Jane und formte ihre
Zigarettenasche am Messingrand der Paisley-Schale zu einem spitzen
Kegel. «Unsere Jenny, die starb neulich», fügte sie hinzu, als wäre es ein
Zitat.
«Süße», sagte Sukie zu Alexandra, «ich habe die ernste Befürchtung,
es liegt nicht mehr in unseren Händen.» «‹Im Bett war keine so erfreulich›», fuhr Jane fort.
«Du hast es nicht getan, schlimmstenfal s warst du das Medium.
Wir alle waren es.»
«Betet, Schwestern, Lexa, heul nicht», reimte Jane und kam damit
offensichtlich ans Ende ihrer Strophe.
«Wir wurden nur benutzt vom Universum.»

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