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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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den Haydn immer
und immer wieder spielen. Er sagt, meine Intonation sei zimperlich. Zimperlich! Ich brach in Tränen aus und habe ihm gesagt, was für ein
widerlicher Chauvie er ist. Ich hätte ihm mal sagen sollen, wie
zimperlich er in so mancher Hinsicht ist.»
«Sie können nicht dafür», sagte Sukie leichthin. «Das ist eben ihre
Art, Liebe zu erbetteln. Lexa hat ihren üblichen Diät-Drink, einen W-
und-T. Moi, ich versinke immer tiefer im Bourbon.»
«Es gehört sich nicht, aber ich bin so hundsbeleidigt, daß ich mich
jetzt mal wie ein unartiges Mädchen aufführe und einen Martini wil .»
«Oh, Kleines. Ich glaube nicht, daß ich trockenen Wermut habe.»
«Nein, Herzchen, Schatz. Tu einfach Eis in ein Weinglas und gieß
den Gin darüber. Du hast nicht zufäl ig ein Stückchen
Zitronenschale?»
Sukies Kühlschrank war reich an Eis, Joghurt und Sel erie, im
übrigen aber öd und leer. Sie aß in der Stadt zu Mittag, in Nemos
Diner, drei Türen von der Redaktion entfernt, mußte nur am
Bilderrahmenladen, am Friseur und der Lesestube der Christian
Science vorbei, und war dazu übergegangen, auch am Abend dort zu
essen, wegen der Neuigkeiten, die sie bei Nemo erfuhr, al der
Munkeleien über das Leben in Eastwick um sie herum. Die
Alteingesessenen trafen sich da, die Ortspolizisten und die Highway-
Crew, die Fischer, die gerade keine Fangzeit hatten, und die
momentan bankrotten Geschäftsleute. «Orangen sind anscheinend
auch keine da», sagte sie, an den beiden Gemüsefächern aus
feuchtklebrigem grünem Metal zerrend. «Aber ich habe ein paar
    Pfirsiche gekauft, am Obststand drüben an der R 4.»
«Pfirsich essen, darf ich’s wagen?» zitierte Jane, «wil am Strand
spaziern und weiße Hosen tragen.» Sukie zuckte zusammen, als sie
sah, wie die aufgeregten Hände der anderen Frau die eine sehnig und
lang vom Saitengreifen, die andere breit und schlaff vom Bogenhalten
– einen rostigen, stumpfen Mohrrübenschäler in die rosige Wange des
saftigen gelben Pfirsichs bohrten. Jane ließ das zarte Hautstückchen
ins Glas fal en; eine gebannte Stil e, die Magie eines geheimen
Rezepts, verstärkte das winzige plip. «Ich kann nicht schon so früh im
Leben völ ig unverdünnten Gin trinken», verkündete Jane mit
puritanischer Befriedigung und sah nichtsdestoweniger lungerig und
unzufrieden aus. Mit ihrem hurtigen, stöckerigen Schritt ging sie zur
Höhle hinüber.
Alexandra reckte sich schuldbewußt zum Fernsehapparat hin und
knipste ihn aus: der Präsident, ein kummervol er, grauwangiger Mann
mit gequälten, unehrlichen Augen, machte der Nation soeben eine
Mitteilung von höchster Wichtigkeit.
«Hallo, du Prachtstück!» rief Jane – ein bißchen zu laut in diesem
kleinen schrägen Raum. «Nur keine Umstände, ich sehe, ihr habt es
euch schon gemütlich gemacht. Sag mal, das Gewitter vor ein paar
Tagen, war das von dir?»
Die Pfirsichhaut in dem auf dem Kopf stehenden Kegel ihres
Drinks sah beunruhigend aus: wie ein Stück Menschenfleisch, in
Alkohol konserviert.
«Ich bin zum Strand gefahren, nachdem wir telefoniert hatten»,
gestand Alexandra. «Ich wol te sehen, ob dieser Mann schon im
Lenox-Haus ist.»
«Ich wußte, daß es dir keine Ruhe lassen würde, armes Huhn», sagte
Jane. «Und? War er da?»
«Aus dem Schornstein kam Rauch. Ich bin nicht näher
    hingefahren.»
«Du hättest hinfahren und sagen sol en, du kämest von der
Feuchtgebiets-Kommission», sagte Sukie. «In der Stadt heißt es, er
wil einen Anlegeplatz bauen und auf der Rückseite der Insel so viel
aufschütten, daß ein Tennisplatz angelegt werden kann.»
«Das kommt niemals durch», sagte Alexandra träge. «Da nisten die
Silberreiher.»
«Sei nicht so sicher», bekam sie zur Antwort. «Dieser Besitz hat der
Stadt seit zehn Jahren keine Steuern eingebracht. Für jemanden, der
ihn wieder registrieren läßt, kann der Gemeinderat eine Menge
Silberreiher vertreiben.»
«Ach, ist das gemütlich!» rief Jane aus, ziemlich verzweifelt, weil sie
sich übergangen fühlte. Als dann die vier Augen auf sie gerichtet
waren, mußte sie improvisieren. «Greta kam in die Kirche», sagte sie,
«ausgerechnet, als er meinen Haydn zimperlich nannte. Sie hat
gelacht.»
Sukie ahmte deutsches Lachen nach: «Höhöhö.»
«Ob die noch miteinander vögeln?» fragte Alexandra versonnen; sie
fühlte sich entspannt mit ihren Freundinnen und ließ ihre Gedanken
schweifen und Bilder aus der Natur einsammeln. «Wie

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