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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Jennys armer vergifteter Körper
Vene für Vene und Sehne für Sehne mit dem von Jane verwoben, wie
der Körper einer ertrunkenen Frau mit Seetang, und beide stiegen auf,
die eine, damit sie schließlich von der anderen abgeschüttelt würde,
doch in diesem Moment noch mit der anderen in jenen kreiselnden
fluoreszierenden Tiefen verwoben. Die Gigue prickelte und sträubte
sich unter ihren Fingern; die Achtelnoten-Terzen, die den
Sechzehntelläufen unterlagen, wuchsen unheilvol ; es war ein
hoffnungsloses Ringen, ein Herabziehen, ein schreckliches fortissimo- Gewirr. Dann kam ein letzter Abwärtslauf und dann stürmisch die
Tonleiter hinauf bis zu dem Schrei, der das crescendo krönt, der dünne
knappe Schrei jenes finalen d ’s.
Jane spielte beide Wiederholungen und griff kaum je daneben, nicht
einmal bei der tückischen Mittelpartie, wo man die schnel
wechselnden Tempi durch ein Dickicht von Punkten und Bindungen
peitschen mußte; wer hatte bloß behauptet, ihr legato klinge détaché? Die Cove-Siedlung lag draußen so unberührt wie eine Fläche
arktischen Eises hinter den schwarzen Fenstern. Manchmal kam die
telefonische Beschwerde eines Nachbarn, aber heute nacht schien
sogar das Telefon in Verzückung. Nur Randolph hielt ein Auge offen;
während sein schwerer Kopf auf dem Boden lag, starrte ein opakenes
    Auge, in dessen Dunkel Blutflecken schwammen, auf den
fleischfarbenen hohlen Körper zwischen den Beinen seiner Herrin, der
scharfe Rivale um ihre Gunst. Jane war so außer sich, so von Sinnen,
daß sie noch den ersten Satz des Cel o-Parts von Brahms e-moll
spielte, jene romantischen schmachtenden Halbnoten, während das
imaginäre Klavier daneben einherstolzierte. Was für ein Softie Brahms
doch war mit seinen vielen Verzierungen: eine Frau mit Bart und
Zigarre!
Jane erhob sich von ihrem Stuhl. Sie spürte einen mörderisehen
Schmerz zwischen den Schulterblättern, und ihr Gesicht war
tränenüberströmt. Es war zwanzig nach vier. Die ersten grauen
Regungen des Lichts pflanzten hagere Schatten auf den Rasen vor
ihrem Panoramafenster, jenseits der wuchernden Büsche, die sie
niemals beschnitt und die sich ausbreiteten und vermischten wie die
verschiedenen Farben der Flechten auf einem Grabstein, wie
Bakterienkulturen in einem Kultivator. Die Kinder machten
gewöhnlich schon früh morgens Krach, und Bob Osgood, der
versprochen hatte, sie zum «Mittagessen» in einem scheußlichen
Motel zu treffen – halbkreisförmig aufgereihte Rigipshäuschen
irgendwo in den Wäldern in der Nähe von Old Wick – würde zur
Bestätigung von der Bank aus anrufen; so konnte sie den Hörer nicht
von der Gabel nehmen und schlafen, selbst wenn die Kinder ruhig
blieben. Jane fühlte sich plötzlich so erschöpft, daß sie ins Bett ging,
ohne das Cello in seinen Kasten zurückzustellen, vielmehr ließ sie es
an den Stuhl gelehnt stehen, als wäre sie ein Orchestermitglied, das
während der Pause nicht auf der Bühne sein muß.
    Alexandra blickte aus dem Küchenfenster und fragte sich, wie es so
schmierig und schmutzstarrend geworden war – konnte denn der
Regen selber schmutzig sein? – und sah deshalb, wie Sukie parkte und
entlang der Backsteinmauer durch den Laubengang herankam, wobei
    sie den beweglichen orangenen Kopf einzog, um dem leeren
Vogelfutterkasten und den niedrig hängenden Weinreben mit den
reifenden, grünen Trauben auszuweichen. Bislang war der August
feucht gewesen, und heute sah es nach noch mehr Regen aus. Die
Frauen küßten sich hinter dem Fliegengitter. «Es ist so nett von dir,
daß du gekommen bist», sagte Alexandra. «Ich weiß gar nicht, warum
es mir eigentlich Angst macht, al ein danach zu suchen. In meinem
eigenen Sumpf.»
«Es ist beängstigend, Süße», sagte Sukie, «weil es so wirksam war. Sie
ist wieder im Krankenhaus.»
«Natürlich wissen wir eigentlich gar nicht, ob …“
«Doch, wir wissen es», sagte Sukie ohne die Spur eines Lächelns auf
den Lippen, die deshalb fremd und bauschig wirkten. «Wir wissen,
wie’s war.» Sie schien unfrei, aufs neue die kleine Reporterin in ihrem
Regenmantel. Der Anzeiger hatte sie wieder eingestellt. Immobilien zu
verkaufen, hatte sie Alexandra mehr als einmal am Telefon erzählt,
war einfach zu riskant, man bekam zu leicht Magengeschwüre,
während man darauf wartete, daß es klappte, ständig sich fragend, ob
man nicht hätte detail ierter und überzeugender argumentieren
müssen an jenem

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