Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
mehr sagen.»
    Es ärgerte Alexandra, in die Defensive gedrängt zu werden, wo sie
doch diejenige war, die eine Abfuhr erlitten hatte. Sie sagte: «Ich
dachte, die Donnerstage wären heilig.»
«Sind sie auch, normalerweise», setzte Jane an.
«Aber in einer Welt, in der es nichts Heiliges mehr gibt, erübrigen
sich vermutlich auch die Donnerstage.» Warum war sie so verletzt?
Der Rhythmus ihrer Woche wurde von dem unzerbrechlichen
Dreieck bestimmt, dem Kegel der Macht. Aber sie durfte nicht mit
dieser schleppenden Stimme sprechen, dadurch verriet sie sich nur.
Jane sagte zerknirscht: «Nur dies eine Mal –»
«Ist ja gut, Schatz, um so mehr Teufelseier für mich.» Jane Smart
liebte Teufelseier, kreidig krümelig und scharf, mit Paprika und einer
Messerspitze trockenem Senf und garniert mit feingehacktem
Schnittlauch oder mit Anchovis, die über den gefül ten Eihälften
lagen wie Krötenzungen.
«Wol test du dir wirklich die Mühe mit gefül ten Eiern machen?»
fragte sie wehmütig.
«Natürlich nicht, Schatz», sagte Alexandra. «Nur die üblichen
lappigen Crackers mit muffigem Velveta. Ich muß Schluß machen.»
Eine Stunde später, als sie geistesabwesend an Joe Marinos pelziger,
nackter Schulter vorbeistarrte – die rührend süßsäuerlich nach Baby
roch –, indes er, auf ihr liegend, mehr aus Leibeskräften denn aus
Begeisterung auf- und niederpumpte und das Bett ächzte und
schwankte unter der Doppellast, hatte Alexandra eine Vision. Vor
ihrem geistigen Auge stand, deutlich wie ein Kalenderbild, das Lenox-
Haus mit dem einzelnen Rauchfaden, den sie an jenem Tag gesehen
hatte, und diese rührende kleine Nebelsträhne verflocht sich mit Janes
lebhafter Schilderung, Van Horne sei scheu und infolgedessen
flegelhaft. Eher desorientiert, war Alexandras Eindruck gewesen: wie
jemand, der durch eine Maske blinzelt oder mit Watte in den Ohren
    zuhört. «Konzentrier dich, zum Donnerwetter», knurrte Joe in ihr
Ohr, und kam, hilflos, erregt vor Ärger, sein nackter, pelziger Körper
– die arbeitsgestählten Muskeln leicht aufgeweicht vom Wohlstand –
bäumte sich einmal, zweimal und ein drittes Mal und blieb dann, mit
einem kleinen Nachzucken, liegen, wie ein Auto mit Turbolader, das
noch einmal ruckt, wenn die Zündung schon ausgeschaltet ist. Sie
versuchte, ihn einzuholen, aber die Verbindung war abgerissen.
«Tut mir leid», grummelte er. «Ich dachte, wir sind auf einer
Schiene, aber du bist abgedriftet.» Er war vorher schon großmütig
gewesen, hatte ihr ihre Periode verziehen, auch wenn sie so gut wie
vorbei war und fast kein Blut mehr kam.
«Meine Schuld», sagte Alexandra, «ganz al ein meine. Du warst
wunderbar. Ich war miserabel.» Spielt grandios, hatte Jane gesagt.
Der Plafond hatte, im Gefolge ihrer Vision, eine jähe Klarheit
gewonnen, als sähe Alexandra ihn zum erstenmal: seine teilnahmslose,
tote, viereckige Fläche, bestimmte kleine Unebenheiten im Verputz,
kaum unterscheidbar von den Flecken im Kammerwasser ihrer
Augen; al erdings, wenn sie auch nur eine Spur den Blick verschob,
schwammen letztere wie mikroskopisch kleine Tierchen in einem
Teich, wie Krebszellen in unserer Lymphe. Joes gerundete Schulter
und die Seite seines Halses waren gleichgültig und blaß wie die
Zimmerdecke und ebenso sanft durchzogen von diesen optischen
Unreinheiten, die für gewöhnlich nicht zu ihrem Universum
gehörten, die aber, wenn sie einmal eingedrungen waren, sich nur
schwer wegwischen, schwer übersehen ließen. Ein Zeichen des
Alterns. Hügelabwärts rol enden Schneebäl en gleich sammeln wir
Grus in uns an.
Sie fühlte, wie ihre Brüste, ihr Bauch in Joes Schweiß schwammen,
und auf diesem Umweg fanden ihre Gedanken zurück zur Freude an
seinem Körper, der elastischen Beschaffenheit und Schwere und dem
    vertrauenerweckenden männlichen Geruch seines Körpers und dem
Wunder – in einer Welt der mickrigen Wunder – seines Hierseins.
Gewöhnlich war er nicht hier. Gewöhnlich war er bei Gina. Mit
einem gekränkten Seufzen rol te er von Alexandra herunter. Sie hatte
seine mediterrane Eitelkeit verletzt. Er war kahl auf dem Kopf und
sonnengebräunt, sein blanker Schädel wel te sich ein wenig, wie die
Seiten eines Buches, das wir draußen gelassen haben, im Tau, und zu
seiner Eitelkeit gehörte, daß er sich stets, als erstes, seinen Hut wieder
aufsetzte. Er sagte, ohne ihn friere er. Sein Profil unterm
zurechtgerückten Hut wirkte jung, er hatte

Weitere Kostenlose Bücher