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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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die scharfgebogene Nase
der Männer auf Bel ini-Porträts und tiefe, von der Leber gekerbte
Ringe unter den Augen. Das hatte sie angezogen, diese träge
Verruchtheit in seinen Zügen, diese Anspielung auf den
schwerlidrigen barone oder Doge oder Mafioso, der mit einem
verächtlichen Schnalzen der Zunge gegen die Zähne über Leben und
Tod entscheidet. Aber Joe, den sie verführt hatte, als er gekommen
war, um eine Toilette zu reparieren, die die ganze Nacht getröpfelt
hatte, erwies sich in dieser Hinsicht eher als zahnlos: ein
gottesfürchtiger Kleinbürger, rechtschaffen bis hinunter zur letzten
Messingdichtung, ein hingebungsvol er Vater von fünf Kindern unter
elf Jahren und verschwippt und verschwägert mit dem halben Staat.
Ginas Familie hatte diese Küste von New Bedford bis Bridgeport mit
ihrer Brut bevölkert. Joe war ein Nimmersatt, was loyale Bindungen
betraf; sein Herz gehörte mehr Sportvereinigungen – den Celtics,
Bruins, Whalers, Red Sox, Pawtucket Sox, Pats, Teamen, Lobsters,
Minutemen –, als in Alexandras kühnsten Vorstel ungen überhaupt
existierten. Mit der gleichen Pflichttreue kam er einmal in der Woche
zu ihr und lud seinen Samen in ihr ab. Ehebruch war für ihn ein
Schritt zur Verdammnis gewesen, noch eine Verpflichtung, die er
eingegangen war, eine satanische, der er getreulich nachkam. Überdies
war es so etwas wie eine empfängnisverhütende Maßnahme; seine
    Fruchtbarkeit hatte angefangen, ihn zu ängstigen, und je mehr von
seinem Samen Alexandra mit ihrem Intrauterinpessar aufnahm, desto
weniger blieb für Gina zur Verarbeitung übrig. Die Affäre hatte ihren
dritten Sommer hinter sich, und Alexandra wußte, daß es Zeit war,
Schluß zu machen, aber sie schmeckte Joe so gern – würzigsüß, wie
Nougat – und mochte die Art, wie einen Zol über den sanften
Riffeln seines Schädels die Luft schimmerte. Seine Aura hatte nichts
Böswil iges, nichts Falschfarbenes; seine Gedanken suchten, wie seine
Klempnerhände, stets nach dem passenden Kupplungsstück
sozusagen. Das Schicksal hatte sie vom Herstel er von
Chromarmaturen weitergereicht zu deren Instal ateur.
Um das Lenox-Haus so zu sehen, wie es ihr in ihrer Vision
erschienen war, deutlich umrissen jeder Backstein, die granitenen
Simse und Ecksteine und die argusäugig spähenden Fenster zum
Greifen nah, hätte man sich freischwebend in der Luft halten müssen.
Das Bild war rapide kleiner geworden, als entschwinde es, ihr
zuwinkend, im Raum. Es schrumpfte auf die Größe einer Briefmarke,
und hätte sie nicht die Augen geschlossen, wäre es sicher verschluckt
worden, wie eine Erbse vom Ausguß. Während sie die Augen
geschlossen hielt, war er gekommen. Sie fühlte sich jetzt benommen,
nach außen gestülpt, als hätte sie teilgehabt an dem Orgasmus.
«Viel eicht sol te ich mit Gina Schluß machen und irgendwoanders
noch mal von vorn anfangen, mit dir», sagte Joe.
«Sei nicht albern. Du hast im Ernst nichts dergleichen vor», wies
Alexandra ihn zurecht. Über der Zimmerdecke, unsichtbar, hoch
oben im windigen Tag, strichen Wildgänse in einem V nach Süden
und riefen einander versichernd zu: Ich bin da, du bist da. «Du bist ein
braver Katholik mit fünf bambini und einem blühenden Geschäft.»
«Ja, und warum bin ich dann hier?»
«Du bist verhext. Ganz einfach. Ich habe aus dem Eastwick-Anzeiger
    das Foto von dir herausgerissen, wo du auf der Sitzung des
Planungsausschusses warst, und es über und über mit meinem
Menstruationssaft beschmiert.»
«Gott, kannst du ekelhaft sein.»
«Du magst das, nicht wahr? Gina ist nie ekelhaft. Gina ist sanft und
süß wie Unsere Liebe Frau. Wenn du auch nur die Spur von einem
Gentleman wärst, würdest du mich mit der Zunge fertigmachen. Es
kommt kaum noch Blut, es ist zu Ende.»
Joe schnitt eine Grimasse. «Nimmst du auch einen Gutschein an?»
fragte er und sah sich nach Kleidungsstücken um, die er unterhalb des
Hutes anlegen könnte. Obwohl er ein wenig schwammig wurde, hatte
sein Körper etwas Adrettes: als Schüler hatte Joe Sport getrieben, er
war geschickt mit jedem Bal gewesen, aber zu kleinwüchsig, um es zu
Starruhm zu bringen. Sein Hintern war fest, sein Bauch al erdings
schwabbelte ein bißchen. Ein großer Schmetterling aus feinen
schwarzen Haaren hatte sich auf seinem Rücken niedergelassen: die
oberen Flügelränder verliefen entlang seiner Schultern, und die Füße
zerfaserten sich nach unten in die Grübchen zu beiden

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