Die Hexen von Eastwick
Seiten seines
Rückgrats. «Ich muß mich um diesen Van Horne-Auftrag kümmern»,
sagte er, ein rosa Hodenklümpchen verstauend, das aus einer
Beinöffnung seiner elastischen Unterhose gelugt hatte. Sie war wie ein
Bikinihöschen geschnitten und purpurrot, etwas Neues, passend zu
der neuen Androgynie. Zu Joes Verpflichtungen gehörte auch die,
sich den wechselnden Männermoden zu unterwerfen. Er war einer der
ersten in Eastwick und Umgebung gewesen, der einen lässigen
Denim-Anzug trug und der ahnte, daß Hüte ein Comeback feiern
würden.
«Wie läuft es denn da?» fragte Alexandra trödelig; sie wol te nicht,
daß er ging. Trostlosigkeit war von der Decke auf sie niedergefal en.
«Wir warten noch immer auf diese versilberte Wannengarnitur, die
in Deutschland bestel t werden mußte, und ich habe jemand nach
Cranston raufschicken müssen, wegen einer Kupferplatte, die so groß
sein muß, daß sie unter die Wanne paßt, ohne daß man anschweißen
muß. Ich bin froh, wenn ich da fertig bin. An dem Laden stimmt was
nicht, an der ganzen Geschichte. Der Kerl schläft meistens bis
mittags, und manchmal fährt man hin, und es ist überhaupt keine
Menschenseele da, nur diese langhaarige Katze schleicht herum. Ich
mag Katzen nicht.»
«Sie sind ekelhaft», sagte Alexandra, «wie ich.»
«Was sol das, Al. Du bist mia vacca. Mia vacca bianca. Du bist
meine große Schüssel vol Eiscreme. Was kann ein armer Kerl denn
sonst noch sagen? Jedesmal, wenn ich ernsthaft mit dir reden wil ,
stopfst du mir den Mund.»
«Ernsthaftigkeit macht mir Angst», sagte sie ernsthaft. «Außerdem,
in deinem Fal weiß ich, du foppst mich nur.»
Aber sie war es, die ihn foppte; sie ließ die Schnürbänder seiner
Schuhe – ochsenblutrote Korduanschuhe, wie Col ege-Leute sie
tragen – ebenso schnell wieder aufgehen, wie er sie zu Schleifen band;
ihm blieb nichts anderes, als hinauszuschlurfen, mit schleifenden
Schnürsenkeln, vernichtet in seiner Eitelkeit und Ordnungsliebe.
Seine Schritte auf der Treppe wurden immer leiser, schachtelten sich
ineinander, kleiner und kleiner werdend, und das Zuschlagen der Tür
war wie der massive kleine Stöpsel, das bemalte Holzpflöckchen
zuinnerst einer russischen Puppe in der Puppe in der Puppe.
Starengezwitscher schrammte an ihren Fenstern vorbei; wilde
Brombeeren lockten ganze Schwärme zum Moor. Al ein gelassen und
unbefriedigt in der Mitte ihres Bettes liegend, das jäh wieder riesig
war, versuchte Alexandra, indes sie zur ausdruckslosen Decke
hinaufstarrte, die seltsam scharfe architektonische Vision des Lenox-
Hauses zurückzurufen; aber sie brachte nur ein geisterhaftes Nachbild
zustande, ein ausgeblichenes Rechteck, wie auf einem Briefumschlag,
der so lange auf dem Dachboden aufbewahrt lag, daß die Marke
abgeblättert ist, ohne daß sie berührt worden wäre.
Erfinder, Musiker,
Kunstliebhaber renoviert
a ltes Lenox-Haus
VON SUZANNE ROUGEMONT
Galant, mit dunkler Stimme, gut aussehend auf seine saloppe,
bärenhafte Art, empfing Mr. Darryl Van Horne, kürzlich von
Manhattan zugezogen und inzwischen ein zufriedener Steuerzahler in
Eastwick, uns auf seiner Insel.
Jawohl, seine Insel, denn das al seits berühmte Lenox-Haus, das
unser «Neuer» erworben hat, steht mitten in der Marsch und ist bei
Flut von schierem Wasser umgeben!
Zirka 1895 in englischem Backsteinstil erbaut, mit symmetrischer
Fassade und gewaltigen Schornsteinen zu beiden Seiten, sol die
Erwerbung, wie der neue Besitzer hofft, vielfältigen Zwecken dienen:
als Laboratorium für seine sensationel en Experimente mit Chemie
und Solarenergie, als Konzertsaal, bestückt mit nicht weniger als drei
Flügeln (die er vol endet beherrscht, der Leser möge dessen versichert
sein!) und als weitläufige Galerie, an deren Wänden aufrüttelnde
Werke von so zeitgenössischen Meistern wie Robert Rauschenburg,
Claus Oldenberg, Bob Indiana und James Van Dine hängen. Ein
ausgeklügeltes Solariumplus-Gewächshaus, ein japanisches Bad, das ein
luxuriöser Traum aus freiliegenden Kupferleitungen und poliertem
Teakholz zu werden verspricht, sowie ein Tennisplatz mit AsPhlex-
Belag sind bereits im Bau, so daß die in Privatbesitz befindliche Insel
unter der Lärmglocke von Hammer und Säge liegt und die schönen
weißen Reiher, die auf der Leeseite des Anwesens ihre angestammten
Nistplätze haben, vorübergehend woanders Zuflucht suchen.
Der Fortschritt hat seinen Preis!
Van Horne, wiewohl ein
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