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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Nußhaut klebten an ihren
verschwenderischen Lippen.
Sie ging nach oben. Der Weg zu Sukies Schlafzimmer führte die
schmale Stiege hinauf, dann links durch einen engen, schrägen Flur
mit schmuckloser Täfelung und dann nach rechts, durch eine Tür aus
dem 18. Jahrhundert, die mit einem zweifachen X aus Nägeln mit
    quadratischen Köpfen beschlagen war. Sie schloß die Tür hinter sich
und ließ den wie eine Klaue geformten schmiedeeisernen Riegel
einschnappen. Die Tapete an den Wänden war mit einem alten
Muster bedruckt: Weinreben, die stracks nach oben wuchsen, wie
Bohnen an der Stange, und die spinnwebenüberzogene Decke hing
durch wie die Unterseite einer Hängematte. Große verbolzte
Unterlegscheiben an den schlimmsten Rissen verhinderten, daß der
Putz herunterkam. Eine einsame Geranie starb auf der Fensterbank; es
gab nur dies eine kleine Fenster im Zimmer. Sukie schlief in einem
durchgelegenen Doppelbett, über das eine Tagesdecke aus
verschlissenem gepunktetem Musselin gebreitet war. Ihr war
eingefal en, daß neben dem Bett noch der Anzeiger von vergangener
Woche lag; mit einer gebogenen kleinen Nagelschere schnitt sie
säuberlich ihren «Erfinder, Musiker, Kunstliebhaber»-Artikel aus, und
ihr Atem strich warm drüberhin, während ihre kurzsichtigen Augen
darauf achteten, daß am Rand ja nicht ein Buchstabe irgendeines
angrenzenden, nicht Darryl Van Horne betreffenden Textes
stehenblieb. Als sie damit fertig war, wickelte sie den
Zeitungsausschnitt, mit dem Artikel nach innen, um eine
schwerhüftige, kleinfüßige, nackte Tonfigur, die Alexandra ihr vor
zwei Jahren zu ihrem 30. Geburtstag geschenkt hatte, die aber nun,
zum Zwecke der Magie, als Darstellung der Schöpferin selbst
herhalten mußte. Mit einem speziellen Bindfaden, den Sukie in einem
schmalen Schrank neben dem eingemauerten Kamin verwahrte,
einem faserigen blaßgrünen Juteband, wie Gärtner es benutzen, um
Pflanzen hochzubinden, weshalb ihre Gärten auch so strotzen vor
hoffnungsvol em Wachstum, umwickelte sie das Päckchen so lange,
bis nichts mehr von dem zerknitterten, bedruckten Papier zu sehen
war. Sie verknotete das Band einmal, dann noch einmal und ein
drittes Mal, damit der Zauber besser wirke. Der Fetisch lag ihr
angenehm in der Hand, etwas Phallisch-Längliches, das sich anfühlte
    wie dichtes Korbgeflecht. Unsicher, was die passende Zauberformel
sei, drückte sie das Päckchen flüchtig an ihre Stirn, ihre beiden Brüste,
ihren Nabel, der ein einzelnes Glied in der endlosen Kette der Frauen
war, und ihren Rock hebend, jedoch ohne den Slip herunterzuziehen,
an ihre Scham. Für alle Fälle gab sie dem Ding noch einen Kuß. «Viel
Spaß, ihr beiden», sagte sie; ein Wort aus dem Lateinunterricht fiel ihr
ein, und flüsternd leierte sie: «Copula, copula, copula.» Dann ließ sie
sich auf die Knie nieder und schob den splissigen Talisman unter ihr
Bett, wo sie gut ein Dutzend Staubflocken erspähte und eine
verlorengeglaubte Strumpfhose, aber sie war zu sehr in Eile, um sie
hervorzuholen. Ihre Brustwarzen waren schon ganz hart, sie dachte an
Ed Parsley, seinen dunklen geparkten Wagen, den wischenden,
bezichtigenden Strahl des Leuchtturms von Point Judith, das stinkige,
miefige Motelzimmer, das Ed mit 18 Dol ar schon im voraus bezahlt
haben würde, und an die Stürme seiner Schuldgefühle, die sie würde
durchstehen müssen, sobald er sexuel befriedigt war.
Der Himmel an diesem Nachmittag hing kalt und tief und
silberweiß, und Alexandra dachte, an der East Beach könnte es zu
windig und ungemütlich sein, darum parkte sie den Subaru an der
Böschung neben der Strandstraße, nicht weit vom Lenox-Damm.
Hier erstreckte sich die Marsch weit, das Gras war ausgebleicht und
stellenweise plattgedrückt von den Gezeiten, hier konnte Coal
ungehindert laufen. Zwischen den gesprenkelten Findlingen, die das
riesige Knochengerüst des Dammes waren, deponierte das Meer tote
Möwen und leere Krabbenschalen, die der Hund vol Wonne
beschnupperte und durcheinanderstöberte. Hier stand auch, was noch
übrig war vom einstigen Zufahrtsportal: zwei Backsteinpfeiler, mit
zementenen Obstschalen bemützt und versehen mit vor sich hin
rostenden Angeln für ein Eisentor, das es nicht mehr gab. Während
sie da stand und zum finsterblickenden symmetrischen Haus
hinüberstarrte, näherte sich hinter ihr, lautlos, der Besitzer in seinem
    Mercedes. Das Auto war in einem gebrochenen Weiß lackiert,

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