Die Hexen von Eastwick
das
schmuddelig wirkte; der eine vordere Kotflügel war eingedellt, der
andere repariert und in einem abweichenden Elfenbein ausgebessert.
Alexandra trug ein rotes Kopftuch, wegen des Windes, und als sie sich
umdrehte, sah sie ihr Gesicht im Auge des lächelnden dunklen
Mannes: ein entsetztes Oval, rotgerahmt gegen den silbrigen Himmel
über dem Meer, das Haar versteckt wie das einer Nonne.
Das Autofenster war auf Knopfdruck leise heruntergeglitten. «Da
sind Sie ja endlich!» rief er – nicht in dem ungehörigen, lümmelhaften
Ton, den er auf dem Empfang nach dem Konzert am Leib gehabt
hatte, sondern sachlich konstatierend wie ein Geschäftsmann. Sein
rissiges Gesicht grinste. Neben ihm auf dem Beifahrersitz saß eine
undeutliche konische Gestalt – ein Col ie, aber einer, in dessen
dreifarbigem Fell wider al e Regel Schwarz dominierte. Das Vieh
kläffte erbarmungslos, als der brave Coal weit schweifend seine
Aasschnüffelei unterbrach und seiner Herrin zu Hilfe eilte.
Sie packte ihren Liebling am Halsband, um ihn zurückzuhalten, er
sträubte sich und würgte, und sie hob die Stimme, um sich im
Tumult der Hunde Gehör zu verschaffen. «Ich habe hier nur geparkt,
ich wol te nicht …» Ihre Stimme klang zaghafter und jünger als sonst;
sie war ertappt worden.
«Ich weiß, ich weiß», sagte Van Horne ungeduldig. «Kommen Sie
trotzdem mit rüber und trinken Sie einen Schluck. Sie haben Ihre
Besichtigungstour noch nicht gemacht.»
«Ich muß in einer Minute zurück. Die Kinder kommen aus der
Schule.» Aber noch während sie dies sagte, zerrte sie Coal, der sich
argwöhnisch widersetzte, zu ihrem Auto hin. Sein Ausflug war noch
nicht zu Ende, wol te er sagen.
«Steigen Sie lieber zu mir in meine Kutsche ein!» rief der Mann.
«Die Flut kommt, und Sie wol en doch nicht stranden.»
Will ich wirklich nicht? dachte sie und gehorchte wie ein Automat,
verriet ihren besten Freund, sperrte Coal in den Subaru, ließ ihn
al ein. Er hatte geglaubt, daß sie zu ihm einsteigen und nach Hause
fahren würde. Sie kurbelte das Fenster auf der Fahrerseite ein paar
Zentimeter herunter, damit Luft ins Auto kam, und drückte auf die
Verriegelungsknöpfe an den Türen. Das schwarze Gesicht des Hundes
runzelte sich ungläubig zusammen, seine Ohren stel ten sich so hoch
auf, daß das Knorpelgefältel in ihrem Innern das schlappige Gewicht
kaum noch stützen konnte. Dies samtene rosa Gerüsch, das sie so oft
am Kamin liebkost und nach Zecken abgesucht hatte. Sie wandte sich
ab. «Wirklich nur eine Minute», stammelte sie, zerrissen, verlegen –
ausgelöscht al die Jahre des Gleichmuts und der Überlegenheit.
Der Col ie, der in Sukies Artikel nicht vorkam, streifte al e
Grimmigkeit ab und verdrückte sich höflich auf den Rücksitz, als sie
die Tür des Mercedes öffnete. Das Wageninnere war in rotem Leder
gehalten; die Vordersitze waren mit Lammfell bezogen. Mit einem
teuren, trockenen Klacken schloß sich die Tür an ihrer Seite.
«Sag guten Tag, Needlenose», sagte Van Horne und drehte seinen
großen, wie ein schlecht sitzender Helm anmutenden Kopf zum
Rücksitz hin. Der Hund hatte tatsächlich eine sehr spitze Nase; er
stupste sie in Alexandras Handfläche, als sie sie ihm hinhielt. Spitz,
feucht und unangenehm, wie das Ende eines Eiszapfens. Schnel zog
sie die Hand zurück.
«Es dauert noch Stunden, bis die Flut kommt», sagte sie und
versuchte, ihre Stimme wieder wie die einer erwachsenen Frau klingen
zu lassen. Der Damm war trocken und vol er Schlaglöcher. Bis
hierhin waren die Renovierungsarbeiten noch nicht gediehen.
«Bei dem tückischen Biest kann man nie wissen», sagte er. «Wie
zum Teufel ist es Ihnen ergangen? Sie sehen deprimiert aus.»
«Tatsächlich? Woran sehen Sie das?»
«Ich sehe es eben. Manche Menschen finden den Herbst
deprimierend, andere hassen den Frühling. Ich für mein Teil bin
immer ein Frühlingstyp gewesen. Al dies Wachsen, man fühlt richtig,
wie sie ächzt, die Natur, die alte Vettel; sie wil nicht, nicht schon
wieder, al es, bloß das nicht, aber sie muß. Es ist eine beschissene
Tortur, al dies Sprießen und Drängen, der Saft steigt in den Bäumen,
Unkraut und Insekten machen wieder mobil, die Samen zerbrechen
sich den Kopf, wie zum Teufel noch mal die DNS funktioniert, das
ganze Gerangel um ein bißchen Stickstoff – Jesus, es ist schon hart.
Vielleicht bin ich zu sensibel. Sie haben bestimmt Ihre Freude daran.
Frauen sind in solchen
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