Die Hexen von Eastwick
Weg versperrte und er ihr nur
mit seiner Stimme nachsetzen konnte, während sie hinaussegelte aus
diesem Zimmer mit seiner häßlichen Kunst und weiter durch die
Bibliothek, am Musikzimmer vorbei in die Hal e mit dem
Elefantenfuß, wo es am stärksten nach faulen Eiern roch, aber
zugleich schon die frische, freie Luft zu spüren war. Die schwarze Tür,
Eiche, war auf der Innenseite in der natürlichen Zweifarbigkeit des
Holzes belassen.
Fidel war aus dem Nichts aufgetaucht und hatte sich in Stel ung
gebracht, die Hand auf der mächtigen Messingklinke. Alexandra
schien es, als sehe er an ihrem Gesicht vorbei zu seinem Herrn hin:
die hatten vor, sie hier festzuhalten. In ihrer Panik wol te sie bis fünf
zählen und dann losschreien, aber es mußte ein Nicken gegeben
haben: der Riegel klickte auf, als sie bei drei angelangt war.
Van Horne sagte hinter ihr: «Ich würde mich ja erbötig machen, Sie
zur Straße zurückzufahren, aber möglicherweise ist das Wasser schon
zu hoch.» Er klang außer Atem: Lungenemphysem von zu viel
Nikotin oder vom Inhalieren der Auspuffgase dieser Manhattan-
Busse. Er brauchte wirklich die Fürsorge einer Ehefrau.
«Aber Sie haben versprochen, daß das nicht passiert!»
«Hören Sie, wie zum Teufel sol ich mich da auskennen? Ich bin
fremd hier, mehr als Sie! Gehen wir runter, inspizieren wir die Lage.»
Im Gegensatz zur Zufahrt, die sich in Kurven schlängelte, führte die
Rasenpromenade, gesäumt von Kalkstein-Statuen, denen Wetter und
Wandalen Hände und Nasen abgebrochen hatten, geradewegs
hinunter, dorthin, wo der Damm auf die Insel traf. Ein liederlicher
Uferstreifen vol Unkraut – Goldrute, Strandklette mit ihren riesigen,
lappigen Blättern – und von Schotter und den Brocken eines
ehemaligen Asphaltpflasters bedeckt, zog sich hinter dem
weinumschlungenen Tor hin. Die Pflanzen zitterten im kalten Wind,
der von der überfluteten Marsch herwehte. Der Himmel hatte seine
grauen Speckstreifen tiefer gezogen; das Hellste, das es zu sehen gab,
war ein großer Reiher – kein silbrigweißer –, der in Richtung
Strandstraße stakte, sein gelber Schnabel ähnelte im Farbton
Alexandras verlassenem Subaru. Zwischen hier und dort breitete sich
eine geschlossene, stumpf glänzende Fläche: der Damm war
überschwemmt. In Alexandras Hals kratzte es, die Tränen kamen ihr.
«Wie konnte das passieren, wir waren keine Stunde bei Ihnen!»
«Aber es hat Ihnen doch Spaß gemacht …» brummelte er.
«Aber nicht so einen Spaß! Ich kann nicht zurück!»
«Wissen Sie was», sagte Van Horne dicht an ihrem Ohr und
spannte seine Finger leicht um ihren Oberarm, so daß sie die
Berührung gerade eben durch den Jackenstoff spürte. «Sie kommen
mit zurück, rufen Ihre Kinder an, und Fidel quirlt uns ein kleines
Abendessen zusammen. Sein Chili ist sagenhaft.»
«Es geht nicht um die Kinder, es geht um den Hund!» schrie sie.
«Coal wird außer sich sein. Wie tief ist es?»
«Keine Ahnung. Dreißig Zentimeter, vielleicht fünfzig zurMitte
hin. Ich könnte ja versuchen, mit dem Wagen durchzuplatschen, aber
wenn ich steckenbleibe, dann gute Nacht, alte deutsche Wertarbeit.
Lassen Sie Salzwasser in Ihre Bremsen und Ihr Differentialgetriebe
kommen, und Ihr Auto fährt nie mehr so wie früher. Wie wenn Ihr
Jungfernhäutchen geknackt wird.»
«Ich gehe zu Fuß», sagte Alexandra und schüttelte seine Finger von
ihrem Arm, aber vorher, als hätte er ihre Gedanken gelesen, kniff er
schnel noch einmal kräftig zu.
«Sie machen sich die Hose naß», sagte er. «Das Wasser ist brutal um
diese Jahreszeit.»
«Ich gehe ohne Hose», sagte sie und lehnte sich an ihn, um ihre
Turnschuhe und Socken auszuziehen. Die Stelle, wo er sie gekniffen
hatte, brannte, aber sie wol te sich diesen dreisten Übergriff nicht
eingestehen. Nachdem er ihr eben noch so jungenhaft und verwirrt
vorgekommen war, seinen Tee verschüttet und ihr seine Liebe zur
Kunst anvertraut hatte. Er war schon ein Monstrum. Schotter stach
ihr in die nackten Fußsohlen. Wenn sie das wirklich tun wol te,
durfte sie nicht zögern. «Achtung», sagte sie, «sehen Sie weg.»
Sie öffnete den seitlichen Reißverschluß und schob den Hosenbund
herunter, und ihre Schenkel waren hell wie der Reiher in dieser Rost-
und Grau-Szenerie. Aus Angst, das Gleichgewicht zu verlieren auf
diesen wackligen Steinen, bückte sie sich und schob den glänzenden
grünen Kammgarnstoff über ihre rosa Fesseln und
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