Die Hexen von Eastwick
hinauf und hinab, preßte hastig die Saiten nieder, als ob sie
den Fingerkuppen zu heiß wären. Es war Alexandras mütterliche
Pflicht zu applaudieren, als die strapaziöse, lärmende Veranstaltung
vorüber war.
«Es ist natürlich nicht mein eigenes Cello», sagte Jane erklärend und
pflückte sich schwarzes Haar aus der feuchten Stirn.
«Bloß ein altes Stradi, das ich hier rumliegen hatte», scherzte Van
Horne, und als er dann sah, daß Alexandra ihm glaubte – in ihrem
liebestaumeligen Zustand gab es al mählich nichts mehr, das sie nicht
glaubte, was seine Fähigkeiten und Besitztümer betraf –, stellte er
richtig: «Eigentlich ist es ja ein Ceruti. Auch Cremona, nur später.
Trotzdem ein ganz ordentlicher Fiedelmacher. Bestätigt Ihnen jeder,
der ein Instrument von ihm besitzt.» Plötzlich brül te er, mit der
gleichen Lautstärke, in der er eben die Klaviersaiten zum Tönen
gebracht hatte, und die dünnen schwarzen Fensterscheiben vibrierten
in ihrem bröckeligen Kitt: «Fidel!» brül te er in die Leere des großen
Hauses, «Margaritas! Tres! Bring sie ins Bad! Traíga-las al baño! Rápidamente!»
Der Augenblick des Entkleidens war also gekommen. Um Jane zu
ermutigen, erhob Alexandra sich sofort und folgte Van Horne; aber
vielleicht brauchte Jane gar keine Ermutigung, nach ihren
Kammermusikstunden in diesem Haus. Das Zwiespältige,
Unausgesprochene an Alexandras Beziehung zu Jane und Sukie war,
daß sie die Anführerin, die tiefgründigste Hexe von ihnen war und
doch auch die langsamste, ein bißchen im dunkeln tappend, ein
bißchen – ja – unschuldig. Die beiden anderen waren jünger und
darum etwas moderner, weniger der Natur verhaftet mit ihrer
unerschütterlichen Geduld, ihrer unendlichen Fürsorge und
gebieterischen Grausamkeit, ihrer uralten Implikation einer langsam
mahlenden anthropozentrischen Ordnung.
Die Dreierprozession zog durch den langen Wohnraum mit seiner
staubigen, modernen Kunst und dann durch ein kleines Zimmer, das
hastig vol gerümpelt war mit aufgestapelten Gartenmöbeln und
ungeöffneten Pappkartons. Neu eingesetzte Doppeltüren, innen mit
schwarzem, in Karos gestepptem Vinyl gepolstert, verhinderten, daß
Hitze und Feuchtigkeit aus den Räumen drangen, die Van Horne
dort angebaut hatte, wo einst der alte kupfergedeckte Wintergarten
gewesen war. Der Badebereich war mit Tennessee-Schiefer ausgelegt
und wurde von Strahlern erhellt, die in die Decke eingelassen waren,
in ein dunkles, lochplattenartiges Gefilde. «Mit Dimmer», sagte Van
Horne in seiner dumpfen, schrapenden Sprechweise. Er drehte an
einem fluoreszierenden Knopf neben der Tür, und die mit der
Öffnung nach unten hängenden, geriffelten Schalen schütteten eine
Helligkeit aus, bei der man hätte fotografieren können; dann zogen sie
das Licht wieder ein und ließen nur die Schummerbeleuchtung einer
Dunkelkammer übrig. Die Strahler waren nicht in Reihen
eingelassen, sondern unregelmäßig verstreut, wie Sterne. Van Horne
ließ es beim Schummerlicht, aus Rücksicht vielleicht auf ihre Falten
und Makel und die verräterischen falschen Brustwarzen, die eine
Hexe haben sol . Jenseits dieses Halbdunkels, hinter einer Wand aus
Glas, wucherten Pflanzen; am Boden versteckte Lichtquellen
beleuchteten sie grün von unten, und wachstumsfördernde violette
Lampen beschienen sie von oben: stachelige, exotische Gewächse aus
fernen Gegenden, ausgewählt und gehegt wegen ihrer Gifte. Eine
Reihe Umkleidekabinen und zwei Duschzellen, al es schwarz in
schwarz wie die Kästen einer Nevelson-Skulptur, nahmen eine andere
Wand des Raumes ein, und in der Mitte ruhte, gleich einem großen,
schlafenden, moschusduftenden Tier, der Pool, ein mit poliertem
Teakholz eingefaßtes Wasserrund, ein so ganz anderes Element als
jene eisige Flut, der Alexandra vor einigen Wochen getrotzt hatte.
Dieses Wasser war so warm, daß allein die Luft ihr den Schweiß auf
die Stirn trieb. Eine kleine gedrungene Konsole mit glimmenden
roten Augen vorn am Bassinrand enthielt, wie sie annahm, die
Reguliervorrichtungen.
«Gehen Sie erst unter die Dusche, wenn Sie sich so schmutzig
fühlen», sagte Van Horne zu Alexandra, machte aber selbst keine
Anstalten dazu. Statt dessen ging er zu einem Schrank an einer
anderen Wand, einer Wand wie ein Mondrian, nur ohne Farbe,
unterteilt in Türen und Fächer, die al e ein Geheimnis zu bewahren
schienen, und nahm eine weiße Schachtel heraus, nein, keine
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