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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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spiegelte
    noch immer Verdruß, aber ihre männlichen Brauen und dieses
unangenehme Insistieren in ihrer Stimme schüchterten Alexandra
nicht mehr ein, jetzt, da sie den Grund dafür entdeckte: in dem
dicken schwarzen Vlies, das sich unter Wasser fast penishaft vor und
zurück bewegte.
«Gott», tat Darryl Van Horne mit lauter Stimme kund, «ich
wünschte, ich wäre eine Frau.»
«Um Himmels wil en, warum?» fragte Jane vernünftig.
«Bedenken Sie, was ein weiblicher Körper al es kann – ein Baby
machen und auch gleich die Milch, um es zu ernähren.»
«Bedenken Sie, was Ihr eigener Körper kann», sagte Jane, «zum
Beispiel Nahrung in Scheiße verwandeln.» «Jane» fauchte Alexandra, entsetzt über diese Analogie, die
niederschmetternd war, obwohl, wenn man es recht bedachte, auch
Scheiße etwas von einem Wunder hatte. Zu Van Horne gewandt,
bestätigte sie: «Es ist wunderbar. Im Augenblick des Gebärens bleibt
nichts mehr übrig vom eigenen Ich. Man ist nichts weiter als ein
Kanal für dieses Drängen, das von ganz woanders kommt.»
«Muß ein irres Hochgefühl sein», sagte er gedehnt.
«Man ist so vol gepumpt mit Medikamenten, daß man gar nichts
mitkriegt», sagte Jane verdrossen.
«Jane, das ist nicht wahr. Bei mir war es anders. Ozzie und ich
hatten uns völ ig auf die natürliche Geburt eingestellt, er war die
ganze Zeit dabei und gab mir Eisstückchen zum Lutschen, weil ich so
ausgetrocknet war, und half mir beim Atmen. Bei den letzten beiden
Kindern hatten wir nicht mal einen Arzt, wir hatten eine
Geburtsberaterin.»
«Wissen Sie», erklärte Van Horne und setzte dies pedantische,
altklug blinzelnde Gesicht auf, das Lexa instinktiv liebte, weil es ihr
    eine Ahnung gab von dem schüchternen, linkischen Jungen, der er
gewesen sein mußte, «der ganze Hexenwahn war inszeniert, mit
Erfolg, wie sich gezeigt hat; die neue, von Männern beherrschte
Berufsmedizin, die im 14. Jahrhundert ihren Anfang nahm, hatte es
darauf abgesehen, das Geschäft mit der Geburtshilfe an sich zu reißen
und die Hebammen auszuschalten. Und das waren ja nun mal viele
der Frauen, die man verbrannt hat: Hebammen. Sie hatten das
Mutterkorn und das Atropin und sicherlich in vielem den richtigen
Instinkt, auch ohne Infektionstheorie. Als die Ärzte die Sache
übernahmen, arbeiteten sie blind, mit einem Leintuch um den Hals,
und brachten sämtliche Krankheiten ihrer übrigen Kundschaft mit.
Die armen Weiber krepierten in Scharen.»
«Typisch», sagte Jane in ätzendem Ton. Sie war offenbar zu dem
Schluß gekommen, daß Garstigkeit ihr am besten Van Hornes
Aufmerksamkeit sichere. «Wenn es etwas gibt, das mich noch mehr
auf die Palme bringt als männliche Chauvinisten», sagte sie jetzt zu
ihm, «dann sind das Schleimer, die sich frauenfreundlich geben, nur
um den Frauen leichter an die Unterwäsche zu kommen.»
Aber ihre Stimme, so schien es Alexandra, war jetzt langsamer,
weicher; das Wasser tat von außen seine Wirkung an ihnen, das
Cannabis von innen. «Aber Kleines, du hast doch gar keine
Unterwäsche an», machte Alexandra ihr klar. Das schien eine
Erleuchtung von einigem Wert zu sein. Der Raum wurde hel er, ohne
daß jemand einen Schalter berührt hätte.
«Ich meine es ernst», redete Van Horne weiter, und noch immer
schimmerte der kurzsichtige kleine Schuljunge durch, der sich
inständig mühte zu verstehen. Sein Gesicht lag auf der
Wasseroberfläche wie auf einem Servierteller; sein Haar war lang wie
das von Johannes dem Täufer und vertangelte sich mit den naß an
seinen Schultern klebenden Löckchen. «Es kommt mir aus dem
Herzen, merkt ihr Mädchen das denn nicht? Ich liebe Frauen. Meine
    Mutter war ein feiner Kerl, gescheit und hübsch, bei Gott. Ich sah,
wie sie sich den ganzen Tag im Haus abschuftete, und um halb sieben
stapft dieses Männchen im Börsenanzug herein, und ich denke bei
mir: Was mischt sich dieser Wicht hier ein? Mein guter alter Dad, der
hart arbeitende Wicht. Sagt mal ehrlich, was für ein Gefühl ist es,
wenn die Milch fließt?»
«Was für ein Gefühl ist es», sagte Jane gereizt, «wenn es Ihnen
kommt?»
«He, nicht doch, eklig werden gilt nicht.»
Alexandra sah die Beunruhigung in seinem schweren, rissigen
Gesicht; offenbar war ein heikler Punkt bei ihm getroffen.
«Was ist denn daran eklig?» fragte Jane. «Sie wol ten über etwas
Physiologisches sprechen, und ich warte nun mit einem
physiologischen Phänomen auf, das Frauen nicht kennen. Ich

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