Die Hexen von Eastwick
mit Felicia ins reine kommen
und auch Sukie haben könnte, nicht einmal, sondern endlose Male,
ganz so, wie Nietzsche es vorhergesagt hatte. Der lebenslange Nebel
hob sich, alles war klar wie korrigierter Satz, er begriff den Sinn, den
die Sterne ihm gesungen hatten, Candida sidera, als sie Licht tupften
auf seinen bleischweren Geist, der versunken war in seinem stolzen
Sumpf.
Die Aluminiumleiter erschauerte leise wie ein nervöses junges Pferd,
als er ihr sein Gewicht anvertraute. Eine Stufe, zwei, dann die dritte.
Das Seil schmiegte sich ihm trocken um den Hals, die Leiter zitterte,
als er den Arm hob und hinter sich griff, um den Knoten fester zu
ziehen, ihn dahin zu rücken, wo es ihn richtig dünkte. Die Leiter
schwankte jetzt heftig; das erregte Blut des Jockeys peitschte sie auf
die Hürde zu, sie hob sich, wie er es vorausgesehen hatte, auf den
zartesten Druck seiner Sporen, und fiel. Clyde hörte das Klappern
und den Aufschlag. Was er nicht erwartet hatte, war das Brennen, als
ob eine heiße Raspel in seiner Speiseröhre hochgezogen würde, und
wie die Schnittlinien von Holz und Teppich und Tapete um ihn
wirbelten, in so weitem Bogen wirbelten, daß ihm eine Sekunde lang
so war, als seien ihm Augen am Hinterkopf gesprossen. Der Röte in
seinem überfluteten Gehirn folgte Schwärze, dann nichts mehr.
«O Kleines, wie schrecklich für dich», sagte Jane Smart zu Sukie am
Telefon.
«Na ja, ich selber habe ja nichts davon sehen müssen, aber die
Männer vom Polizeirevier waren deutlich genug. Sie muß überhaupt
kein Gesicht mehr gehabt haben.» Sukie weinte nicht, aber ihre
Stimme war knittrig wie Papier, das feucht geworden und wieder
getrocknet ist, aber nie wieder glatt wird.
«Sie war ja auch eine grauenhafte Person», sagte Jane energisch, es
war tröstend gemeint, aber mit dem Kopf, mit Augen und Ohren,
war sie noch bei Bachs Solo-Suiten – der belebenden, irgendwie
feindselig vorwärts drängenden Vierten in Es-Dur. «Eine
selbstgerechte Nervensäge», sagte sie zischend. Sie sah auf den nackten
Holzboden ihres Wohnzimmers, der zersplittert war vom vielen
achtlosen Einstechen des spitzen, stählernen Cel osporns.
Sukie klang bald leiser, bald lauter, als ob ihr manchmal der Hörer
wegrutschte. «Ich habe nie einen Mann gekannt», sagte sie und ihre
Stimme hörte sich ein bißchen heiser an, «der so sanft war wie Clyde.»
«Männer sind gewalttätig», sagte Jane, ihr Geduldsfaden war kurz
vorm Reißen. «Auch wenn sie noch so sanft sind. Das ist biologisch
bedingt. Sie sind bis obenhin vol Wut, weil sie bei der Fortpflanzung
nur eine Nebenrol e spielen.»
«Es ging ihm sogar schon gegen den Strich, jemanden bei der Arbeit
zu korrigieren», fuhr Sukie fort, indes die erhabene Musik mit den
diabolischen Rhythmen, den wunderbar grausamen Anforderungen
an das Können sich al mählich aus Janes Gedanken ausblendete, und
das Brennen an der Seite ihres linken Daumens nachließ, da, wo sie
die Saiten inbrünstig niedergedrückt hatte. «Obwohl, manchmal ist er
schon explodiert, wenn einem Korrektor einfach zu viel
durchgerutscht ist.»
«Na bitte, Liebling, da hast du’s doch. Er hat al es in sich
reingefressen. Als er bei Felicia explodierte, hatte sich die Wut von
dreißig Jahren in ihm angestaut, kein Wunder, daß ihr Kopf mit
drauf gegangen ist.»
«Das ist nicht fair. So kann man das nicht sagen», sagte Sukie. «Er
hat nur, wie sol ich sagen – es ist ihm passiert.»
«Und dann ist es ihm passiert», ergänzte Jane, und hoffte durch eine
so treffende Raffung die Unterhaltung schneller zu einem Ende zu
bringen, damit sie wieder zu ihrer Musik zurückkehren konnte. Sie
hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, vormittags zwei Stunden zu
üben, von zehn bis zwölf, und sich dann ein hübsches kleines
Mittagessen zu bereiten, Hüttenkäse oder Thunfischsalat auf einem
großen grünen Salatblatt. Für halb zwei hatte sie sich heute mit
Darryl Van Horne zum Musizieren verabredet. Sie würden eine
Stunde an einer der beiden Brahms-Sonaten arbeiten oder an einem
amüsanten kleinen Kodály, den Darryl in einer Musikalienhandlung
ausgegraben hatte, die im Keller eines Hauses aus Granitstein an der
Weybosset Street untergebracht war, gleich hinter der Arkade; und
dann, wie sonst auch, Asti Spumante trinken oder eine von Fidel im
Mixer gequirlte Tequila-Milch, und ins Bad gehen. Jane tat noch alles
weh, an beiden Enden ihres Perineums, vom letzten
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