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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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die Mutter Constanzes die Zelle verlassen, weil ihr eine Ohnmacht drohte. Nach einer Weile gaben auch der Abgesandte des Bischofs, sowie der Vater der jungen Gräfin auf und kurz darauf wurde der Leiterin des Konvents übel.
    Außer den beiden Hauptakteuren waren am Ende nur
noch Pater Winfried und der Herzog zugegen. Wobei der Benediktiner sich über die Standhaftigkeit Maximilians keineswegs wunderte - erlebte er den Herrscher Bayerns doch nicht zum ersten Mal als zähen Mitstreiter gegen die Dämonen …
    Allerdings lag die Schwierigkeit nicht darin, den bösen Geist auszutreiben. Im Gegenteil, es sollte sich im Laufe der Stunden erweisen, dass sich trotz aller Anrufungen und verschiedenster Beschwörungsformeln in lateinischer, griechischer sowie hebräischer Sprache kein dämonisches Wesen in der Probandin regte.
    Selbst das Anbrüllen und Bespucken der jungen Dame - als gewissermaßen allerletztes Mittel - erbrachten kein Ergebnis.
    »Was es nicht gibt, kann man auch nicht beschwören oder gar austreiben«, keuchte der Jesuit zuletzt, nachdem er - enttäuscht und erschöpft zugleich - von der Novizin abließ. Constanze hatte mit bewundernswerter Stärke alles über sich ergehen lassen. Sie war nicht in Ohnmacht gefallen, sondern hatte mit normaler Stimme besonnen auf sämtliche Fragen des Exorzisten geantwortet. »Ich habe schon vorher gewusst, dass in mir kein Dämon steckt«, verkündete sie triumphierend.
    Bis auf den Benediktinermönch waren alle mehr oder weniger zufrieden mit dem Ergebnis. Was Herzog Maximilian im Innersten dachte, wusste allerdings niemand.
     
    »Diese Runde hat meine Herrin eindeutig verloren«, dachte Pater Winfried betrübt, als er sich durch Schneeflocken und Kälte den kurzen Weg zurück nach Hause kämpfte. »Ein Glück, dass Alberta sich in Italien im Schoße ihrer Familie befindet. Da ist sie gut aufgehoben.«
    Diese Annahme entsprang leider reinem Wunschdenken.
Hätte der Pater - der seine junge Herrin beinahe wie ein eigenes Kind liebte - von den Schwierigkeiten gewusst, denen sich Alberta ausgesetzt sah, hätte er keine einzige ruhige Minute mehr verbracht.

KAPITEL 38
    Kurz vor Weihnachten 1611, im Kloster der Franziskanerinnen
     
    DIE HEIMSUCHUNGEN DER frommen Novizin dauerten an; ihr Ruf einer gottesfürchtigen, standhaften Jungfrau, die Böses erdulden musste wegen der schnöden Rachsucht und Bosheit ihres abgewiesenen Liebhabers, hatte sich mittlerweile im ganzen Land und darüber hinaus verbreitet. Unverkennbar war es bereits der Ruch der Heiligkeit, der - einer duftenden Weihrauchwolke gleich - das bisher unscheinbare Kloster umwehte.
    Schon eilten Wallfahrer an die Stätte, an der die gepeinigte Schwester ihre angeblichen Kämpfe mit dem Satan so tapfer ausfocht. Die Klosterfrauen erlebten einen wahren Ansturm von Pilgern, die mit ihren Anliegen von teilweise weither kamen und den Konvent überschwemmten. Alle suchten nach Antworten auf existenzielle Fragen oder erhofften sich Heilung von mancherlei Gebrechen, wobei sie durchaus bereit waren, sich dies eine Stange Geldes kosten zu lassen …
    Die Oberin Maria Luisa, eine durchaus geschäftstüchtige Frau, merkte bald, wie außerordentlich günstig sich das makabere Geschehen auf die Einnahmen ihrer bisher recht ärmlichen klösterlichen Gemeinschaft auswirkte. Schon konnte sie eine Erweiterung des Hauptgebäudes nebst einem Anbau an das Gästehaus in Auftrag geben.

    Darüber hinaus schwebte ihr ein neues Altargemälde in der Klosterkapelle vor, das der sehr bekannte, bereits seit 1586 in München beschäftigte, niederländische Hofmaler Pieter de Witte, genannt Candid, anfertigen sollte.
     
     
     
    Kurz nach Weihnachten 1611, in der herzoglichen Residenz
     
    Der Herzog von Bayern war ausgesprochen missmutig: Immer noch war einer seiner besten Leute verschwunden, ohne die geringste Spur zu hinterlassen.
    »Ein selten kluger Kopf ist mir auf rätselhafte Weise abhandengekommen«, beklagte er sich ausgerechnet bei Florian Dingler, der den jüngst verstorbenen Johann Baptist Fickler ersetzen sollte. Aber wie es den Anschein hatte, kam Dingler ohne seinen gescheiten, jungen Kollegen mit dem neuen Gesetzeswerk überhaupt nicht mehr zurande.
    Zuerst hatte er noch frohlockt, dass er nun endlich beweisen durfte, was in ihm steckte; doch dann war ihm die Aufgabe schnell über den Kopf gewachsen. Über den Verbleib seines Kollegen wusste er dem Herzog freilich nichts mitzuteilen.
    Vielleicht war doch irgendetwas Wahres an

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